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Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Titel: Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Benecke
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inspiriert haben. Aber, wie es einer der beiden Täter ausdrückt: »Wir töteten der Gefahr wegen und des Tötens wegen.«
Wenn die Wirklichkeit die Phantasie übertrifft
    Keiner ist so verrückt,
    dass er nicht einen noch Verrückteren fände,
    der ihn versteht.

    (Heinrich Heine)
    Hitchcocks Film wurde seinerseits von einem echten Mordfall inspiriert. 1924 töteten der 19-jährige Nathan Leopold Junior und der 18-jährige Richard Loeb in Chicago den 14-jährigen Robert Franks. Nathan und Richard stammten beide aus Oberschicht-Familien, lebten in derselben wohlhabenden Gegend, waren beide überdurchschnittlich intelligent und studierten, als sie den Mord begingen, beide Jura.

    Nathan Leopold (mit Krawatte) und Richard Loeb kurz nach ihrer Festnahme.
    Nathan galt als Wunderkind. Er sprach seine ersten Worte im Alter von nur vier Monaten. Mit sechzehn Jahren begann er ein Studium an der Universität von Chicago, das er drei Jahre später abschloss. Anschließend studierte er Jura. Darüber hinaus sprach er mehrere Fremdsprachen fließend und war nebenbei noch ein begeisterter Vogelkundler. Richard hatte mit vierzehn Jahren sein Studium an der Universität von Chicago begonnen. Weil er aus seinem Elternhaus wegziehen wollte, wechselte er auf die Universität von Michigan, wo er mit siebzehn sein Studium abschloss. Damit wurde er zu einem der jüngsten Hochschulabsolventen, die jemals an dieser Universität den Abschluss machten.
    Die hochbegabten jungen Männer lernten sich an der Universität von Chicago näher kennen und gingen eine verhängnisvolle Freundschaft ein. Beide waren sich bewusst darüber, dass sie sich durch ihre überdurchschnittliche Intelligenz von Gleichaltrigen unterschieden. Sie deuteten ihr »Anderssein« als »Bessersein«. Durch ihre Freundschaft steigerten sie sich in die gefährliche Vorstellung hinein, »Übermenschen« zu sein. Dabei fühlten sie sich von Schriften des Philosophen Friedrich Nietzsche inspiriert.
    So schrieb Nathan seinem Freund Richard: »Ein Übermensch … ist wegen bestimmter überlegener Eigenschaften, die ihm innewohnen, freigestellt von den gewöhnlichen Gesetzen, denen Menschen unterliegen. Er ist nicht haftbar, egal was er tun mag.« Offensichtlich nahm das Gefühl der beiden, besser zu sein als andere Menschen, deutlich größenwahnsinnige Züge an.
    Ein übersteigertes Bild von sich selbst und ein minderwertiges von den Mitmenschen zu haben, sind typisch psychopathische Merkmale. Jedenfalls dann, wenn sie mit anderen psychopathischen Eigenschaften zusammenfallen. Nathan und Richard hatten einige stark ausgeprägte psychopathische Eigenschaften gemeinsam. Der Psychiater Dr. Glueck, welcher Richard später begutachtete, sagte über ihn: »Ich war verblüfft vom völligen Fehlen irgendeines Anzeichens für normale Gefühle, wie man es unter diesen Umständen erwarten würde. Er zeigte kein schlechtes Gewissen, keine Reue, kein Mitgefühl für die Menschen, die in die Sache verwickelt waren.«
    Auch Nathan vermochte seinen späteren Gutachter, den Psychiater Dr. Healy, durch seine gefühlsmäßige Gleichgültigkeit zu schockieren. Seine Haltung zu dem Mord beschrieb er so: »Die Entscheidung zu treffen, einen Mord zu begehen oder nicht, war praktisch dasselbe, wie die Entscheidung zu treffen, einen Kuchen zum Abendbrot zu essen oder nicht, ob mir dies Vergnügen bereiten würde oder nicht.« Nathan und Richard waren stark psychopathische Menschen mit einer feindseligen Einstellung gegenüber allen anderen. Dies machte ihre Freundschaft sehr gefährlich.
Psychopathische Teamarbeit mit gemeinsamen Zielen
    Zunächst begannen die vom Leben und ihren Mitmenschen gelangweilten jungen Männer, gemeinsam kleine Diebstähle zu begehen. Diese hatten sie keinesfalls nötig, da ihre Familien sehr wohlhabend waren. Typisch psychopathisch ging es ihnen um den »Kick«, etwas Verbotenes zu tun, ohne erwischt zu werden. Bald reichten diese kleinen Kicks ihnen nicht mehr aus. Sie steigerten sich in eine »ultimative Machtphantasie« hinein: die Idee, das perfekte Verbrechen zu begehen.
    Dieses Verbrechen sollte auf mehreren Ebenen »perfekt« sein: Erstens wollten sie einem Menschen das Leben nehmen. Dies wäre ein ultimativer Machtbeweis. Zweitens wollten sie von der Familie dieses Menschen Geld erpressen. Es ging dabei nicht um das Geld an sich, sondern darum, auch noch Kontrolle über die Familie des Opfers auszuüben. Drittens glaubten sie, so intelligent zu sein, dass niemand

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