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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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und vorher ist er doch über ein paar Stiegen und Gänge hinter dem Vergolder hergegangen.
    Jetzt ist er sich momentan vorgekommen wie in diesen Bildern, kennst du vielleicht, wo die Leute über eine Stiege hinaufgehen, immer hinauf, aber plötzlich sind sie wieder am Anfang, also, was es in Wirklichkeit nicht geben kann, weil sie ja dauernd hinaufgegangen sind, und plötzlich wieder unten. Da gibt es so einen Maler, das macht dich ganz nervös. Aber den Brenner hat es jetzt eher beruhigt, daß er den Vergolder bei dieser menschlichen Schwäche ertappt hat. Daß der ein Antiquitätenangeber gewesen ist und den Brenner durch das halbe Schloß geschleppt hat.
    Das Dienstmädchen hat aber jetzt gemerkt, daß er sich nicht mehr richtig auskennt, und die hat unwillkürlich ein bißchen lächeln müssen. Jetzt hat die einen lackierten Schneidezahn gehabt. So eine Neonfarbe hat die draufgehabt auf einem von den Schneidezähnen. Jetzt natürlich hat der Brenner die Clare Corrigan sofort erkannt.
    In Wahrheit hat sie Elfi Lohninger geheißen. Die Lehrerin Engljähringer hat ihm ja erzählt, daß sie die Schule abgebrochen hat. Und daß die Leute reden, daß sie ein «Nebenzu» vom Vergolder ist, das hat sie ihm auch erzählt. Aber daß die Clare jetzt beim Vergolder als Hausmädchen arbeitet, das hat sie ihm nicht erzählt.
    Sie hat ihm nur das Schulheft mitgegeben. Aber dann ist der Mandl aufgetaucht und hat den Brenner auf den Vergolder gehußt. Und jetzt ist das Heft in seinem Zimmer beim
Hirschenwirt
gelegen, und er ist noch gar nicht dazu gekommen, daß er es gelesen hätte.
     

9
    «6a Klasse» ist auf dem Heft draufgestanden. «Clare Corrigan». Aber der Name ist durchgestrichen gewesen, und mit einer anderen Schrift ist dann dagestanden: Lohninger Elfriede. Der letzte Aufsatz in dem Heft hat das Thema gehabt: Die Bedeutung unseres Stausees als Symbol der Republik.
    Man hat den Aufsatz aber fast nicht mehr lesen können, weil der ist über und über rot korrigiert gewesen. Und am Ende ist gestanden:
    «Nicht genügend!»
    Und das ist jetzt dieselbe Schrift gewesen, die das «Lohninger Elfriede» auf den Umschlag geschrieben hat, nämlich der Engljähringer ihre Schrift.
    «Thema verfehlt!» hat die Engljähringer noch hingeschrieben, aber für den Brenner ist es genau umgekehrt gewesen, für ihn ist natürlich das Thema genau richtig gewesen:
    «Ich möchte etwas über eine Firma schreiben, die eine wichtige Rolle beim Bau der Mauer gespielt hat.»
    So hat sie angefangen. Und gleich das erste Wort hat die Lehrerin Engljähringer rot unterwellt, das muß gewesen sein, weil man einen Aufsatz vielleicht nicht mit «Ich» anfängt, wie man es früher bei den Briefen gesagt hat. Aber den Brenner hat jetzt die rote Wellenlinie an die zerfurchte Stirnfalte vom Mandl erinnert, wie der den Brenner auf der Engljähringer ihrer Couch vorgefunden hat.
    «Es ist eine amerikanische Chemiefirma. Sie hat den österreichischen Firmen das nötige Know-how geliefert, um den hochwertigen Beton für die drei Staumauern herzustellen.»
    Die Lehrerin Engljähringer hat aber «Know-how» eingeklammert und «Fachwissen» darübergeschrieben.
    «Ich möchte darüber schreiben, was diese Firma vorher in Amerika gemacht hat. Vielleicht sollte ich schreiben, warum ich es weiß. Mein Vater hat damals die Tochter von dem Boß geheiratet. Ich stamme aber nicht aus dieser Ehe, sondern heimlich. Deshalb interessiert mich immer Heimliches mehr als das Offizielle, weil ich selber heimlich bin. Also schreibe ich lieber, was ich über die Firma weiß, weil über den Stausee, was soll man da sagen, außer daß er den Strom liefert.»
    «Viel zu lange Einleitung!!!» hat die Lehrerin Engljähringer an den Rand dieser Passage geschrieben. Und sonst hat die Seite auch vor roten Markierungen nur so gewimmelt. Der Brenner hat es jetzt gar nicht glauben wollen, daß das ein und dieselbe Hand gewesen ist. Daß das die mit durchsichtigen Sommersprossen bis zu den Fingernägeln übersäte Engljähringer-Hand gewesen ist, die dieses Massaker angerichtet hat. Und gleich drei Rufzeichen hingedonnert mit einem roten Kugelschreiber.
    «Mein Vater hat die Tochter vom Chef dieser amerikanischen Chemiefirma geheiratet. Ich glaube nicht, daß es etwas damit zu tun hatte, daß mein Vater Vergolder war und die Firma in Amerika Leuchtziffern herstellt. Aber paßt irgendwie, Gold und Leuchtziffern, finde ich, das eine glänzt am Tag, das andere in der Nacht. Und der Vater des

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