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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Pferd. Hoch aufgerichtet, die Hand auf dem Griff des Degens, stieg er die herabgelassene Schiffstreppe hinan.
    Das Luftschiff, das bereits vor einer Stunde die Kommandierenden der Armeekorps in Königsberg, Breslau und Posen aufgehoben hatte, entfernte sich nach Westen –«
    Torm ließ die Blätter aus seiner Hand sinken.
    Das also war das Unglück vom dreißigsten Mai!
    Er nahm die Broschüre wieder auf, er blätterte weiter, er blickte auch in die übrigen Hefte.
    An demselben Tag waren die Festungswerke von Spandau durch die Martier zerstört, die Kriegsvorräte unbrauchbar gemacht worden. Man hatte die Fürsten nach Berlin geführt, die ganze Stadt wurde jetzt zerniert. Wo sich Truppen im Freien zeigten, erschienen alsbald die Elektromagnete der Martier und entrissen ihnen die Waffen. Nach drei Tagen waren alle größeren Waffenplätze außer Funktion gesetzt.
    Jetzt liefen die Nachrichten aus Wien, Paris, Rom ein. Die Martier waren überall in ähnlicher Weise vorgegangen. Zuerst hatten sie sich der Personen der Fürsten, Präsidenten und Minister bemächtigt. Man hatte den Kaiser von Österreich auf der Jagd, den König von Indien während eines großen Empfanges aufgehoben, der Präsident der französischen Republik spielte gerade mit dem Kriegsminister eine Partie Billard, als er in das Luftschiff der Martier eingeladen wurde. Die Kammer wurde im Palais Bourbon eingeschlossen, bis der Friedensvertrag unterzeichnet war. Die gefangenen Fürsten dankten zugunsten ihrer Thronerben ab, und die jungen Nachfolger konnten zuletzt nichts anderes tun, als in die Friedensbedingungen der Martier willigen, da ihre Armeen machtlos waren und ein längerer Widerstand nur zu einer Auflösung der staatlichen Ordnung geführt hätte.
    Rußland allein war vorläufig von einem Angriff der Martier verschont geblieben. Die Gründe dafür wußte man nicht, doch nahm man allgemein an, daß die Martier nur eine günstige Gelegenheit abwarteten, bis ihnen die Zustände in den westlichen Staaten mehr freie Hand ließen. Das Protektorat über die Erde blieb erklärt, war aber zunächst nur für die westlichen Staaten Europas durchgeführt. Hier wartete in jeder Hauptstadt ein Resident der Marsstaaten und ein Kultor seines Amtes. Zwar war die Freiheit der Verwaltung im Innern garantiert, doch tatsächlich war auch in bezug auf Gesetzgebung und Regierungsmaßregeln der Wille der Marsstaaten im letzten Grunde ausschlaggebend. Die allgemeine Entwaffnung bis auf eine Präsenzstärke von ein halb Promille der Bevölkerung war eine der Friedensbedingungen gewesen. Trotz allen Sträubens mußten die Fürsten sie annehmen, da es tatsächlich unmöglich gewesen wäre, den technischen Machtmitteln der Martier gegenüber ohne ihren Willen eine Truppe auszubilden.
    Eine Reihe von Vorteilen in volkswirtschaftlicher Beziehung wurde nun angebahnt. Produkte des Mars wurden eingeführt, neue Betriebsformen von Fabriken, vor allem die Herstellung künstlicher Nahrungsmittel. Die Landwirte wurden vorläufig damit beruhigt, daß ihnen aus den Fonds der Marsstaaten große unverzinsliche Darlehen gegeben wurden, um die Kosten der Umwandlung des Fruchtbetriebs in Maschinenbetrieb durch Sonnenstrahlung zu bestreiten. Ingenieure der Martier leiteten die Einrichtung der Strahlungsfelder, zu denen vorläufig nur unfruchtbarer Boden benutzt wurde. Alles dies aber waren bloß vorbereitende Schritte, die eigentlich mehr erziehen als wirtschaftlich nützen sollten. Die Ausbeutung der Sonnenenergie suchten die Martier auf den großen Wüsten und Steppen Asiens, Afrikas und Nordamerikas. Sie hatten deshalb mit Rußland und den Vereinigten Staaten neue Verhandlungen angeknüpft.
    Inzwischen erstrebten sie in Europa rein ideale Ziele. Kriegskostenentschädigung verlangte man nicht, die großen Summen, die für das Militär erspart wurden, kamen den Fortbildungsschulen zugute. Die Martier wollten die Menschheit für ihre höhere Auffassung der Kultur und Sittlichkeit erziehen, und dem sollte die Einsetzung der Kultoren, die Einrichtung obligatorischer Fortbildungsschulen dienen.
    Torm war zu abgespannt, um weiterzulesen. Er legte die Papiere beiseite. Ein einzelnes Blatt schob sich vor. Er sah alsbald, daß es ein Flugblatt sei, zu irgendeinem bestimmten Zweck verbreitet, und sein Blick richtete sich nur noch einmal darauf, weil er mit fetten Lettern die Worte gedruckt sah: »Glaubt nicht an ihren Edelmut«, »Die Mörder von Podgoritza«, »Aber auch sie sind sterblich«.

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