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Auferstehung 1. Band

Auferstehung 1. Band

Titel: Auferstehung 1. Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo N. Tolstoi
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betroffen. Sie war die Aelteste in dem Saale und hatte das Vorrecht, Schnaps zu verkaufen. In diesem Moment nähte sie am Fenster, indem sie die Nadel nach bäurischer Art mit drei Fingern ihrer starken, schwarzen Hand hielt.
    Neben ihr saß, ebenfalls mit Nähen beschäftigt, ein kleines, schwarzes Weib mit einer Stumpfnase und kleinen, schwarzen, unstät umherschweifenden Augen. Das war eine Eisenbahnwärterin, die man zu drei Monaten Gefängnis verurteilt hatte, weil sie in einer Nacht ihre Fahne nicht herausgesteckt und dadurch einen Unfall verursacht hatte.
    Das dritte Weib war die Fedosja oder Fenitschka, wie ihre Gefährtinnen sie nannten, ein ganz junges, rosiges und weißes Geschöpf mit hellen Kinderaugen und zwei langen blonden Flechten, die sie um ihren kleinen Kopf gewickelt trug. Sie saß im Gefängnis, weil sie versucht hatte, ihren Mann zu vergiften. Sie hatte das thatsächlich am Hochzeitsabende versucht, ohne recht zu wissen, warum. Sie zählte damals sechzehn Jahre, und der Mann, mit dem man sie verheiratet hatte, war ihr verhaßt. Doch in den acht Monaten, die ihrer Verurteilung vorangegangen waren, hatte sie sich nicht allein mit ihrem Manne ausgesöhnt, sondern sich sogar schließlich in ihn verliebt, so daß sie ihm zur Zeit ihrer Verurteilung mit Leib und Seele angehörte, was das Gericht jedoch nicht hinderte, sie trotz der Bitten ihres Mannes und ihrer Schwiegereltern, die während dieser acht Monate eine aufrichtige Zärtlichkeit zu ihr gefaßt hatten, schuldig zu sprechen. Gut, heiter und stets zu lächeln bereit, war diese Fedosja die Bettnachbarin der Maslow, hatte sich bald an sie angeschlossen und überschüttete sie mit Rücksichten und Aufmerksamkeiten.
    Zwei andere Weiber saßen nicht weit davon auf einem Bett. Die eine, die etwa vierzig Jahre zählte, war mager und blaß, zeigte aber immer noch einige Spuren früherer Schönheit. Sie hielt in ihren Armen ein kleines Kind, dem sie die Brust gab. Es war eine Bäuerin, die wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt ins Gefängnis gebracht worden war. Eines Tages war die Polizei in ihr Dorf gekommen, um einen ihrer Neffen auszuheben und zum Regiment zu überführen. Die Bauern, die diese Maßregelfür ungesetzlich hielten, hatten sich des Stanowojs bemächtigt und den jungen Mann befreit, und dieses Weib war zuerst dem Pferde, auf das man ihren Neffen gesetzt, in die Zügel gefallen. Das andere Weib, das neben ihr saß, war eine alte Bucklige, die schon graue Haare hatte. Sie spielte Haschen mit einem dicken Jungen von vier Jahren, einem rosigen, bausbäckigen Burschen, der unter lautem Lachen um sie herumlief und fortwährend wiederholte: »Kiß, Kiß, du kriegst mich doch nicht!«
    Dieses alte Weib war der Beihilfe bei einem Brande schuldig befunden worden, den ihr Sohn angelegt hatte. Sie ertrug ihre Einkerkerung mit größter Ergebung, und beunruhigte sich nur um ihren Sohn und vor allem um ihren Mann, der in ihrer Abwesenheit niemand hatte, der ihn säubern und ihm die Läuse abfangen konnte.
    Vier andere Frauen standen an dem zweiten Fenster und lehnten den Kopf an die Eisenstäbe; sie sprachen mit den über den Hof ziehenden Gefangenen, denselben, denen die Maslow kurz vorher im Eingangsflur des Gefängnisses begegnet war. Eins dieser Weiber, das wegen Diebstahls verurteilt worden, war eine große Rothaarige mit welkem Körper, mit gelbem, ganz mit Sommersprossen übersäetem Gesicht. Mit heiserer Stimme schrie sie durch das Fenster allerlei gemeine Worte. Neben ihr stand eine kleine brünette Frau, die mit ihrer langen Taille und ihren kurzen Beinen wie ein Mädchen von zehn Jahren aussah. Ihr Gesicht war rot und voller Flecken, mit großen, schwarzen Augen und dicken, aufgestülpten Lippen, die eine Reihe hervorstehender weißer Zähne zeigten. Sie lachte kreischend, während sie auf die Reden hörte, die ihre Nachbarin mit den Gefangenen im Hofe wechselte. Wegen ihrer auffallenden Häßlichkeit nannte man sie die Schönheit. Hinter ihr stand ein anderes Weib, eine magere, knochige Gestalt von jammervollem Aussehen, eine Unglückliche, die wegen Hehlerei verurteilt worden war; sie sprach kein Wort, sondern beschränkte sich nur manchmal darauf, mit zustimmender Miene zu den Gemeinheiten zu lächeln, die sie mitanhörte. Es war da noch eine vierte Gefangene, die wegen unerlaubten Branntweinverkaufs verurteilt worden war. Das war die Mutter des kleinen Jungen, der mit der Buckligen spielte, und außerdem gehörte ihr noch ein

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