Auf keinen Fall Liebe
sie hinter dem Haus über die Wiese liefen, kam sie auch gleich ganz ungeniert auf das Thema zu sprechen.
»Diese Hochzeit kam sehr überraschend«, sagte sie ruhig, »zumal wir fest davon überzeugt waren, dass du nie wieder heiraten würdest. Es hat nicht zufällig etwas mit Emily zu tun?«
Mit den Händen in den Hosentaschen lehnte Lucian sich gegen einen Apfelbaum. »Es erhöht meine Chancen auf das Sorgerecht, wenn ich Emily geordnete Familienverhältnisse bieten kann«, erklärte er, ohne Maddison dabei anzusehen.
»Aha.« Sie verzog spöttisch das Gesicht. »Naja, wie praktisch, dass du sowieso mit Faith schläfst, dann macht ein Ehering ja kaum einen Unterschied.«
»Jetzt fang nicht schon wieder an«, seufzte er, »Ich bin in einer Notlage, und sie war bereit, mir zu helfen. Wir haben einen Deal, weiter nichts.«
Kopfschüttelnd betrachtete sie ihn, bemerkte den angespannten Zug um seinen Mund.
»Lucian, bist du sicher, dass du das Richtige getan hast?«, fragte sie leise. »Ich weiß, dass du es nicht zugeben wirst, aber ich glaube nicht, dass du nur an einem Deal interessiert bist. Wie lange wird das gutgehen? Was passiert, wenn sie doch irgendwann ihre Karriere fortsetzen will oder sich in einen anderen verliebt?«
Er presste kurz die Lippen zusammen, winkte dann jedoch betont lässig ab. »Was soll schon passieren? Ich habe kein Recht und auch nicht die Absicht, ihr irgendwelche Steine in den Weg zu legen. Natürlich werde ich sie jederzeit gehen lassen, falls sie das will, das bin ich ihr wohl schuldig.«
46
N ach der Hochzeit ging Faiths und Lucians Leben wie gewohnt weiter. Tagsüber arbeiteten sie miteinander, nachts schliefen sie miteinander, genauso leidenschaftlich wie zuvor und genau wie zuvor sprachen sie niemals über das, was sie in ihrem Innersten bewegte.
Obwohl es Faith nach wie vor schmerzte, dass Lucian ihre Gefühle nicht erwiderte, genoss sie dennoch jeden Tag an seiner Seite, jede Nacht in seinen Armen.
Bereits ein paar Wochen später fand der Gerichtstermin für das Sorgerecht statt.
Lucian hatte inzwischen das Ergebnis eines Vaterschaftstests vorliegen, welches wie erwartet zweifelsfrei belegte, dass er der Vater von Emily war.
Sein Anwalt hatte alles Nötige in die Wege geleitet, und nachdem er erfahren hatte, dass Lucian verheiratet war, sah er der Verhandlung optimistisch entgegen.
Obgleich es normalerweise nicht üblich war, dass Kinder in diesem Alter angehört wurden, hatte der Jurist empfohlen, Emily mitzubringen.
»Nur für den Fall, dass es doch Schwierigkeiten geben sollte«, hatte er Lucian beschwichtigt, der Emily diese Situation ersparen wollte.
Am Nachmittag vor dem Prozess fuhren sie gemeinsam nach London. Sie verbrachten die Nacht bei Maddison, die am anderen Tag ebenfalls im Gericht anwesend sein würde, um ihrem Bruder beizustehen.
Nervös saßen sie am nächsten Morgen vor dem Gerichtssaal und warteten, bis ihr Fall aufgerufen wurde. Kian war auch erschienen, er kümmerte sich in einem kleinen Nebenraum um Emily. Lucian hatte Wert darauf gelegt, dass sie ihrer Mutter nicht begegnen würde, um sie nicht zu beunruhigen.
Ein Stück weiter auf dem Gang stand Alice mit ihrem Rechtsbeistand, und die Blicke, die sie Lucian zuwarf, machten klar, dass sie nicht kampflos das Feld zu räumen würde.
Ein Gerichtsdiener rief sie schließlich herein, und die Verhandlung begann.
Zunächst erläuterten die beiden Anwälte die Sachlage, trugen ihre Argumente vor und plädierten dafür, ihrem jeweiligen Mandanten das alleinige Sorgerecht zu übertragen.
Der Familienrichter hörte sich alles in Ruhe an, stellte einige Zwischenfragen und machte sich Notizen.
»Dr. Clarke«, wandte er sich dann an Lucian, »wie ich der Aussage Ihrer geschiedenen Frau entnehme, haben Sie sich die ganzen Jahre nicht um Ihre Tochter gekümmert. Ich halte es für sehr fragwürdig, dass Sie jetzt so plötzlich das Sorgerecht beantragen. Können Sie mir bitte Ihre Beweggründe dafür darlegen?«
Es war klar gewesen, dass dieser Punkt zur Sprache kommen würde und ruhig erklärte Lucian, dass er bis vor kurzem nichts von Emilys Existenz gewusste hatte. Er schilderte, wie Alice ihm die Schwangerschaft verheimlicht hatte und auf welche Art und Weise Emily zu ihm gekommen war.
»Das ist gelogen«, platzte Alice heraus, und fügte trotz der Beschwichtigungsversuche ihres Anwalts empört hinzu: »Er hat sich damals von mir getrennt, weil er das Kind nicht wollte. Er hat mich im Stich
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