Auf und davon
Strand.“
„Es geht nicht. Sie sehen uns doch.“
Die Frau stieg ins Auto und setzte sich
auf den Beifahrersitz. „Die Decke, Schatz“, rief sie ihrem Mann zu. „Du hast
die Decke vergessen. Oh — und meinen blauen Mantel. Ich glaube, ich habe ihn
oben gelassen... auf dem Bett.“
Der Mann ging ins Haus, und die Frau
vertiefte sich in eine Straßenkarte. Sie benutzte ein Vergrößerungsglas und
konzentrierte sich ganz auf die Karte.
„Was tut sie?“ fragte Nathan.
„Sie liest“, antwortete Julia mürrisch.
„Dann könnten wir jetzt rein“, sagte
Nathan. „Schnell, bevor er zurückkommt.“
Julia sagte nichts.
„Komm, Jule. Komm, wir versuchen es!“
Das war die Gelegenheit, und sie würden sie verpassen!
Trotz der Morgensonne fror Julia. Sie
hatte nicht gefrühstückt und auch am Tag zuvor nicht viel gegessen, so daß sie
obendrein noch Hunger hatte. Aber vor allem war sie müde. „Komm, Jule. Wollen
wir...?“
„Okay.“
„Super!“ Nathan griff nach Julias Hand
und zog sie hinter sich her über die Straße. Die Frau im Wagen studierte immer
noch die Karte.
Die Wohnwagentür war nicht
abgeschlossen. Nathan kletterte hinein und drehte sich dann um, um Julia zu
helfen. Er zerrte sie in den Wagen. Vorsichtig schloß er die Tür — fast
geräuschlos. Er schaute sich nach einem Versteck um. In der Mitte des Wohnwagens
stand ein Tisch mit blaugepolsterten Bänken auf beiden Seiten. Nathan
verschwand unter dem Tisch.
„Komm, Julia, beeil dich!“
Entsetzlich langsam kroch sie zu ihm.
Draußen waren Schritte zu hören. Die Wohnwagentür wurde geöffnet, und einen
schrecklichen Augenblick lang sah es so aus, als wolle der Mann einsteigen.
Doch er warf nur eine Decke und zwei Mäntel auf den Sitz neben der Tür. „Hoffentlich
fällt ihrer Hoheit nicht noch was ein“, murmelte er. Dann warf er die
Wohnwagentür zu, und sie hörten, wie ein Schlüssel im Schloß umgedreht wurde.
„Er hat uns eingeschlossen“, stellte
Julia fast unbeeindruckt fest.
„Ich weiß“, erwiderte Nathan
verzweifelt.
„Wie kommen wir dann wieder raus?“
„Keine Ahnung. Vielleicht durchs
Fenster.“
„Wie gehen die auf?“
Julia kroch aus ihrem unbequemen
Versteck, um sich die Fenster anzuschauen.
„Halt den Kopf unten, Doofkopf.“
„Nenn mich nicht so.“
„Okay, du bist nicht doof. Du bist
nicht doof, aber behalte den Kopf unten! Wir wollen nicht erwischt werden,
bevor wir überhaupt losgefahren sind.“
Julia verlor das Interesse an den
Fenstern. Sie kroch geduckt, damit Nathan nicht wieder einen Grund hatte, sie
anzuschnauzen, nach hinten und legte sich auf die Bank an der Rückwand des
Wohnwagens. Damit nahm sie wieder mal das beste Bett für sich in Anspruch. Sie
deckte sich mit der roten Wolldecke zu, die ihnen der Besitzer des Wohnwagens
freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte, und war fast augenblicklich
eingeschlafen. Der kleine Ruck, als der Wagen losfuhr, weckte sie für einen
kurzen Augenblick auf. Dann fiel sie in einen tiefen, herrlichen Schlaf.
Nathan blieb noch eine Weile auf dem
Boden sitzen. Er traute sich nicht, sich zu bewegen, aus Angst, der Wohnwagen
könnte umkippen, wenn er sein Gewicht verlagerte. Sein Blick war auf den warm
aussehenden Mantel des Mannes gerichtet, und schließlich wagte er es, langsam
und vorsichtig dahin zu kriechen. Der Wohnwagen fuhr ohne zu ruckeln weiter,
und Nathan zog den Mantel zum Tisch. Dann rollte er sich mit dem Mantel als
Decke auf einer der Bänke zusammen, und bald war auch er eingeschlafen.
Es war die fehlende Bewegung, die Nathan
und Julia Stunden später aufweckte. Nathan richtete sich vorsichtig auf, schob
den orangefarbenen Vorhang ein kleines Stück zur Seite und schaute aus dem
Fenster.
„Wo sind wir?“ fragte Julia noch ganz
verschlafen.
„Weiß nicht. Doch, auf einem Parkplatz.
Da drüben ist eine Art Café. Unser Mann und die Frau gehen rein. Wahrscheinlich
essen sie was. Ein Glück, daß sie nicht auf die Idee gekommen sind, im
Wohnwagen zu essen.“
Nathan beobachtete Julias Gesicht
ängstlich. Seit dem letzten Abend war sie ganz schön anstrengend gewesen. Aber
vielleicht ging es ihr jetzt, nachdem sie geschlafen hatte, ja wieder besser.
„Ich muß auf die Toilette“, sagte
Julia.
Jetzt, wo sie davon gesprochen hatte,
spürte Nathan dasselbe Bedürfnis. Das war schlecht, wo sie doch eingeschlossen
waren. Er öffnete die Schranktüren auf der Suche nach irgendeinem Ausweg aus
dieser mißlichen Lage —
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