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Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

Titel: Auf Umwegen zum Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesca de Montagna
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Immer höher türmte der Wind sie auf. Ein gewaltiger Sturm braute sich zusammen. Die letzten, vom Wind zerzausten Pensionsgäste kehrten vom Strand zurück. Mit aller Kraft stemmten sie sich gegen den schneidenden Wind, der sie daran hindern wollte, so schnell als möglich ins Trockene zu gelangen.
    Eine halbe Stunde später hatte sich das Esszimmer gefüllt. Im Kamin loderte ein Feuer, aus dem ab und an ein Funkenregen aufstieg, wenn einer der Scheite zerbarst. Der Duft von Curry, Zimt und gebratenen Äpfel strömte durch die Pension. Aus der Küche erklang lautes Gelächter. Die Schwingtür öffnete sich, heraus stampfte Hannes, angetan mit einer weißen Schürze und einer Kapitänsmütze. Daher die Ausgelassenheit. Dampfend und heiß wurde das Essen serviert. Das Essen war, wie immer, sensationell. Hannes war lange Jahre Schiffskoch gewesen, daher die Kapitänsmütze. Nach seinem Abschied von der Seefahrerei hatte er mit seiner Frau die kleine Pension gekauft und beköstigte nun seine Gäste mit allerlei kulinarischen Genüssen aus der ganzen Welt. Die „Ah’s und „Oh’s nahmen gar kein Ende.
    Nach dem Abendessen zog ich mich in mein kleines Reich zurück, schloss die Tür und lehnte mich einen Augenblick dagegen. Ich war einfach nur müde und seelisch ausgepumpt. Mit schwerem Herzen ging ich zu Bett, konnte aber nicht einschlafen. Stunde um Stunde wälzte ich mich von einer Seite zur anderen.
    Die Angst vor der Einsamkeit schnürte mir die Luft ab. Ein unwillkürliches Schluchzen drang aus meiner Kehle. „Nein, ich muss stark sein!“, murmelte ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. „Warum nur, warum hatte er mir das angetan?“ Ich sah auf die Uhr. Schon nach Mitternacht. Endlich schlummerte ich ein, wurde jedoch unsanft von den klappernden Fensterläden aus dem Schlaf gerissen. Der Sturm heulte ums Haus herum, die aufgepeitschten Wellen klatschten mit ungeheuerlicher Wucht gegen den Deich. Poseidon, der Meeresgott, schien wütend zu sein. Er demonstrierte mit furchteinflößender Gewalt seine Macht. Beständig zuckten Blitze über den mit Wolken verhangenen Himmel. Ein schauerliches Naturereignis. Bibbernd zog ich meine Wolldecke über das Nachthemd und verfolgte durch das Erkerfenster mit den Augen das tosende Element. Es war ein Bild, das mich mit meiner Kindheit verband, so, als ob es erst gestern gewesen wäre.

Rückblick
    Es war kurz vor meinem fünften Geburtstag. Nächstes Jahr zu Ostern sollte ich eingeschult werden. Meine Eltern nahmen die Zeit wahr, noch einmal außerhalb der Schulferien mehrere Wochen auf der Insel Juist zu verbringen. Das Auto wurde gepackt und am nächsten Morgen ging es in aller Herrgottsfrühe los. Am Mittag machten wir auf einer Autobahn-Raststätte Halt, aßen eine Kleinigkeit und schon ging’s weiter. Am frühen Nachmittag erreichten wir Emden, suchten einen Parkplatz, schnappten unsere Koffer und spazierten zum Schiff. Autos sind auf Juist nämlich verboten.
    Kaum hatten wir unsere Pension erreicht, als ich auch schon quengelte und zum Hafen wollte. Zum Geburtstag hatte ich nämlich einen Wunsch frei. Tagelang hatte ich gegrübelt, was ich mir wünschen könnte. Und dann war es mir eingefallen. Bei einem Strandspaziergang hatte ich beobachtet, wie die Fischkutter in den Hafen einfuhren. „Papa, Mama, ich weiß jetzt, was ich mir wünsche!“ - „Na, dann lass mal hören!“ -„Ich“, hatte ich begeistert kundgetan, „ich möchte mit den Fischern zum Fischfang fahren!“ Meiner Mutter gefror das Lächeln im Gesicht. „Das ist viel zu gefährlich!“, hatte sie ausgerufen. „Och, Papa, bitte, Du hast gesagt, dass ich mir etwas wünschen darf!“ Nach einigen erregten Diskussionen zwischen meinen Eltern hatte meine Mama zugestimmt. Noch am gleichen Tag stiefelte mein Vater zu den Fischern und machte einen Turn aus, unter der Bedingung, dass es ziemlich „windstill“ sein sollte. Drei Tage lang hatte ich abends sehnsüchtig in den Himmel geschaut und gefragt: „Papi, wie wird das Wetter morgen?“ Am vierten Tag war dann endlich gegen Abend der ersehnte Telefonanruf gekommen: „Morgen fahren wir raus!“, hatte der Fischer angekündigt. „Pünktlich um vier Uhr in der Früh an der Mole!“ Meiner Mutter war das nach wie vor gar nicht recht gewesen. Was das Wasser anbetraf, war sie ein regelrechter Hasenfuß. Ihr geflügeltes Wort war: „Das Wasser hat keine Balken!“ Am Abend wurde dann sorgfältig der

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