Auf ewig und einen Tag - Roman
lächerlich.« Er wollte aufstehen, aber ich zwang ihn, sitzen zu bleiben. Ich fühlte mich plötzlich seltsam, irgendwie
benebelt vor Schlaf oder Alkohol, als geschehe das Ganze nicht wirklich. »Frag was anderes«, sagte ich.
»Gut.« Eve sah mich an, während sie Justin ein weiteres Glas Kahlúa einschenkte, und sie ließ mich auch nicht aus den Augen, als sie fortfuhr: »Und du solltest lieber die Wahrheit sagen, sonst wissen wir beide Bescheid. Wir können in deinem Gesicht lesen wie in einem Buch, nicht wahr, Ker?« Sie grinste kurz. »Ich frag dich was, Justin, und du sagst mir die Wahrheit, sagst mir, was es in dir auslöst. Keine Ausflüchte, ja? Nur den ersten Eindruck.« Daraufhin beugte sie sich zu Justin, drückte die Lippen auf seinen Mund, während ihre Hand in seinem Schoß herumnestelte.
Justin schrie auf und stieß sie so heftig zurück, dass sie zu Boden fiel. Und ich begann aus irgendeinem unerfindlichen Grund zu lachen und konnte nicht mehr damit aufhören. Vielleicht aus Verlegenheit oder Zorn oder wegen der Absurdität der Situation, vielleicht war ich auch nur betrunken, aber das Lachen brach in so schmerzhaften Wogen aus mir heraus, dass mir die Augen tränten. Und dann hörte es mit einem Mal genauso plötzlich wieder auf, wie es gekommen war.
Eve starrte mich vom Boden aus an. Justins Gesicht glänzte rot. Ich schlug mit der Hand auf den Tisch. »Du bist eine solche Schlampe!«
Eve rappelte sich hoch und sah mich an. »Er hat einen Ständer.«
»Verdammt, Eve, was ist los mit dir?« Justin sprang vom Tisch zurück, kippte sein Glas und seinen Stuhl um. Er stürmte hinaus, das Glas rollte vom Tisch und zersprang mit scheußlichem Klirren.
Ich sah auf die verschüttete Flüssigkeit und die Scherben hinab, als die Haustür zuknallte. Eve beobachtete mich, das wusste
ich, und ich konnte nicht hierbleiben, nicht bei ihr bleiben. Ich stand auf, und plötzlich wurde mir schwindlig. Ich lehnte mich an den Tisch, die Hände flach aufgestützt, bis der Schwindel nachließ. »Wie konntest du nur?«
»Es ist zu deinem eigenen Besten.« Eves Augen waren rot vor Tränen, ihr Kiefer angespannt. »Kapierst du das nicht?«
»Du Miststück.« Ich erkannte meine Stimme nicht, die tief und dunkel klang. Ich drehte mich schnell um, ließ sie einfach sitzen und lief auf bloßen Füßen zu den Caines hinüber.
Justin saß auf seiner Bettkante. Er blickte auf, als ich eintrat, und streckte die Hand aus. In meinem Inneren brannte ein schreckliches Feuer, als ich aufs Bett neben ihm kroch. Er nahm mich in die Arme und drückte mich an seine nackte Brust. Aber ich wusste, dass es nie mehr so wie früher sein würde, weder mit mir und Justin noch mit mir und Eve. Und trotz seiner Wärme, die mich einhüllte, trotz der beruhigenden Laute an meinem Ohr fühlte ich mich allein.
21
Mein Schädel tat schon den ganzen Tag weh. Es war mehr als nur ein Pochen, es fühlte sich an wie Knallfrösche, wie ein kleiner Mann in meinem Kopf, der mit einer scharfen Axt auf mich einschlug. Ich verkroch mich unter der Bettdecke und drückte das Gesicht ins Kissen. Mein Schlafanzug lag zusammengefaltet darunter, ich betastete ihn und überlegte mir, ihn über meine Kleider zu ziehen, doch dann hörte ich die Haustür. Ich drehte mich um und zog die Decke bis zum Kinn.
Justin kam die Treppe herauf und rief meinen Namen, als er eintrat. »Kerry? Ich hab vor der Schule auf dich gewartet. Bist du daheim geblieben?«
Ich drehte mich schnell zur Wand und schaffte es, mir die Stirn anzuschlagen. »Alles in Ordnung? Hast du mit ihr gesprochen?«
»Ich kann nicht mit ihr sprechen.« Wieder stiegen mir Tränen in die Augen, ich drehte mich auf den Rücken und fuhr mir mit dem Arm übers Gesicht.
Justin sah mich an und nickte, als erwartete er, dass ich fortfahren würde.
»Jetzt weiß ich’s«, sagte ich. »Die ganze Zeit hat sie nur dich gewollt.«
Justin nickte wieder, und ich kochte innerlich vor Wut. »Sag doch was!«
»Weißt du, sie würde dich nicht absichtlich verletzen.«
»Ah ja, das sieht man.«
Mit abwesendem Blick blieb er eine Weile sitzen. »Hör zu«, begann er. »Sie weiß, dass ich dich niemals verlassen würde. Sie weiß, wie ich fühle, also schreit sie in Wirklichkeit nur nach etwas. Was hat sie von Ryan Maclean schon zu erwarten? Die Sache hat keine Zukunft. Sie liebt ihn nicht.«
»Es geht um Sex.«
Ich spürte, wie er erstarrte. »Glaubst du das wirklich?«
»Es ist deinetwegen«, sagte ich,
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