Auferstehung der Toten
Reim darauf machen können.
Wieso soll der Vergolder ihn in Schutz nehmen? Und wieso soll die
Pinzgauer Post
nicht darüber schreiben, daß die Polizei den Vergolder verdächtigt hat. Das müßte dem Vergolder doch nur eine Genugtuung sein. Und überhaupt, das ist ja nicht dem Brenner seine Idee gewesen, das ist ja dem Nemec sein Ding gewesen mit dem Verdacht auf den Vergolder.
Das letzte Stück, bevor du zum Vergolder hinaufkommst, geht es so steil, daß der Brenner ein paarmal stehengeblieben ist. 12. September, und in der Früh schon so warm, daß du gleich schwitzt.
Und der Brenner hat es überhaupt nicht gemocht, wenn er sich am Morgen anstrengen muß. Weil dem seine Zeit hat erst so richtig am Nachmittag angefangen. Zwei, drei Uhr, das ist dem Brenner seine Zeit gewesen. Aber jetzt, wie er auf dem Parkplatz vor dem Vergolder-Schloß ankommt, hat er auf die Uhr geschaut, und da ist es ihm momentan ein bißchen unheimlich vorgekommen. Weil sieben nach neun. Da ist es praktisch auf die Minute genau zwölf Stunden hergewesen, daß der Mandl im Wohnzimmer von der Engljähringer aufgetaucht ist.
Aber heute ist es nicht der Mandl gewesen, sondern der Brenner, der unangemeldet an einer Haustür läutet. Und, sagen wir, wenn sich der Mandl zwölf Stunden vorher gewundert hat, dann hat sich der Brenner jetzt auch nicht schlecht gewundert. Der hat es gar nicht ganz glauben wollen, daß der Vergolder selbst seine Haustür aufmacht.
Du mußt dir vorstellen, das hat ja ausgeschaut, prächtiger Herrschaftssitz, wenn da ein richtiger Butler in der Tür gestanden wäre, das hätte den Brenner noch weniger gewundert. Oder sagen wir, wenigstens ein Hausmädchen. Aber so, steht einfach der Vergolder selber da, blauer Jogginganzug, und sagt:
«Grüß Gott!»
«Ich hätte vielleicht vorher anrufen sollen», sagt der Brenner. Plötzlich hat ihn ein schlechtes Gewissen gepackt, weil der Vergolder so freundlich gewesen ist.
«Ich steh ja nicht im Telefonbuch», sagt der Vergolder. Und jetzt schaut er dem Brenner tief in die Augen. Weil der Vergolder, das ist so ein Typ gewesen, wie soll ich dir das jetzt erklären. Der hat einen gern angeschaut, daß du glaubst, jetzt kommt dem Vergolder seine tiefste Lebensweisheit. Und genau so hat er jetzt den Brenner fixiert, sagen wir, wie ein Jugendtrainer beim Fußball, der zu seinen Miniknaben sagt: «Und eines dürft ihr nie vergessen!»
Und nach ein paar Sekunden sagt der Vergolder:
«Ob Sie es glauben oder nicht. Zweihundertsiebzehn Schilling kostet das, damit du nicht im Telefonbuch stehst.»
Der Brenner hat momentan nicht gewußt, was er darauf sagen soll, aber da hat sich der Vergolder schon wieder halb umgedreht, und jetzt hat er ganz normal gesagt, also nicht so gütig, nicht mit diesem gütigen Blick wie ein Jugendtrainer, sondern ganz normal:
«Ehrlich gesagt, hab ich Ihren Besuch schon erwartet.»
Dem Brenner sind aber jetzt dem Vergolder seine Augen nicht mehr aus dem Sinn gegangen.
Dabei hat er schon als Polizist zweimal mit dem Vergolder zu tun gehabt, und eigentlich hat der Vergolder ausgesehen wie immer. Aber genau das ist es ja gewesen. Es war nicht etwas Fremdes, das den Brenner irritiert hat, sondern etwas Vertrautes in seinem Gesicht.
Vielleicht eine unmerkliche Ähnlichkeit mit seinem Neffen Lorenz. Aber wie soll das gehen, zwei unterschiedlichere Typen hast du dir ja fast nicht vorstellen können. Auf der einen Seite der Vergolder, der mit siebzig immer noch vor Kraft und Unternehmergeist gestrotzt hat. Seine schneeweißen Haare, sein braungebranntes Skilehrergesicht und seine zusammengekniffenen Millionärsaugen. Auf der anderen Seite der um eine Generation jüngere Lorenz mit seinen resignierten Greisenaugen.
Und dann das Haus. Wenn man zu so etwas überhaupt noch Haus sagen kann. Das Schloß eben, ein paar hundert Meter über dem See, und von hier aus hast du den ganzen Zeller See und die ganze Stadt gesehen.
Aber innen, wie soll ich sagen, bist du fast enttäuscht gewesen. Hättest du dir von außen mehr erwartet. Die haben das Schloß so hersaniert, daß du geglaubt hast, du bist in einer Buwog-Wohnung. Und vielleicht ist es dem Vergolder am Ende selber aufgefallen. Weil der Brenner hat jetzt gedacht, vielleicht hat er deshalb so viele alte Möbel hineingestopft, damit es vor lauter Sanieren nicht ausschaut wie in einer Buwog-Wohnung. Weil wohin er geschaut hat, hat der Brenner einen Haufen Antikmöbel gesehen.
Und wie ihn der Vergolder weiter in das
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