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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Dass die Kontrollorgane des Aktienhandels seine Aktivitäten mitbekommen hatten.
    »Setzen Sie sich«, sagte Dale und fuhr sich mit der Hand über das blonde, glatte Haar. Roni setzte sich angespannt.
    »Wir haben Sie im Auge behalten, Roni«, fuhr Dale fort, und Roni erhaschte im Augenwinkel, dass Lieberman nickte. »Sie hatten ein gutes Jahr. Ein paar beeindruckende Transaktionen, die der Bank nicht wenig eingebracht haben.«
    »Und noch viel wichtiger«, sagte nun Lieberman, »Sie haben gezeigt, dass Sie Risiken zu handeln verstehen, Sie geraten nicht in Panik, wenn der Markt verrückt spielt.«
    Jetzt kommt es, dachte Roni und senkte leicht den Kopf, fast darauf vorbereitet, die Hände zum Schutz zu heben.
    »Ihr Bonus für das Jahr 2006 beträgt zweihundertfünfundsiebzigtausend Dollar. Sie sollten nur wissen, dass das einer der dicksten Boni ist, die Trader bei uns in ihrem ersten Jahr in der Firma je erhalten haben. Sie haben ihn verdient.« Roni wartete auf das »aber«, das jetzt kommen musste, doch es kam nicht. »Wir haben beschlossen, Ihren Investitionsetat zu erweitern«, fuhr Dale Savage fort, »und Ihnen mehr Risikofreiheit zu geben, damit Sie künftig sogar noch mehr für uns rausholen als in diesem Jahr. Also, gehen Sie raus und mischen Sie Ihr Desk auf, Mann, ziehen Sie an den Fäden wie bisher und finden Sie neue, setzen Sie Ihr hübsches Netzwerk in Betrieb, gehen Sie raus und packen Sie sie an den Eiern!« Den letzten Satz schrie Dale beinahe, und als er fertig war, sprang er auf die Beine und begann zu applaudieren. Lieberman schloss sich dem Applaus an, wenngleich er nicht aufstand. Roni wusste nicht, was er tun sollte, also lächelte er und ließ seinen Blick zwischen den beiden hin und her wandern.
    Das Jahr 2007 war Roni weiterhin wohlgesonnen. Jonathan Bronko kam zwar immer seltener zum Hummusforum, und als Roni versuchte, mit ihm Kontakt aufzunehmen, stieß er auf eine gewisse Kühle, doch es ergaben sich andere Gelegenheiten. Eine davon war, zu Ronis Überraschung, Meir Foriner – der aus dem Tel Aviver Villenviertel, der mit ihm die Studienbank gedrückt hatte und Roni mit seiner blauäugigen Überheblichkeit der besseren Kreise und seiner Anbiederung bei den Amerikanern abgestoßen hatte. Foriner kam ebenso wie Tal Paritzki, sein Freund aus dem schönen Kfar Schmarjahu, regelmäßig zum Hummusforum. Mit der Zeit spürte Roni, dass von ihrer Seite aus Annäherungsversuche unternommen wurden, was ihn nicht weiter überraschte – seine Erfolge bei Goldstein-Lieberman-Weiss und bei der Führung der Investitionsanlagen einiger Forumsmitglieder waren ein offenes Geheimnis. Eines Abends fragte Foriner: »Noch ein Drink im Ulysses, bevor wir uns auf die Socken machen?«
    Roni erwiderte: »Warum nicht?« Sie gingen in das irische Pub, Roni trank Gin und Foriner Ballantine’s mit Eis.
    Meir Foriner arbeitete in einer Kreditratingagentur an der Westküste. Roni kannte die Bedeutung solcher Gesellschaften, die Bonitätsprüfungen durchführten, die Risiko- oder Rentabilitätshöhen von Erwerb an oder Investition in Firmen oder Staaten festsetzten. Am allerwichtigsten dabei war, das wusste Roni, dass die Mitarbeiter im Bilde waren, während Erwerbs- und Fusionsprozesse ausgebrütet wurden, und lange Zeit vor der breiten Öffentlichkeit wussten, wohin der Wind wehte.
    Was an jenem Abend als angedeuteter Tipp unter Alkoholeinwirkung begann, wurde zu einem kalkulierten, konsequenten wertvollen Informationsfluss. Foriner winkte vor großen Käufen heftig mit dem Zaunpfahl, wobei er stets strikt darauf achtete, dies nur mündlich, in Hebräisch und in Kodes zu tun, ohne Kommunikationsmittel zu benutzen, denn jedes Telefongespräch, alle Mails und Chats zwischen Tradern, Klienten und Brokern wurden aufgezeichnet. Roni wusste, dass nach einigen solcher Geschenke, die ihm Foriner zukommen ließ, die Stunde der Abrechnung schlagen würde: Foriner bat Roni, ein fiktives Konto für ihn bei der Brokerfirma, mit der er arbeitete, einzurichten, und auf diesem Konto verwaltete Roni die Investitionen von Millionen Dollar, die in einer komplizierten Transaktion über zehn Ecken herum von einem Schweizer Bankkonto eintrafen. Foriner arbeitete vorsichtig, hielt sich periodenweise bedeckt, bis er plötzlich zu einem schnellen Geschäft ausholte. Einmal tauchte er im Hummusforum auf und gab Roni einen ins Ohr geflüsterten Verabredungstermin, am Samstag in einem portugiesischen Restaurant in Williamsburg. Das

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