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Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Titel: Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni di Lorenzo Helmut Schmidt
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wollten?
    Natürlich, wenn man selbst Gastgeber ist. Wenn Sie aber der Gast sind, dann können Sie gar nichts bestimmen, dann sind Sie ausgeliefert.
    Wie mächtig sind denn Protokollchefs?
    Sie sind notwendig. Es gibt aber Protokollchefs, die sind größenwahnsinnig. Die muss man ablösen.
    Worin zeigt sich der Größenwahn?
    Die wollen nicht nur die Tischordnung bestimmen, sondern auch das Essen und welcher Wein getrunken werden soll. Der Wein ist mir egal, das Essen ist mir auch egal. Aber mir ist nicht egal, wer zum Essen eingeladen wird.
    Haben Sie Wert darauf gelegt, dass bei diesen Banketten Ihre Frau dabei war?
    Wenn ein Gast mit seiner Ehefrau anreist, dann ist es selbstverständlich, dass die Ehefrau des Gastgebers auch am Tisch sitzt. Sonst habe ich meine Frau zu diesen Essen nicht eingeladen.
    Daraus schließe ich, dass sich Ihre Frau auch nicht gerade darum gerissen hat.
    Stimmt. Sie hatte ihre eigene Agenda. Sie war genauso wenig an feierlichen Essen interessiert wie ich. Und genauso wenig war sie interessiert an unvermeidlichen Begegnungen mit ausländischen Potentaten.
    Gab es denn ein Bankett, von dem Sie sagen würden: Das hatte historische Bedeutung?
    Es gab einmal ein Essen in London, dem war ein Vortrag vorangegangen, den ich gehalten hatte; wir waren etwa zwölf Leute. Und dann habe ich Tacheles geredet, das hat Wellen geschlagen, sollte es auch. Das hat dazu geführt, dass später der berühmte oder berüchtigte Nato-Doppelbeschluss zustande kam.
    Und was war Ihr schlimmstes Essen?
    Ein Essen in Harvard. Ich saß als einziger Ausländer an einem Abendbrottisch mit sechs oder sieben Männern, darunter zwei Nobelpreisträgern. Die haben sich nur darüber unterhalten, wie sie am besten ihr Geld anlegen. Es war schrecklich, ich werde das nicht vergessen.

    13. September 2007

[ Inhalt ]
    »Ich war hart genug«
    Über Machtworte in der Politik
    Wofür stehen Machtworte in der Politik?
    Mir ist dieses Schlagwort immer verdächtig gewesen.
    Aber damit kennt sich doch gerade der Politiker Helmut Schmidt aus!
    Nein. Selbst ein so großer strategischer Führer wie Winston Churchill hat zwar bedeutende Worte im Laufe seines Lebens gesprochen, insbesondere während des Zweiten Weltkriegs und danach. Ich denke an seine berühmte Rede vor dem Unterhaus kurz nach Kriegsbeginn, bei der er dem eigenen Volk beibringen musste, dass er nicht mehr zu bieten habe als blood, toil, tears and sweat – also Blut, Mühsal, Tränen und Schweiß. Ein Machtwort war das nicht, aber ein gewaltiges Wort, das das ganze englische Volk zum Widerstand gegen Hitler mobilisierte. Machtworte hat Hitler gesprochen oder Stalin. Ein demokratischer Regierungschef, der seinem Parlament verantwortlich ist, der sollte keine Machtworte aussprechen.
    Lassen Sie uns über die Bundesrepublik Deutschland reden: »Basta«, das berühmte Wort des Bundeskanzlers Gerhard Schröder, was war das anderes als ein Machtwort?
    Das war kein Machtwort. Er hätte auch sagen können: Ihr könnt reden, was ihr wollt, ich bleib bei meiner Meinung.
    Von Helmut Kohl ist unter anderen das geflügelte Wort überliefert »Entscheidend ist, was hinten rauskommt«. Meines Erachtens hat man sich zu Unrecht darüber lustig gemacht, der Satz ist schwer zu widerlegen.
    Ja, er ist meistens richtig. Wenn das, was hinten rauskommt, aber moralisch nicht gerechtfertigt ist, dann ist das Wort falsch. Ich habe die Ausdrucksweise nur deshalb nicht sonderlich glücklich gefunden, weil sie ja eigentlich in einem biologischen Vorgang endet.
    Den Sie in Ihren Äußerungen gern heranziehen!
    Aber dann sage ich auch Scheiße und nicht »was hinten rauskommt«.
    Der SPD -Vorsitzende Kurt Beck hat mit diesem Ausdruck gerade ein Machtwort zu sprechen versucht. An die Adresse illoyaler Genossen gerichtet soll er gerufen haben: »So einen Scheiß lasse ich mir nicht bieten!«
    Die Journalisten haben das ein Machtwort genannt, das ist eine abwegige Klassifikation. Ich würde das Wort wirklich nur gebrauchen, wenn ein Machthaber aus dem Handgelenk Entscheidungen trifft und zum Beispiel sagt: Dem Kerl gehört die Rübe abgenommen, ich wünsche ein Todesurteil.
    Sie haben solche Machtworte noch als Zeitzeuge erlebt.
    Erlebt habe ich das nicht, aber ich weiß, dass solche Worte gesprochen worden sind.
    Sie saßen doch einmal als Zuhörer im sogenannten Volksgerichtshof, als der oberste Nazi-Ankläger Roland Freisler seinem schrecklichen Handwerk nachging.
    Der Freisler wusste genau, dass er die

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