Auf einmal ist Hoffnung
beschwören.«
»Denken Sie scharf nach, Wehovsky. War Ihnen noch irgend etwas aufgefallen, was Sie noch nicht erwähnt haben?«
Dick schloß für einen Moment die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Nach einer Weile schlug er sie wieder auf. »Nein. Ich habe alles gesagt, was ich weiß. Hilft es Ihnen weiter?«
»Ich glaube schon«, sagte Patrick, »sollte ich noch Fragen haben, komme ich noch mal auf Sie zurück.«
»Okay, ich wohne bis Freitag noch hier. Wollen Sie nicht doch ein Glas Champagner?«
Patrick schüttelte den Kopf. Er ging zur Tür, sperrte sie auf und verließ das Zimmer. Im Lift atmete er zufrieden auf. Er hatte mehr erreicht, als er erhofft hatte.
16
Vor HERB LEROY'S COFFEE SHOP flutete der Verkehr vom West-Broadway und der Avenue of the Americas zusammen. Zenon Menendez fuhr den Cutlass in eine Parklücke und stellte den Motor ab. »Also wie besprochen«, sagte er mit seiner metallenen Stimme zu Rocha, der neben ihm saß. Seine Augen waren dabei schmal, die großen Hände lagen schwer auf dem Steuerrad.
Rocha sah konzentriert hinüber zu dem Lokal und stimmte ihm undeutlich zu, ohne sich umzudrehen. In Gedanken sprach er schon mit Jennifer Kahn. Er hatte nicht mehr viel Chancen, darüber war er sich im klaren. Wenn auch dieses Gespräch nichts bringen würde, hatte er womöglich verspielt.
Er drückte den Türgriff hinunter und wandte sich zu Menendez um. »Du kannst beruhigt sein. Für mich geht es um genausoviel wie für dich.« Er stieß die Tür auf, war schon mit einem Bein draußen, zögerte und sprach flüchtig über die Schulter: »Ich gehe die Sache so vorsichtig an wie eine Operation.«
Bevor er den Coffee Shop betrat, erforschte er zu seiner Sicherheit mit ein paar Blicken die Umgebung. Er tat, als studiere er den Aushang im Fenster, der als Besonderheit ›Salads with fruits and nuts, small prime steak sandwiches on natural breads, sleazy devour but chancing soon‹ ankündigte sowie die Öffnungszeiten – von sechs Uhr morgens bis acht Uhr abends – und klarstellte, daß nicht mit Kreditkarten bezahlt werden konnte.
Rocha betrat das Lokal. Die Einrichtung war tatsächlich denkbar einfach. Ein heruntergekommener, kahler Raum. In der Mitte die schmucklose Theke. Hocker, deren Kunststoffbezug abgenützt, zerschlissen war. Ein paar feste, hölzerne Tische, mit Plastikfolie bespannt.
An der Theke standen ein paar Arbeiter im Overall, drei Jungen von ungefähr fünfzehn Jahren und zwei alte Frauen.
Kurz hinter Rocha kam Menendez herein, setzte sich neben die Arbeiter auf einen Hocker und verlangte beim Barmann ein Coke.
Die Tische waren leer bis auf einen. Dort saß Jennifer Kahn. Rocha, der Menendez nicht beachtete, erkannte sie nach dem Foto auf dem Schreibtisch im Büro ihres Vaters.
»Miss Kahn?«
Sie sah zu ihm hoch und nickte. Der erste Eindruck, den sie von ihm gewann, war gut. Der Mann mit der kräftigen Gesichtshaut, dem vollen schwarzen Haar, den intelligenten Augen, den weichen Lippen, über denen ein dichter, gepflegter Schnurrbart saß, und einer zurückhaltenden Art, er wirkte vertrauenerweckend auf sie.
»Ich bin Roberto Lopez«, sagte er und deutete auf den freien Stuhl: »Darf ich?«
Sie nickte. »Meine Zeit ist knapp.« Sie baute eine Art Schutzschild vor sich auf. Nicht nur, weil es ihr schwerfiel, noch irgendwelche weiteren Fragen zum Tod ihres Vaters zu beantworten, sondern auch weil sie unterschwellig das Gefühl hatte, daß sie diesem Mann unterlegen sein könnte.
»Ich hoffe, es dauerte nicht allzu lange«, antwortete er betont höflich und lächelte sie mitfühlend an.
Bevor sie aus dem Haus gegangen war, hatte sie mit Igor telefoniert, ihm in wenigen Worten erzählt, was geschehen war, und ihn gebeten, ihren Auftritt in der Met abzusagen. Er war erschüttert gewesen. Auf dem Weg hierher hatte sie sich dann unwillkürlich Lopez vorgestellt, als kühlen, unpersönlichen Beamten. Jetzt aber, da er neben ihr saß, war sie erstaunt. Sie hatte offenbar einen Mann von einfühlsamer Wärme vor sich.
Eine kurze Pause trat ein, als wollten sie sich gegenseitig abschätzen. Eine dicke schwarze Serviererin schlurfte gleichgültig heran. »Sir?«
Er sah, daß Jennifer eine Tasse Kaffee vor sich stehen hatte, bestellte das gleiche und lächelte Jennifer zu. »Haben wir wenigstens Zeit für den Kaffee?«
»Doch, ja.« Sie nickte schnell und schmunzelte in sich hinein. Doch unverzüglich wurde sie wieder ernst und sagte mißtrauisch:
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