Auf einmal ist Hoffnung
Bordell des Hafens, den sie als Wendepunkt anliefen. Nachdem das Labor gesäubert, die Maschine auseinandergenommen und gereinigt und die Chemikalien gewechselt waren, duschte er, zog ein frisches Hemd an und suchte schnell an Land seine Mädchen auf, die ihn schon erwarteten.
Nur wenn die ›Sea Baroness‹ zur jährlichen Überholung ins Trockendock fuhr, ließ Dick es ein wenig ruhiger angehen und gönnte sich ein paar schöne Tage. Dann verbrachte er gewöhnlich eine Woche in New York und führte das Leben eines erfolgreichen Mannes. Er mietete sich im Roosevelt ein, im Biltmore oder, wie diesmal, sogar im Waldorf Astoria. Mit einem Flirt hatte er aber nichts im Sinn. Seine sexuellen Gefühle sprachen auf eine normale Beziehung nicht mehr an. Er brauchte das Außergewöhnliche. Und das ließ er sich etwas kosten.
Das Zimmer im Waldorf hatte seiner Prüfung standgehalten. Das Bett war okay, das Badezimmer geräumig und der TV-Apparat das neueste Modell mit drei zusätzlichen Spezial-Programmen zu gesonderten Tarifen.
Dick hängte seine Kleider in den offenen Ankleideraum und zog sich seinen blau-rot gestreiften Bademantel an. Er wollte es bequem haben.
Es war Mittag. Bis er Besuch bekam, blieb ihm noch ein wenig Zeit. Er schob das Fenster hoch und ließ das eintönige Geräusch der Autohupen herauf ins zwölfte Stockwerk dringen. Er liebte dieses Geräusch. Es vermittelte ihm so etwas wie Zugehörigkeit zu dieser Stadt.
Er schaute steil hinunter auf die Park Avenue. Der Verkehr war rege. Die Menschen hier gingen fast ausschließlich ihrem Business nach. Sie hasteten aneinander vorbei mit gesenktem Blick, und kaum einer beachtete die mächtigen Wolkenkratzer aus Stahl und Glas, das gegenüberliegende Colgate Palmolive Building, das Bankers Trust Building oder das altehrwürdige eisengraue New York General Building mit seinen Dachaufbauten von luftigen Türmchen, das wie eine riesige Theaterkulisse vor dem supermodernen PanAm Building die Avenue nach Downtown abschloß.
Dick Wehovsky fühlte sich den Menschen da unten überlegen. Während sie ihrem Job nachjagten, aalte er sich in einem teuren Hotelzimmer und war vollkommen auf Genuß eingestellt.
Er zündete sich eine Zigarette an, inhalierte tief den ersten Zug und wählte die Nummer des Room-Service. »Ein Sirloin Steak Sandwich und eine Flasche Taittinger Blanc de Blancs Brut.« Er wußte, daß in so einem Haus der Champagner automatisch mit zwei Gläsern serviert wurde.
Es klopfte. Der Kellner schob den Wagen ins Zimmer. Dick verabschiedete ihn wortlos, indem er die Rechnung flüchtig quittierte und ihm zusätzlich eine Zweidollarnote in die Hand drückte.
Das Sandwich war ausgezeichnet, der Champagner eisgekühlt und trocken. Dick legte sich auf die Überdecke des Bettes und studierte das New York Magazin. Im Shubert Theatre gaben sie noch immer ›A Chorus Line‹. ›Dreamgirl‹ war ein neuer Hit. Die Oyster-Bar im Untergeschoß der Grand Central Station zählte auch heute noch zu den besonderen Tips. Er ließ die Zeitschrift achtlos auf den weichen Teppich gleiten und schloß verträumt die Augen. Er konnte es kaum noch erwarten, bis es endlich zweimal kurz, zweimal lang an die Tür klopfen würde.
Mit diesem Gedanken schlummerte er ein.
Das Klopfen ließ ihn hochfahren. Er brauchte eine Weile, bis er wußte, wo er war. »Einen Moment«, rief er in Richtung Tür. Er stand umständlich auf, ging zur Tür und lauschte. »Maggie?«
»Nein, Lucie«, kam es von draußen. Die Stimme klang schrill. Sie war ihm fremd.
Für ihn war klar, daß eine Verwechslung vorlag, und er wollte sich schon abwenden und wieder aufs Bett fallen lassen, als die fremde Stimme rief: »Ich komme für Maggie.«
Mißtrauisch öffnete er die Tür, soweit es die Kette zuließ. Er hatte in solchen Situationen seine einschlägigen Erfahrungen hinter sich. Die Nutten versuchten mit allen Mitteln, bei allein wohnenden Männern den Fuß in die Tür zu bekommen.
Vor ihm stand eine schwarze Schönheit.
»Kommst du von 'ner Agency?« begann er mit seiner rauhen Stimme scharf den Dialog.
»Von Shapiro«, antwortete sie naiv lächelnd und entblößte ein kräftiges, weißes Gebiß.
»Was ist mit Maggie?« Sein Mißtrauen blieb. Der Konkurrenzkampf zwischen den Callgirls war verdammt hart.
»Maggie kann nicht.«
»Ach?«
»Ihr Mann ist überraschend zurückgekommen.«
»Seit wann ist sie verheiratet?« Er glaubte ihr nicht.
»Nun mach schon auf.« Sie wurde ungeduldig.
»Seit
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