Aufbrach aus der nacht (Liebesromane) (Tagebücher der Dunkelheit: Band 3) (German Edition)
Scheichen.
Er lag falsch. Zoës Bibliothek bestand größtenteils aus Krimis. Viele der Bücher waren die gebundene Ausgabe, wo die Schutzumschläge entweder fehlten oder mit Plastikfolie geschützt, was sie als Bibliotheksbücher auswies. Einige davon kannte er, andere nicht: Christie, Anne Perry, Kellerman, Cornwell, J.D. Robb, selbst Hammett.
Aha. Mit Sam Spade als Nachtlektüre konnte er sie sich gut vorstellen.
Quent fielen auch die vielen doppelt oder dreifach vorhandenen Bücher auf und sah, dass diese – wie zu erwarten war – in unterschiedlich gutem Zustand waren. Mit Wasserflecken, angeschimmelt, zerfetzt, mit fehlenden oder unleserlichen Seiten. Verbrannt oder etwas verkohlt.
„Ein paar davon gehörten meiner Nanaa“, sagte Zoë, als sie mit ein paar leeren Tellern in der Hand hinter den leise klickernden Perlen wieder in Erscheinung trat. Eine Duftwolke von etwas, das köstlich roch, kam mit ihr ins Zimmer und Quent wurde dadurch daran erinnert, wie hungrig er eigentlich war. „Andere habe ich im Laufe der Jahre gefunden. Ich war scheißsauer, als ich einmal am Ende von einem anlangte und die letzten paar Kapitel dann komplett unlesbar waren. Ich habe drei Scheißmonate gebraucht, um eine weitere Ausgabe davon zu finden, also fange ich ein Buch jetzt erst an, wenn ich es mehr als nur einmal habe.“
Sie stellte die Teller auf den niedrigen Tisch und Quent war geistesgegenwärtig genug zu fragen, „soll ich dir bei irgendetwas helfen?“
Zoë schaute ihn an, so als ob sie versuchte sein Talent in der Küche – was, um ehrlich zu sein, Schrott war – einzuschätzen, und schüttelte den Kopf. „Ich brauche niemanden, der mir im Weg steht.“ Und verschwand mit einem Rascheln der Perlen wieder nach hinten.
Surreal. Das Ganze war mehr als surreal.
Hier, inmitten dieser Oase aus Wärme und Behaglichkeit, zusammen mit dieser spröden Frau mit dem dreckigen Mundwerk. Die jetzt doch tatsächlich im Hinterzimmer Abendessen kochte, als wäre es eine Dinnerparty. Und Marley Huvane, die mit einem Kristall in ihrer Schulter hier saß.
Diese Erinnerung ließ Quent mit voller Wucht wieder an all seine Wut und seine Enttäuschung denken und er drehte sich zu Marley.
„Die Frau ist ein echtes Teufelsweib“, sagte diese mit einem bewundernden Atemzug. „All das hier ganz alleine zusammengetragen und eingerichtet zu haben. Ich selber habe ja nicht einmal zwei Wochen in dieser Wildnis durchgehalten.“
Ob sie das nun als eine Überleitung zu dem Thema gemeint hatte, das Quent plagte, seit er sie wiedererkannt hatte, oder nicht – er beschloss es als solche aufzufassen. „Du bist schon seit zwei Wochen auf der Flucht vor den Fremden?“ Er versuchte den abfälligen Ton zu mildern, aber war sich nicht sicher, ob ihm das gelungen war.
So unvorstellbar es schon gewesen war sich vorzustellen, dass sein Vater – dieser verhasste, narzisstische Mann – ein Mitglied des Kult von Atlantis war, es überstieg seine Vorstellungskraft, dass Marley auch eine von ihnen sein sollte.
Aber sie streckte die Hand nach ihm aus, ihre Finger schlossen sich um seinen Arm, „Quent, ich weiß nicht, wie es kommt, dass du jetzt hier bist, und auch nicht, was du dabei alles hast durchmachen müssen, aber du musst verstehen. Ich wollte das nicht. Mein Vater hat mir nicht erzählt, was passieren würde. Er hat mir nur gesagt, dass wir uns in Sicherheit begeben, weil es einen Atomkrieg gab.“ Ihre Stimme wurde schwach und dünner und sie schaute zu ihm hoch, ihre Augen brannten vor Wut. „Als ich dann herausfand, was passiert war ... das war, als– warum ich weggerannt bin.“
Er stieß ein kurzes, hartes Lachen aus und löste sich aus ihrem Griff. „Fünfzig Jahre später hast du Position bezogen und bist weggerannt? Du hast ein scheißhalbes Jahrhundert gebraucht, um herauszufinden, dass dein Kult die gesamte Menschheit zerstört hat, damit sie ewig leben könnten? Fünfzig Jahre? Um festzustellen, es war ein Fehler?“
„Es ist nicht mein Kult!“, schrie sie. „Verdammt, Quent.“ Sie senkte die Stimme zwar, aber die Stimme zitterte ihr immer noch vor Wut. „Was denkst Du dir denn, wie ich mich gefühlt habe, als ich es schließlich herausfand? Ja, ich habe eine ziemliche Weile dafür gebraucht – fast dreißig Jahre, bevor ich herausfand, alles war eine Lüge. Alles war eine einzige Lüge. Und es hat dann noch viele Jahre gebraucht, bis ich meinen Verdacht auch
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