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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Staumauer, einen hochwertigen Beton natürlich, und wo nehmen die Zeller gleich nach dem Krieg einen hochwertigen Beton her. Jetzt haben die Amerikaner den Zellern ein bißchen unter die Arme gegriffen. Aber das ist schon mehr der junge Parson gewesen, der das aufgezogen hat. Nicht weit von der Stelle entfernt, wo man ihn dann fünfzig Jahre später im Schilift gefunden hat.
    Der Brenner hat das Gekritzel ein paarmal lesen müssen, bis er es sich nach und nach zusammenreimen kann. Und am längsten hat er für die letzten paar Sätze gebraucht. Weil die Clare hat nämlich ihr Schularbeitenheft buchstäblich ausgeschrieben, also voll bis auf die letzte Seite. Und dann ist sie aber immer noch nicht zu Ende gewesen. Jetzt hat sie den Schluß auf die Innenseite vom Umschlag geschrieben. Der Umschlag ist aber blau, jetzt hat die blau auf blau geschrieben:
    «Parson expandierte nach Europa. Und Riesenauftrag in Zell, wo schon im Krieg Hunderte Kriegsgefangene am Stausee bauten (starben). Und jetzt schickten die Amerikaner ihre eigenen Kriegsgefangenen hinauf (Einheimische), auch reihenweise gestorben. Und 1951 das Symbol der Republik endlich fertig.»
    Der Brenner hat noch ein paar Minuten zum See hinuntergestarrt, aber dann – auf einmal ist ihm das Zimmer zu eng geworden. Zieht er die Schuhe an und will zum See hinuntergehen. Aber wie er auf der Straße unten ist, geht er in die entgegengesetzte Richtung. Nicht zum See hinunter, sondern die Dreifaltigkeitsgasse hinauf. Und natürlich am Ende der Dreifaltigkeitsgasse liegt das
Cafe Feinschmeck.
    Aber interessant. Jemand muß zum Spaß den Türgriff des
Feinschmeck
unter Strom gesetzt haben. Also nicht, daß du mich jetzt falsch verstehst. Da hat der Brenner die
Feinschmeck-
Tür gerade erst einen Spaltbreit offen gehabt, sieht er sofort den Nemec da sitzen. Natürlich Elektroschock. Natürlich sofort Tür zu. Aber interessant! Durch den Schock sind seine Muskeln außer Kontrolle. Braucht er ein paar Sekunden, bis die tonnenschwere Glastür endlich zu ist.
    Vielleicht ist es aber auch nur am hydraulischen Türschließer gelegen, der das Türenknallen verhindert. So wird es gewesen sein. Damit hat sich der Brenner jetzt beschäftigt, wie er die Dreifaltigkeitsgasse wieder hinuntergegangen ist. Weil er hat nicht darüber nachdenken wollen, was der Nemec auf einmal wieder in Zell zu suchen hat. Und er hat nicht wissen wollen, wieso ihn der Nemec vorher angerufen hat. Weil der Brenner ist sich jetzt auf einmal ganz sicher gewesen, daß das nur der Nemec gewesen sein kann. Wer sonst läßt das Telefon bis zum Gehtnichtmehr klingeln.
    Aber ewig hat er nicht über hydraulische Türschließer und Telefonklingeln nachdenken können. Jetzt – eine andere Ablenkung muß her. Der Brenner kauft sich die
Pinzgauer Post
und geht damit zum See hinunter. Aber statt daß er die Zeitung liest, tut er ganz etwas anderes. Weil in dem Moment, wenn du einen Schock hast, bist du oft zu Dingen fähig, zu denen du sonst nicht fähig bist. Jetzt hat der Brenner sich blitzartig für die
Walther
entschieden und sich auf den Weg zum jungen Perterer gemacht.
    Aber du darfst eines nicht vergessen. So ein Zauderer der Brenner auch gewesen ist, der hat auch noch einen anderen Grund gehabt, wieso er sich seit Monaten für keine Pistole entscheiden kann. Der alte Perterer hat sich ja nicht einmal zwei Monate vor der Liftgeschichte erschossen. Da hat sich der Brenner im Waffengeschäft jedesmal gedacht: Schadet vielleicht nichts, wenn ich mich noch einmal ein bißchen mit dem jungen Perterer unterhalte.
    «Ist es also doch noch die
Walther
geworden», lächelt der junge Perterer. Aber da hat man gesehen, daß der noch nicht lange Kaufmann gewesen ist. Weil jetzt, wo sich der Brenner endlich entschieden hat, sagt der junge Perterer:
    «Obwohl die
Glock
natürlich auch ihre Vorteile hat.»
    «Ja, die
Glock,
fast wäre es die
Glock
geworden.»
    «Alles Kunststoff. Kein Rost, kein Dreck, kein gar nichts. Und wenn du sie ins Wasser wirfst, geht sie immer noch.»
    «Oder in den Schnee.»
    «Die amerikanische Polizei weiß schon, wieso sie die
Glock
hat.»
    «Die Polizei weiß auch nicht alles.»
    «Nein, besonders unsere», lacht der junge Perterer, weil das ist so ein Typ gewesen, wenn den was amüsiert hat, dann hat es ihn gleich geschüttelt vor, Lachen. Aber dann hat er gleich wieder ganz ernst weitergeredet:
    «Eines würde mich schon interessieren. Was macht eigentlich die Polizei in so einem Fall mit den

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