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Auf gluehenden Kohlen

Auf gluehenden Kohlen

Titel: Auf gluehenden Kohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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Anfang bei einer neuen Kanzlei wäre vielleicht die Lösung. Nach Abschluss des Falls Elliot würde er ernsthaft einen Wechsel in Erwägung ziehen.
    Die rangh öchsten Partner bei Haie, Greaves, Strobridge, Marquand & Bartlett blickten aus Eckbüros in der vierzigsten Etage des Continental Trust Building auf die Flüsse, die gewaltigen Berge und die üppig grünen Hügel, die Portland, Oregon, so einzigartig machten. Der Wolkenkratzer war zwar neu, aber die Kanzlei war mit schweren, dunklen Hölzern, polierten Messingbeschlägen und schönen alten Antiquitäten ausgestattet, die ihr ein Flair von Zeitlosigkeit verliehen.
    P ünktlich um halb acht betrat Peter einen kleinen, fensterlosen Konferenzraum, in dem er und sein Vater sich jeden Morgen vor der Gerichtssitzung trafen, um über die Zeugen des jeweiligen Tages zu sprechen und alle juristischen Probleme, die sich ergeben könnten, zu erörtern. Peters Vater hatte immer noch die massige Statur, mit der er 1956 für die Oregon State University bei den All-American-Mannschaftswettbewerben im Football den zweiten Platz und eine NCAA-Meisterschaft im Ringen gewonnen hatte. Er hatte volles, weißes Haar, und sein zerfurchtes Gesicht wurde noch markanter durch eine zerschlagene Nase und ein Blumenkohlohr. Richard Haie praktizierte seinen Juristenberuf so, wie er Sport trieb: Volldampf voraus und nach mir die Sintflut. An diesem Morgen tigerte Peters Vater in Hemdsärmeln vor einem niedrigen Büffet hin und her, einen Telefonhörer ans Ohr gepresst. »Himmel Herrgott!« knurrte er vor sich hin, bei jeder Kehrtwendung um ein paar Dezibel lauter. Peter legte sein Jackett ab und hängte es hinter der offenen Tür auf einen Kleiderbügel. Er bemerkte mit Abscheu, dass sein Vater sein Jackett auf eine Ecke des langen Konferenztisches geworfen hatte, wo es zusammengeknüllt dalag. Richard liebte es, vor Geschworenen den einfachen, schwerf älligen Mann des Volkes zu spielen, und er war der Meinung, schlampige Kleidung stütze dieses Image. Peter konnte sich nicht vorstellen, einen Anzug zu tragen, der nicht frisch gebügelt war.
    »Wann wirst du's wissen?« bellte sein Vater, während Peter mehrere Akten aus seinem Aktenkoffer nahm und sie zu einem säuberlichen Stapel ordnete.
    »Nein, gottverdammt noch mal, das reicht nicht! Wir sind mitten drin in dem gottverdammten Prozess. Wir sind schon zwei Wochen vor Gericht.«
    Richard verstummte. Seine Miene entspannte sich. »Ich weiß, es ist nicht zu ändern, aber du kennst Richter Pruitt nicht.« Wieder schwieg er und hörte aufmerksam zu. Dann wurde sein Gesicht puterrot vor Zorn.
    »Hör zu, Bill, das ist doch nicht so schwierig. Ich habe dir vor zwei Wochen gesagt, dass ich die gottverdammten Sachen brauchen würde. Genau das passiert, wenn man bis zur letzten Minute wartet.« Wieder eine Pause.
    »Na, das lässt du besser bleiben«, drohte Richard schließlich und beendete das Gespräch, indem er den Hörer aufknallte. »Was ist passiert?« fragte Peter.
    »Ned Schuster hatte einen Autounfall«, antwortete Richard besorgt und führ sich mit den Fingern durchs Haar. »Er liegt im Krankenhaus.« »Wer?«
    »Schuster. Er sollte heute aussagen. Und Bill Edling sagt, sie schaffen's mit den Unterlagen nicht zur Verhandlung, weil Schuster das einzige Exemplar hatte.«
    Peter hatte keine Ahnung, wovon sein Vater redete. Er blickte auf seine Akten. Es gab f ür jeden Zeugen eine, und keine war für Ned Schuster. Als er wieder aufsah, lehnte sein Vater an der Wand. Sein Gesicht war weiß wie Kreide, und er massierte sich mit beiden Händen heftig den Kiefer. »Dad?« fragte Peter, den die fahle Blässe seines Vaters und die Schweißperlen erschreckten, die plötzlich über sein Gesicht liefen. Statt zu antworten, verzog Richard vor Schmerz das Gesicht und begann sich mit geschlossener Faust die Brust zu reiben. Peter erstarrte.
    »Herzanfall«, keuchte Richard.
    Peter fuhr aus seiner Trance hoch und eilte um den Konferenztisch. »Ich muss mich hinlegen«, brachte Richard noch heraus, als seine Knie nachgaben. Peter fing ihn auf, ehe er zu Boden stürzte. »Hilfe!« schrie Peter. Eine junge Frau steckte den Kopf durch die Tür. Ihre Augen weiteten sich.
    »Rufen Sie 911, schnell! Mein Vater hat einen Herzinfarkt.« Als Peter nach unten sah, hatte Richard die Zähne fest zusammengebissen und die Augen zugekniffen. Er massierte weiter heftig seine Brust, als versuche er, seinen Schmerz auszuradieren. »Halt durch, Dad«, flehte Peter.

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