Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

Titel: Auf Umwegen zum Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesca de Montagna
Vom Netzwerk:
nicht. Ich schluckte und hustete, das salzige Meerwasser war mir in Mund und Nase gedrungen. Wie ein Jojo tanzte ich mit meiner knallroten Schwimmweste auf den Wellen, mal rauf, dann wieder runter. Entsetzt und verzweifelt starrte ich in die tobenden Fluten. „Wo war mein Vater?“ Und dann endlich sah ich etwas, das nach ihm aussah. Schwer kämpfte er gegen die Wellen an, die ihn immer wieder unter sich begruben. Der Sturm tobte unaufhörlich weiter. Jählings schlug eine große Welle über mir zusammen, und ich schluckte eine Menge Wasser. Hilflos schnappte ich nach Luft. Verzweifelt strampelte ich mit den Beinen, um meinem Vater näher zu kommen. Dann war es geschafft. Sein Kopf tauchte neben mir auf. Immer wieder schlug das Wasser über uns zusammen, und wir wussten nicht, in welche Richtung wir schwimmen mussten. Von den Fischern weit und breit keine Spur. Der Leuchtturm wurde von dunklen Wolken und der Wassergischt vollkommen verhüllt. Einige Minuten später, mir erschien es damals wie Stunden, schallte ein Megaphon über das Donnergrollen hinweg und Rettungsringe flogen auf uns zu. Steif vor Kälte wurden wir an Bord des Seenot-Rettungsschiffes gehievt und gleich in warme Decken gehüllt. Bibbernd vor Kälte brachte man meinen Vater und mich zu dem einzigen Doktor auf der Insel. Der Arzt brummelte in seinen Bart: „Beide kerngesund - ein kräftiger Ostfriesentee hält Leib und Seele zusammen, für die Kleine mit einem Löffel Sanddorn und für den Vater mit einem tüchtigen Schuss Rum. Noch heute denke ich mit Schrecken an das Erlebte zurück.
    Bleierne Müdigkeit ließ mich zu guter Letzt wieder in einen unruhigen Schlaf sinken. Wirre, undeutliche Träume, in denen immer wieder Arnfried auftauchte, plagten mich. Dann wiederum vernahm ich ein Geräusch, das sich anhörte wie Wasser. Es gurgelte und gurgelte, stieg höher und immer höher. Es breitete sich im ganzen Haus aus. Ich glaubte zu ertrinken. Jäh sprang ich aus dem Bett, stieß mit dem dicken Zeh an den Bettpfosten, was höllisch wehtat, schrie auf - und dann erinnerte ich mich daran, wo ich war. Erleichtert lehnte ich mich zurück ins Kissen - es war nur ein Traum.
    Völlig unausgeschlafen, schweißnass und mit dunklen Rändern unter den verquollenen Augen zwang ich mich am nächsten Morgen dazu, rechtzeitig aufzustehen, um am Frühstück teilzunehmen. Die Gäste sollten nicht mitbekommen, wie es um mich stand. Mitleid war das Letzte, was ich brauchte. Ich betrat den sonnendurchfluteten Frühstücksraum. Es war niemand da. Duftender Kaffe, frischer Ostfriesen Tee, knuspriger Toast, Obstsäfte und verschiedene Sorten Frühstücksflocken warteten darauf, verspeist zu werden. Ich nahm nur etwas Obst. Ich hatte keinen Appetit. Nach einem kleinen Schwatz mit Hannes, dem Pensionswirt, trat ich in die frühmorgendliche Luft hinaus. Die letzten Spuren des Unwetters waren bereits verschwunden. Der Himmel war blankgeputzt, das Straßenpflaster von allen Sandkörnchen gesäubert. Die Sonne war durch die Wolken gebrochen. Und jetzt lag die Insel strahlend im hellen Sonnenschein vor mir. Ich bummelte am Deich entlang, hinunter zur Strandstraße, kaufte mir dort ein verlockend duftendes, frisches Krabbenbrötchen und machte mich auf den Weg zum Flughafen. Heute kam meine Freundin Tessa an. Sie hatte kurzerhand Urlaub eingereicht und als Grund eine dringende Familienangelegenheit angeführt.
    Genüsslich kauend achtete ich nicht auf die kreischenden und krächzenden Möwen, bis sie mich immer enger und enger umflatterten. Eine besonders dreiste Möwe ließ sich sogar kackfrech auf meinem Kopf nieder. Ich riss die Arme hoch, um sie zu verscheuchen und schon war’s geschehen. Eine andere dicke, fette und rotzfreche Möwe riss mir das Fischbrötchen aus der Hand und machte sich dann auf und davon. Lärmend flatterten die anderen Möwen hinter der Räuberin her, um ihr die Beute abzujagen.
    Ich konnte nur noch „Aua“ schreien. „Sind Sie verletzt?“ fragte ein Tourist, der das Schauspiel mit angesehen hatte. „Nein, nein, ich bin okay, ist nur eine kleine Schramme!“
    Am Flughafen informierte ich mich zuerst einmal über die Ankunftszeiten. „Oh je!“ noch zwei Stunden Zeit zum Totschlagen. Gemächlich schlenderte ich zurück zum Strand, kreuchte einer Düne hoch, suchte eine vom Wind geschützte Mulde, streckte mich aus, ließ mein Gesicht von der Sonne bescheinen und den wunderbaren, warmen weißen Sand durch die Finger rieseln. Süßes Nichtstun. Ich

Weitere Kostenlose Bücher