Auf ein prima Klimakterium
»Amerikanische Riesen« genannt. Auf dem Komposthaufen hatte der Opa eine wohlhabende Melonen- und Kürbisplantage gegründet.
Und jetzt ein spezieller Geheimtipp aus Opas rotem Büchlein:
Ein Frühkartoffelfeld wurde im Monat März mit bereits im Keller vorgekeimten Kandidaten bestellt. Die Keime wurden nach oben gelegt, die ein oder andere Kartoffel auch dreigeteilt. Im Juni landeten die erstgeernteten wohlschmeckend schon auf unseren Tellern. Bis Mitte August wurde geerntet, danach umgegraben, leicht mit Hühnerdung vermischt und – Simsalabim – das abgeerntete Frühjahrsfeld in ein Erdbeerfeld verwandelt.
Die Setzlinge wurden im Abstand von 30 cm gepflanzt und dabei quadratisch angeordnet. Opa nahm dazu die Sorte »Waldkönig«, die besonders saftige Früchte auswies. Bereits Ende Oktober überraschte das neu gegründete Früchteparadies mit köstlichen Erträgen. Die Erdbeerpflanzen wurden vor frostigen Nächten ausgegraben und in das Gewächshaus zum Überwintern verfrachtet. Zur Aussaat im Frühjahr wurde nun zuerst wieder den Kartoffeln der Vorrang gegeben. Monokultur lag nicht im Vokabular unseres Chefgärtners.
Da gab es ja noch einen großzügigen Spender auf der Westseite des Geländes. Ein selbst gepflanzter, groß gewordener Nussbaum, der sich zusammen mit Sträuchern von schwarzen Johannisbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren, einem Quitten-, Apfel- und Pflaumenbaum in bester Gesellschaft befand.
Sollte es uns jetzt gelungen sein, Ihr Interesse für unser Condo Survivo zu wecken, darf ich Ihnen die durch einen kleinen dekorativen Zaun separierte Südseite dieses Geländes vorstellen.
Die gesamte restliche Fläche ist unter anderem auch dem Hühnervolk als Freigelände gewidmet. Unsere gemütliche Holzbank gibt einen offenen Blick auf Opas ganzen Stolz, eine reichhaltige, duftende Kräuterspirale frei.
Man nimmt schöne gebrannte Ziegelsteine und legt diese in einem ersten Rundbogen von 2,50 m Durchmesser aus. In diesen streut man eine Lage von feinem Kies. Darauf kippt man Gartenerde, die feucht gehalten werden sollte. Der zweite Rundbogen besteht aus drei aufeinanderliegenden Ziegeln mit einem Durchmesser von 1,20 m, der ebenfalls mit Kies, Eierschalen und Gartenerde aufgefüllt wird. Der Kiesanteil ist dieses Mal höher. Die dritte Ebene besteht aus einem Schlusskreis mit einem Durchmesser von 30 cm.
Der Parterrebereich wäre für die Pfefferminze, die Zitronenmelisse, die Petersilie, die Borretschpflanze und das Basilikum reserviert. Der erste Stock würde Majoran, Thymian, Salbei und Rosmarin vorbehalten sein. Das Krönchen der dritten Etage kann eine Kapuzinerkressepflanze sein, deren Ausläufer sich dann nach unten ausbreiten könnten, wohltuend für die Pflanze, dekorativ fürs Auge.
Jetzt hätte ich Ihnen fast die Südostseite des kleinen Paradieses vorenthalten.
Da bildete gefüllter Flieder im Wechselspiel mit Jasmin, Heckenrose und Ginster eine Zaunreihe und wusste mit einem Duftreigen sondergleichen zu überraschen. Ein junger, kräftig blühender Holunderbusch schmiegt sich an erfahrende Schlehdornzweige, deren strotzende rosa Blüten auf reichhaltige Saftgewinnung schließen lassen. Die Südostecke war einem fülligen Goldrutengebüsch in voller Blüte vorbehalten, die ganze Südseite von einer duftenden Lavendelhecke eingesäumt. Auf seine Goldrute, die er liebevoll »meinen Solidaga« nannte, hielt mein Großvater große Stücke. Der Tee aus den getrockneten Blüten wirkt entwässernd, die geheimnisvolle, beruhigende Wirkung dieses Blütenextrakts legt sich begütigend um die Seele herum. Das war unserem Opa schon in jungen Jahren von seiner Mutter Corona, einem Nahrungs- und Kräuterweib, gelehrt worden. Während Johanniskraut durch das beinhaltende Rotöl eine Lichtempfindlichkeit auslöst, spielt diese bei der Goldrutenpflanze so gar keine Rolle. Man kann sie sich ruhig, leicht und luftig einverleiben. »Trinkst du diesen Tee morgens, mein Kind, legt dir dein Schutzengel für den Rest des Tages die Hand auf die Schulter«, pflegte mir mein Opa, nach einem glücklichen Ferienaufenthalt, vor meiner Heimreise tröstend ins Ohr zu flüstern.
Ich werde mir jetzt feinen Goldrutentee aufbrühen, Papier und Bleistift besorgen und mich auf das Gartenbänkchen meiner Kindertage pflanzen. Dann werde ich versuchen, liebe Leser, das Überlebens-Biotop meiner Kindheitserinnerung für Sie noch einmal skizziert auftauchen zu lassen.
Lebensmittel mit basischem Urgrund
1. Die Helden mit
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