Auf fremdem Land - Roman
hatten das gleiche gemeinsame Interesse. Doch es gab beängstigende Augenblicke. Es gab Schwankungen, die ihn für Momente an die Schwelle eines Schuldenabgrunds brachten. In diesen Augenblicken strichen ihm die warnenden Worte Idan Levinhofs durch den Kopf. Der Markt wurde zunehmend verrückter, massenhaft wurden Leute entlassen, und der Druck, der auf ihn ausgeübt wurde, weiterhin Profite zu machen, war bisweilen durchaus unangenehm.
Die Affäre mit den RIM -Optionen, die Firma, die die BlackBerry-Geräte herstellte, begann mit dem sonntäglichen Basketballspiel mit den israelischen Kameraden an der Upper West Side. Er kam immer noch dorthin, wenn er die Möglichkeit hatte, um seine körperliche Fitness zu bewahren und ein bisschen zu schwitzen, allerdings auch weil er die meisten der Mitspieler mochte. Eine zufällige Bemerkung von einem der Kameraden nach Spielende schickte Roni auf die Bahn des Höhenflugs, der mit einer Bruchlandung enden sollte: »Was ein Drecksding von verschissenem iPhone, das ist vielleicht ein Scheißgerät!«
»Ist es neu? Was, bist du nicht zufrieden?«, fragte Roni geistesabwesend, während er die Mails in seinem BlackBerry durchging.
»Ja, ich hab’s vor einer Woche gekriegt. Die Verbindung zum Internet ist ein Witz, kommt und geht, geht hauptsächlich. Und schau dir das an.« Er hielt Roni das Gerät hin und drehte es um. Auf dem weißen, glatten Plastikrücken zeichneten sich rosa Flecken ab.
Roni nahm das Gerät in die Hand und runzelte die Stirn. »Was ist das denn, errötet das Teil?«, lächelte er.
»Spürst du, wie heiß es ist? Ich hab im Internet noch mehr Beschwerden gesehen. Sie haben gesagt, dass sie es mir im Apple-Laden umtauschen.« Er betrachtete das schwarze BlackBerry in Ronis Hand. »Verdammte Scheiße, ich kapier ums Arschlecken nicht, warum ich mein BlackBerry hergegeben hab. Dieses iPhone ist nichts weiter als Lärm und Geklingel.«
Roni dachte nicht weiter daran, doch am nächsten Tag erhielt er einen Anruf von seinem bosnischen Studienfreund Sascha. Sascha arbeitete jetzt bei einer großen Consultingfirma in San Francisco. Er war gerade für ein paar Stunden in New York, auf dem Weg zu einem Besuch in Bosnien – sein Großvater war gestorben – und fragte Roni, ob er Zeit für ein schnelles Mittagessen zum Gedenken an alte Zeiten habe.
»Du bist dick geworden!«, sagte Sascha, als er Roni sah. Sie aßen im Mister Mi, einem asiatischen Restaurant, das sie in ihren Studienzeiten geliebt hatten. »Machst du keinen Sport?«
»Gestern habe ich Basketball gespielt«, antwortete Roni und warf einen prüfenden Blick auf seine Bauchwölbung. Jahrelang ewige Stunden vor Monitoren zu verbringen war kein Rezept für einen schlanken, gesunden Körper. Viele seiner Kollegen gingen ein paar Mal die Woche nach den Börsenzeiten ins Fitnessstudio, aber er war zu faul. »Was tut sich in San Francisco?«, wechselte er das Thema.
Sascha arbeitete zu viel. »Mein Großvater war immer nett zu mir«, lachte er, »und jetzt ist er sogar genau rechtzeitig gestorben, dass ich diesem Projekt entkomme.« Saschas Gesellschaft arbeitete mit einer Firma aus San José zusammen, die Chips für digitale Kameras herstellte. Sie arbeiteten mit ein paar der großen Kameraproduzenten in Korea und Japan zusammen. Saschas Consultinggesellschaft war engagiert worden, um die Arbeitsabläufe zwischen den Produktionsfabriken in China, dem Entwicklungszentrum in San José und den Kunden in Japan, Korea und den Vereinigten Staaten zu optimieren. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie langweilig diese Arbeit ist, und schwierig. Keiner will, dass wir ihnen helfen, ihre Arbeitsgewohnheiten zu ändern.«
»Vereinigte Staaten?«, fragte Roni. »Es gibt eine Herstellung von Digitalkameras in den Vereinigten Staaten?«
»Es gibt Kodak«, antwortete Sascha. »Und jetzt haben sie bei Apple das iPhone mit Kamera rausgebracht. Es hat sich rausgestellt, dass der Chip die Geräte mehr erwärmt, als sie erwartet haben, und es haufenweise Beschwerden gibt, und darum sind die Kameraden dort schon völlig wahnsinnig und haben überhaupt keine Zeit, mit uns an der Effizienz zu arbeiten.«
Roni hielt mitten in einem Bissen von seinem General Tso Chicken inne und sah Sascha mit großen Augen an. Ihm fiel das rotgefleckte Gerät seines Bekannten beim Basketballspiel am Abend vorher ein.
»Was ist los, hast du dich verschluckt?«, fragt Sascha.
»Nein, nein«, Roni wedelte mit der Hand, »red weiter. Was, die
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