Auf keinen Fall Liebe
Faith stieß einen überraschten Laut aus.
Der ganze Raum war bis auf den letzten Kubikzentimeter mit Luftballons vollgestopft, sodass es kaum möglich war, einen Fuß hineinzusetzen, geschweige denn, sich ins Bett zu legen.
»Kian«, sagte Lucian grimmig, »ich bringe ihn um.«
»Vielleicht hätten wir doch am Bach bleiben sollen«, lachte Faith.
Sie ging hinüber ins Gästezimmer, holte zwei Stecknadeln aus dem Korb mit ihrem Nähzeug und unter Herumgealber machten sie sich daran, die Ballons zu beseitigen.
»Okay, das reicht erstmal«, bestimmte Lucian ungeduldig, als sie schließlich das Bett freigeräumt hatten. »Wir haben schon genug Zeit mit diesem Unfug vertrödelt.«
Wenig später lagen sie engumschlungen nebeneinander, tranken Champagner, fütterten sich gegenseitig mit Erdbeeren und genossen den Rest ihrer Hochzeitsnacht.
Am nächsten Mittag erschienen Kian, Maddison, Dane und Chelsie zu einem ausgedehnten Brunch, den Polly und Molly vorbereitet hatten.
Zwanglos saßen sie alle im Garten, und während die Frauen sich unterhielten, alberten die Männer mit Emily herum.
Als Faith zwischendurch ins Haus ging, um frischen Kaffee zu kochen, folgte Chelsie ihr nach drinnen. Es war der erste Moment seit ihrer Ankunft, dass sie Gelegenheit hatte, mit Faith alleine zu sprechen, und aufmerksam musterte sie ihr blasses Gesicht.
»Bist du glücklich?«, fragte sie ohne Umschweife.
Faith gab keine Antwort, konzentrierte sich angelegentlich auf die Kaffeemaschine und Chelsie fügte hinzu: »Zumindest siehst du nicht so aus.«
»Es war ein anstrengender Tag gestern«, erklärte Faith ausweichend, »Ich bin ziemlich müde.«
»Und das ist alles?«, bohrte Chelsie weiter.
»Ja, sicher.«
Chelsie seufzte. »Faith, hör bitte auf mich anzuschwindeln, ich mache mir wirklich ernsthafte Sorgen um dich. Ich sehe dir doch an, dass es dir nicht gut geht. Erst diese seltsame Absprache, jetzt plötzlich diese überstürzte Hochzeit – willst du mir nicht sagen, was los ist?«
Bisher war es Faith gelungen, nicht mehr an den unangenehmen Moment dort am Bach zu denken, die Nacht in Lucians Armen und das lockere Geplauder mit ihrem Besuch heute hatten sie abgelenkt.
Aber nun weckten Chelsies Fragen sofort die Erinnerung an ihre unbedachten Worte und Lucians Reaktion und wühlten all ihre Gefühle auf.
»Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht«, murmelte sie düster.
»Mit der Hochzeit?«
»Mit allem. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn ich mich nie darauf eingelassen hätte«, sagte Faith leise.
Als Chelsie sie fragend anschaute, berichtete sie ihr von Alices Besuch, von dem wahren Grund für die Heirat und von dem Zwischenfall in der letzten Nacht.
»Ich hab‘s geahnt«, kommentierte Chelsie kopfschüttelnd, nachdem Faith geendet hatte. »Mir war die ganze Zeit klar, dass das nicht ewig gutgehen kann, du bist nicht der Typ Frau, der sich mit einem Kerl amüsiert, ohne etwas für ihn zu empfinden. Du warst doch schon in ihn verliebt, bevor ihr das erste Mal miteinander geschlafen habt, richtig?« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, und so fuhr sie auch gleich fort: »Naja, jetzt ist es zu spät sich darüber Gedanken zu machen. Wie soll es nun weitergehen?«
Hilflos zuckte Faith mit den Achseln. »Keine Ahnung. Ich werde hierbleiben, bis die Sache mit dem Sorgerecht geklärt ist, und dann sehen wir weiter.«
»Du willst also so weitermachen wie bisher?«
»Was bleibt mir denn anderes übrig? Ich habe Lucian versprochen, ihm zu helfen, und daran werde ich mich halten. Nach allem, was seine Exfrau den beiden angetan hat, will ich nicht, dass er Emily verliert …«
»… und du willst ihn nicht verlieren«, unterbrach Chelsie sie trocken.
»Ja«, gab Faith tonlos zu.
»Das wirst du aber vielleicht trotzdem irgendwann. Hast du jemals darüber nachgedacht, was passieren wird, wenn er sich in eine andere verliebt?«
Faith schluckte. »Mir ist schon bewusst, dass das nicht ewig so weitergeht.«
»Rede mit ihm und sag ihm, was los ist«, riet die Freundin pragmatisch. »Du musst das irgendwie klären, bevor die Situation weiter außer Kontrolle gerät.«
»Das kann ich nicht. Wir haben eine eindeutige Absprache, und nachdem ich letzte Nacht bereits so ins Fettnäpfchen getreten bin, werde ich mir nicht noch einmal so eine Blöße geben.«
Unterdessen fand zwischen Lucian und Maddison ein ähnliches Gespräch statt. Sie hatte ihren Bruder ein Stück von den anderen weggezogen, und während
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