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Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burk Michael
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in Ärger: »Was unternehmt ihr inzwischen?«
    »Wir werden die Chinesin bearbeiten. Ich habe dafür schon einen Plan.«
    »Einen Plan!« schrie Vacas verächtlich in die Membrane. »Du sollst endlich Dampf machen, hörst du! Stoß ihr die Pistole unters Kinn! Schlag sie, bis sie Blut spuckt!« Und wie mit letzter Kraft: »Schaff endlich die Ware heran!«

25
    May Tsang arbeitete am Schreibtisch des Büros und beobachtete gleichzeitig durch die offene Tür den Laden. Es war ein ruhiger Tag gewesen. Die Post, die Zeitung, eine Lieferung von Lawrence, zwei mögliche Interessenten, mehr Publikumsverkehr hatte es heute nicht gegeben. Zwischendurch hatte sie im kleinen Kreis an der Beisetzung von Monroe Kahn teilgenommen. Sie war noch jetzt zutiefst bewegt. Sie wollte nur noch die Korrespondenz ein wenig aufarbeiten und dann den Laden schließen.
    Obwohl sie sich bemühte, sich voll auf ihre Briefe zu konzentrieren, schweiften ihre Gedanken doch immer wieder ab. Monroe Kahn, Jennifer, ja sogar Phila, Monroes Frau, gingen ihr durch den Sinn. Sie kam einfach über das schreckliche Geschehen nicht hinweg und wollte nicht wahrhaben, daß es Monroe Kahn nicht mehr gab.
    Die beiden Tage seit seinem Tod hatte sie wie in Trance hinter sich gebracht. Mechanisch hatte sie ihren Job ausgefüllt, den Laden betreut, Verbindungen zu Geschäftspartnern gehalten, hatte kaum etwas gegessen und nur sehr wenig Schlaf gefunden. Sie stand auf und betrachtete ihr Gesicht in dem Spiegel mit dem massiven silbernen Rahmen. Nein, sagte sie sich, sie sah nicht wie achtundfünfzig aus, eher wie achtundsiebzig, und so alt fühlte sie sich auch. Ihr Gesicht war von Furchen durchzogen, die Wangen waren eingefallen, und das glatte, schwarze Haar wirkte stumpf. Sie war müde.
    Der dumpfe Summton kündete Besuch an.
    Mit einer flüchtigen Handbewegung richtete sie ihre Frisur, dann ging sie nach vorne.
    Vor ihr standen zwei Männer. Sie erkannte sie sofort. Sie waren hochgewachsen, der ältere der beiden trug einen gepflegten schwarzen Schnurrbart und wirkte wie ein seriöser Geschäftsmann, der jüngere war kräftiger, hatte starke Backenknochen und unruhige Augen.
    Sie erschrak.
    Am liebsten wäre sie nach hinten ins Büro gelaufen und hätte telefonisch um Hilfe gerufen. Aber im Augenblick, als sie den Gedanken faßte, hatte sie schon keine Gelegenheit mehr, ihn in die Tat umzusetzen, denn der Mestize versperrte ihr breitbeinig den Weg. »Schließen Sie den Laden und lassen Sie die Jalousien herunter.« Es war ein Befehl.
    Mit zitternden Händen führte sie ihn aus. Fieberhaft überlegte sie einen Ausweg aus der beängstigenden Situation, aber ihr Gehirn war auf einmal wie gelähmt.
    »Wir unterhalten uns im Büro«, herrschte Menendez sie an.
    Ihre Angst wuchs ins Unermeßliche, ihre Schläfen pochten wild. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.
    Im Büro schloß Menendez hinter ihnen die Tür, trat an den kleinen Telefontisch, hob den Hörer vom Apparat, und blockierte so mögliche Anrufe.
    Rocha war inzwischen zum Hintereingang gegangen, vorbei an der engen Toilette, dem winzigen Flur, wo sich große Kartons und Kisten stapelten, und verschloß die Tür zum Hausflur. Dann kam er zurück, stellte sich neben die Blumenstöcke ans vergitterte Fenster und zog den Vorhang zu.
    Menendez erklärte ihr: »Wir sind Polizisten.«
    Sie starrte ihn ausdruckslos an.
    Er fragte streng: »Gibt es ein persönliches Adreßbuch von Mister Kahn?«
    »Nein«, antwortete sie automatisch.
    »Sagen Sie die Wahrheit, oder …!« Er holte mit der Hand aus, als wolle er May schlagen.
    »Sie meinen, ein Telefonbuch, in dem die Adressen seiner persönlichen Freunde stehen?« fragte sie verängstigt.
    »Nicht nur die Adressen«, erwiderte er, »vielleicht auch die Telefonnummern. Und nicht nur die der persönlichen Freunde, sondern unter Umständen auch die von wichtigen Geschäftspartnern.« Seine Stimme klang schroff.
    »Ja, es gibt so ein Buch«, antwortete sie zögernd.
    »Legen Sie es hier auf den Tisch! Sofort!«
    »Ich weiß nicht, ob es hier im Büro …«
    »Die Wahrheit!« Von neuem holte er zum Schlag aus.
    Sie ging zum Schrank, schloß ihn auf, ein Griff, und sie legte das Buch vor Menendez auf den Schreibtisch.
    Es glich einem kleinen Taschenkalender, hatte einen flaschengrünen Einband und die goldgeprägte Aufschrift ›Best Addresses‹.
    Er blätterte es oberflächlich durch, hob den Blick zu Rochas. »Am liebsten würde ich ihr einen Denkzettel

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