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Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burk Michael
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es sich nicht ausmalen, was er auf einmal vor sich sah.
    Er läutete noch einmal, bekam wieder keine Antwort.
    Der Wind blies jetzt unangenehm. Patrick schlug seinen Mantelkragen hoch, sein Blick fiel auf das ELEPHANT CASTLE, schräg gegenüber, dessen Fenster deckenhoch über die ganze Fassade liefen und, in kleine Quadrate unterteilt, weiß gerahmt waren.
    Er ging hinüber und fand einen Tisch am Fenster. Von hier aus hatte er Jennifers Haustür genau im Auge. Er bestellte sich ein Sandwich mit Roastbeef und ein Budweiser Bier.
    Als von der Thompson Street ein Taxi in die Prince Street einbog und vor Jennifers Haus hielt, war es draußen schon lange dunkel. Er erkannte sie beim Aussteigen sofort, auch wenn sie ihm den Rücken zudrehte. Auch den schlanken Mann, der mit ihr ausstieg und sie zum Haus begleitete, sah er nur von hinten.
    Er bezahlte hastig und beobachtete währenddessen die Szene auf der Straße.
    Der Mann in Jennifers Begleitung kam ihm irgendwoher bekannt vor, doch er wußte ihn in der schummrigen Beleuchtung der Straße nicht einzuordnen. Der Mann redete heftig auf Jennifer ein.
    Patrick verließ das Lokal, war mit ein paar Schritten heran und unterbrach den Dialog. »Ich hatte mir schon Sorgen um dich gemacht, Jenny.«
    Sie hatte ihn nicht kommen sehen und war verwirrt. »Spionierst du mir nach?« Es klang verärgert. Sie wollte ihn los sein.
    »Willst du mich deinem Begleiter nicht vorstellen?« fragte er hartnäckig.
    »Laß mich in Ruhe, Rick«, entgegnete sie kühl, und wandte sich wieder dem fremden Mann zu: »Vielen Dank, daß Sie mich nach Hause gebracht haben.«
    Jetzt erst konnte er dem Mann ins Gesicht sehen. Er erschrak. Es war einer der beiden Männer, die sein Büro durchsucht hatten. Aber Patrick fing sich sofort und herrschte Rocha an: »Erkennen Sie mich? Sie haben mich gestern überfallen und mein Büro verwüstet. Ich werde die Polizei rufen.«
    Die letzten Worte hörte Rocha jedoch nicht mehr. Er lief schon die Thompson Street hinauf und verschwand im Halbdunkel der Nacht.
    Ohne Jennifer eine Erklärung über den Vorfall zu geben, rannte Patrick Rocha hinterher. An der Ecke Bleeker Street sah er gerade noch, wie Rocha in einen wartenden Cutlass stieg, der auf der Stelle mit Vollgas und quietschenden Reifen in Richtung Washington Square davonfuhr. Aber er hatte Glück. Im gleichen Moment kam ein freies Taxi, und Patrick nahm die Verfolgung auf.

22
    Igor Negolescu saß zusammengesunken am Schreibtisch seines Büros und fuhr sich nachdenklich mit gespreizten Fingern durch seine vollen grauen Haare. Die billige Weckuhr in dem chaotischen Durcheinander vor ihm zeigte kurz vor zehn Uhr abends. Das Studio lag wie ausgestorben, die Lichter im Trainingsraum waren längst gelöscht, Igor war allein.
    Er hatte unwichtige Arbeiten erledigt, ein paar Briefe beantwortet, ein paar Rechnungen abgelegt, ein paar überholte Notizzettel am Steckbrett entfernt. Er hatte es wie unter dem Zwang getan, sich zu beschäftigen, um nicht nach Hause gehen zu müssen.
    Er kannte die Ursache: Jennifer. Schon seit einer guten Stunde, seit der letzte das Studio verlassen hatte, dachte er beinahe ausschließlich an sie.
    Sie hatte sein volles Mitgefühl. Und er bangte um sie. Denn er wußte, wie sensibel sie war. Deshalb war er sofort ans Telefon gegangen, um sie anzurufen, nachdem er von Patrick die traurige Nachricht erfahren hatte. Aber er hatte sie nicht erreicht.
    Auch nicht mit seinen späteren Anrufen. Sie war wie vom Erdboden verschwunden, hatte sich weder bei Chester Wilson gemeldet noch bei einem Kollegen. Das bereitete ihm Sorge.
    Noch einmal wählte er ihre Nummer. Vergebens.
    Müdigkeit überkam ihn. Er entschloß sich, ihr ein Telegramm zu schicken. ›Liebe Jenny, ich bin mit meinen Gedanken bei Dir. Ich wünsche Dir viel Kraft und hoffe, ich kann Dir helfen. Chet läßt grüßen. Setzt Dich erst nächste Woche ein. Melde Dich bitte. Igor.‹
    Dann gab er das Telegramm telefonisch auf.

23
    Als Patrick an der Haustür klingelte, schlief Jennifer schon tief. Es dauerte eine Weile, bis sie das Läuten registrierte. Verschlafen hob sie den Kopf, stand müde vom Bett auf, ging mit schweren Schritten zum Fenster, schob es hoch, schaute die drei Stockwerke hinunter auf die Straße und erkannte Patrick.
    Sie war verärgert. Das anstrengende Zusammensein mit Lopez, Patricks offenbar eifersüchtiges Benehmen und seine ungeheuerliche Beschuldigung, daß Lopez ihn überfallen habe – das alles war für sie

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