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Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burk Michael
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leise zu Patrick hinüber: »Pitisti.«
    Er sammelte sich, ließ sich mit dem Mann verbinden, und sprach kurz angebunden in den Apparat: »Ich höre.«
    »Hamilton?« ließ sich eine vorsichtige, dunkle Stimme vernehmen. Sie gehörte dem Fremden, der sich gestern für Pitisti ausgegeben hatte.
    »Ja. Was wollen Sie mir sagen?« Patrick blieb kühl.
    »Sind Sie daran interessiert, daß Ihre Auktion ohne Skandal verläuft?«
    Patrick ging darüber hinweg: »Wollten Sie nicht den Beweis der Fälschung antreten?«
    »Wollen Sie es wirklich darauf ankommen lassen?« fragte der Fremde.
    »Selbstverständlich, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist«, sagte Patrick ruhig, um den anderen aus der Reserve zu locken.
    Es gelang ihm. Der Fremde ließ sich zu dem Geständnis hinreißen: »Meine Beweise sind wasserfest.«
    »Wie schön für Sie«, antwortete Patrick ironisch. »Sie sind sicher ein anerkannter Gutachter? Sie werden mir Ihre Beweise vorlegen, ich werde sie prüfen und mich danach entscheiden.«
    »Die Sache läuft anders, Hamilton. Sie werden zahlen. Die Hälfte des Basispreises. Dann haben Sie noch immer ein gutes Geschäft gemacht.« Der Fremde merkte, daß er einen Fehler begangen hatte, und ging hart zum Angriff über.
    »Zuerst die Beweise.« Patrick blieb überlegen.
    Der Fremde beachtete es nicht, antwortete gefährlich leise: »Stellen Sie bis morgen mittag fünfhunderttausend bereit. Den Rest nach der Auktion. Kein Aufsehen, keine Polizei. Ich werde Sie morgen Punkt zwölf Uhr verständigen.« Dann legte er auf.

8
    Die Nummern waren auf handtellergroße Pappschilder geschrieben. Sie bekam die Dreiundzwanzig. Es war eine Zahl, die ihr nichts sagte. Sie hätte viel lieber die Neun oder die Elf gehabt, die ihr als Zahlen aus ihrem Geburtsdatum schon einmal Glück gebracht hatten. Oder wenigstens die Dreizehn, die für sie eine zusätzliche Herausforderung gewesen wäre. Die Dreiundzwanzig aber war für sie bedeutungslos, das hieß, wenn sie einmal davon absah, daß sie mit dieser Nummer die letzte Kandidatin war.
    Sie hatten es sich in den Stuhlreihen vor der Probebühne bequem gemacht, Mäntel, Taschen, Schals, Mützen dort abgelegt, sich auf den Klappstühlen umgezogen, die Ballettschuhe geschnürt, saßen in allen möglichen Stellungen in den Reinen und verfolgten konzentriert die Darbietung der Konkurrentinnen. Neben Jennifer saß Igor. Er hatte sich zu ihr gebeugt und erklärte ihr flüsternd die Stärken und Mängel der jeweils vortragenden Tänzerin. Chester Wilson hatte seinen Platz an einem Pult vor der ersten Stuhlreihe und notierte sich die Beurteilungen. Jennifer sah ihn vorläufig nur von hinten. Seinen schlanken Hals, die jungen, feingliedrigen Hände, das schüttere dunkle Haar.
    Als nächste kam die Zweiundzwanzig an die Reihe, die vorletzte. Jennifer und Igor waren sich einig, daß wohl die Nummer Fünfzehn das Rennen machen würde. Sie hatte fehlerlos getanzt, mit gekonnter Raumaufteilung, hohen, weiten Sprüngen, hatte einen Vortrag geliefert, gegen den alle anderen Bewerberinnen deutlich abgefallen waren. Als aber nun die Zweiundzwanzig tanzte, erkannten Jennifer und Igor sofort, daß sie die neue Favoritin sahen.
    Ihr Tanz war zu Ende, und Igor fragte Jennifer leise: »Rechnest du dir noch Chancen aus?« Es kam sachlich.
    »Ich bin nicht hergekommen, um zu kapitulieren«, flüsterte sie selbstbewußt zurück.
    Von Wilsons Assistenten Jim, einem strohblonden Enddreißiger mit weichen Gesichtszügen und ebensolchen Bewegungen, wurde über den Lautsprecher die letzte Nummer aufgerufen – Jennifer.
    Igor sagte noch schnell dreimal »Toi! Toi! Toi!« über ihre linke Schulter, so wie er diesen abergläubischen Spruch noch von Europa her kannte. Dann schlängelte sich Jennifer aus ihrer Reihe, lief nach vorne an die Rampe, stieg die fünf Stufen der schmalen hölzernen Treppe zur Bühne hinauf und ging in einer Gasse in Stellung.
    »Fertig?« klang Jims stereotype Frage sanft über den Lautsprecher. Es galt Jennifer.
    »Ich bin fertig«, rief sie mit klarer Stimme ins Halbdunkel zurück.
    »Dritte Szene«, erinnerte Jim sie gelassen, und sie rief zurück: »Okay.«
    Die Scheinwerfer flammten auf. »Band ab«, wies Jim über den Lautsprecher den Tonmeister an, und gleich darauf setzte die Musik ein.
    Jennifer begann zu tanzen. Nach den ersten Schritten war ihr, als habe sie Blei an den Füßen. Sie wollte schon aufgeben und unterdrückte Tränen der Enttäuschung. Eine Drehung, die weite

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