Auf doppelter Spur
Crescent Nr. 19 einziehen. Soviel ich weiß, arbeiten Sie dort.«
»Hab nie gesagt, dass ich’s nicht täte«, sagte Mrs Curtin, »für Miss Millicent Pebmarsh, eine sehr nette Dame.«
»Blind«, sagte Inspektor Hardcastle.
»Ja, die Arme. Aber Sie würden es nicht merken. Erstaunlich, wie sie sich zurechtfindet. Geht auch auf die Straße und über die Kreuzungen. Sie macht nicht viel Aufhebens davon wie viele andere Leute, die ich kenne.«
»Sie arbeiten vormittags dort?«
»Das stimmt. Ich komme zwischen halb zehn und zehn und gehe um zwölf Uhr, oder wenn ich fertig bin.« Sie wurde scharf: »Sie wollen doch nicht etwa andeuten, dass etwas gestohlen wurde?«
»Ganz im Gegenteil«, besänftigte der Inspektor und dachte an die vier Uhren.
Mrs Curtin sah ihn verständnislos an.
»Worum geht’s?«
»Im Wohnzimmer von Wilbraham Crescent Nr. 19 wurde heute Nachmittag ein Mann tot aufgefunden.«
Mrs Curtin starrte ihn an. Ernie Curtin wand sich vor Aufregung, wollte etwas sagen, hielt es aber für unklug, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und schloss wieder den Mund.
»Tot?«, wiederholte Mrs Curtin ungläubig, »im Woh n zimmer?«
»Ja. Er wurde erstochen.«
»Sie meinen, es war Mord?«
»Ja, Mord.«
»Wer ermordete ihn?«, wollte Mrs Curtin wissen.
»Ich fürchte, so weit sind wir noch nicht«, sagte der Inspektor. »Wir dachten, dass Sie uns vielleicht helfen könnten.«
»Ich weiß von keinem Mord«, wehrte Mrs Curtin entschieden ab.
»Nein, aber es sind da ein oder zwei Punkte zu klären. Wollte zum Beispiel heute Vormittag jemand ins Haus?«
»Nicht, dass ich wüsste. Nein, heute nicht. Was war’s für ein Mann?«
»Ein älterer Mann, etwa sechzig Jahre alt, trug einen guten, dunklen Anzug. Er könnte sich als Versicherungsvertreter vorgestellt haben!«
»Ich hätte ihn nicht reingelassen… auch sonst keinen Vertreter. Miss Pebmarsh hält nichts davon, an der Tür zu kaufen, und ich auch nicht.«
»Der Name des Mannes, nach der Karte zu urteilen, die er bei sich trug, war Mr Curry. Haben Sie diesen Namen schon jemals gehört?«, fragte Hardcastle.
»Curry? Curry?« Mrs Curtin schüttelte den Kopf. »Klingt so indisch«, sagte sie misstrauisch.
»O nein«, sagte Inspektor Hardcastle, »er war kein Inder.«
»Wer fand ihn – Miss Pebmarsh?«
»Eine junge Dame, eine Stenotypistin war hingekommen, natürlich aufgrund eines Missverständnisses; sie glaubte, man hätte nach ihr geschickt, um für Miss Pebmarsh einige Arbeiten zu erledigen. Sie war es, die die Leiche fand. Fast im selben Augenblick kam Miss Pebmarsh zurück.«
Mrs Curtin seufzte tief.
»Das ist eine Geschichte!«
»Vielleicht bitten wir Sie, sich die Leiche des Mannes einmal anzusehen und uns zu sagen, ob Sie ihn schon einmal zuvor in Wilbraham Crescent gesehen haben. Miss Pebmarsh ist sicher, dass er noch nie bei ihr war. Können Sie übrigens auf Anhieb sagen, wie viele Uhren dort im Wohnzimmer sind?«
Mrs Curtin brauchte nicht lange zu überlegen: »Da ist die große Uhr in der Ecke und dann die Kuckucksuhr an der Wand… ich habe keine davon angerührt; Miss Pebmarsh will sie immer selbst aufziehen.«
»Sie sind in bester Ordnung«, beruhigte sie der Inspektor. »Wissen Sie genau, dass diese beiden Uhren die einzigen Uhren heute Morgen in dem Zimmer waren?«
»Natürlich. Welche sollten denn noch da sein?«
»Zum Beispiel eine kleine eckige Silberuhr oder eine kleine vergoldete Uhr – die stand auf dem Kamin – und eine Porzellanuhr mit Blumen oder ein Reisewecker mit der Aufschrift ›Rosemary‹?«
»Bestimmt nicht. Sonst hätte ich das bemerkt.«
»Jede dieser Vier Uhren zeigte etwa eine Stunde später an als die Kuckucksuhr und die Standuhr.«
»Muss was Ausländisches gewesen sein«, sagte Mrs Curtin. »Mein Alter und ich fuhren mal mit dem Bus nach der Schweiz und Italien, und da war es eine ganze Stunde später als hier. Muss was mit dem Gemeinsamen Markt zu tun haben. Ich halte nichts davon, Mr Curtin auch nicht. Mir genügt England.«
Inspektor Hardcastle ließ sich nicht auf Politik ein.
»Können Sie mir genau sagen, wann Sie heute Miss Pebmarshs Haus verließen?«
»Genau Viertel nach zwölf.«
»War Miss Pebmarsh zu dieser Zeit im Hause?«
»Nein, sie war noch nicht zurück. Sie kommt gewöhnlich zwischen zwölf und eins, aber das ist verschieden. Und sie ging, ehe ich kam. Ich komme um zehn.«
»Vielen Dank, Mrs Curtin.«
»Komisch, das mit den Uhren«, sagte Mrs Curtin. »Vielleicht
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