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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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daß du geglaubt hast, todmüde. Er hat Tausende ganz feine Fältchen um die Augen gehabt, praktisch «Krähenfüße» heißt das. Das kennst du vielleicht. von den Bergsteigern, wenn sie älter werden, oder von den alten Raucherinnen, die haben da gern so eine Oberlippenziehharmonika. Und da streicht er in einer Tour über seine Lider, daß du hättest glauben können, er will sich seine Faltenziehharmonika glattbügeln.
    «Ich habe sie mir vor zwei Monaten operieren lassen. Wunderbare Sache. Seither brauch ich keine Brille mehr. Aber beim Schifahren soll es furchtbar blenden.»
    «Sie haben immer schon gewußt, daß der Lorenz die Drohbriefe geschrieben hat. Schöne Grüße von der Heidnischen Kirche», sagt der Brenner.
    «Sei mir nicht böse, Brenner», sagt der Vergolder. Der ist es nämlich gewohnt gewesen, daß er zu jedem du sagen kann. Der Liftkaiser von Zell, der hat da nicht lange gefragt, darf ich du zu dir sagen.
    «Das ist für keinen ein Geheimnis, was du da lüftest, Brenner», sagt der Vergolder, «das haben in Zell vom ersten Augenblick an alle gewußt. Daß so was nur meinem Lorenz einfallen kann.»
    «Und Sie haben dafür gesorgt, daß es unter den Teppich gekehrt wird», sagt der Brenner.
    «Was heißt Teppich», sagt der Vergolder. «Was soll ich denn machen? Werden uns ja die Touristen nervös. Mit der Staumauer über den Köpfen.»
    «Also hat der Lorenz seine Drohung untermauern müssen. Mit ein paar Leichen im Schilift», sagt der Brenner.
    «Genau so wäre es hingedreht worden. Von Dummköpfen wie dir, Brenner. Nur daß der Lorenz auf dieser Erde der allerletzte ist, der einen Menschen umbringen könnte. Der hört ja das Gras schreien, wenn man es mäht. Wenn der einen Mord begeht, bin ich freiwillig die Leiche!»
    «Dann hätte er Ihr falsches Alibi ja gar nicht gebraucht. Das Sie ihm verschafft haben, indem er Ihnen ein Alibi geben hat müssen. Und Sie hätten ihn auch nicht so eilig aus der Nervenklinik holen brauchen, damit er mir nicht was Falsches erzählt. Und Sie hätten sich auch nicht bei der
Pinzgauer Post
einsetzen müssen, daß die Zeitung die ganze Sache schnell vergißt. Wenn Sie so überzeugt von seiner Unschuld sind.»
    Der Vergolder stellt seine halbleere Teetasse auf das Silbertablett zurück und gießt sich frischen Tee ein. Dann schaut er vorwurfsvoll die volle Tasse vom Brenner an. Und dann schaut er den Brenner an, so wie vielleicht ein Jugendtrainer einen achtjährigen Stürmer anschaut, dem er vor dem Spiel Mut einimpfen will, und sagt:
    «Warum setzt du dich nicht?»
    «Ich stehe lieber», sagt der Brenner.
    «Hast du Angst vor dem Sitzen?» sagt der Vergolder. «Hast du Angst davor, daß du aus deiner Buwog-Wohnung ausziehen mußt?»
    «Sie wissen ja allerhand über mich», sagt der Brenner.
    «Zum Beispiel, daß du mir den Mord an meinen Schwiegereltern hast anhängen wollen. Wenn da nicht der Nemec gewesen wäre. Hättest du mich womöglich noch ins Gefängnis gebracht.»
    Das ist natürlich Unsinn gewesen. Es war ja der Nemec, der den Vergolder hat eintunken wollen. Und der Nemec ist es ja auch gewesen, der dem Brenner die Ermittlungen befohlen hat, damals.
    Und erst wie nichts herausgekommen ist, hat es der Nemec auf den Brenner geschoben. Aber da ist das dem Brenner schon egal gewesen. Es ist dann nur noch der letzte Tropfen gewesen. Daß er sich gesagt hat, das hat keinen Sinn mehr, und daß er ihnen die Dienstmarke hingeschmissen hat. Obwohl, ich muß immer wieder sagen, wenn heute einer 44 ist, Hut ab vor so einem Dings.
    Und das mit der Buwog-Wohnung. Da hat sich der Brenner jetzt wieder gedacht, vielleicht gibt es da eine Möglichkeit, daß sein Schulkollege Schwaighofer ihm ein oder zwei Jahre Aufschub herausschindet.
    «Sie wissen ja gar nicht alles so genau, wie ich geglaubt habe», sagt der Brenner.
    «Sie wissen ja nicht einmal, daß der Lorenz gar kein Alibi von Ihnen braucht, weil er auch so eines hat! Der Lorenz glaubt ja, er muß Ihretwegen lügen.»
    «Um so besser», sagt der Vergolder.
    «Sagen Sie doch endlich die Wahrheit. Es ist ja alles ein riesiges Mißverständnis. Der Lorenz glaubt, er muß Sie schützen, und Sie glauben, Sie müssen den Lorenz schützen.»
    «Um so besser für mich und den Lorenz», sagt der Vergolder.
    Aber dann hat er schnell nach dem Dienstmädchen geläutet. Sie hat den Gast hinausbegleitet, und da hat sich der Brenner überhaupt nicht mehr ausgekannt, weil es sind nur ein paar Schritte bis zur Haustür gewesen,

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