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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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hätte, hätte mich kein Mensch wiedererkannt. Das Vergessen ist eine Gnade, müssen Sie wissen. Und diese Gnade hat der liebe Gott den Zellern im Übermaß erwiesen.»
    «Und Ihr eigener Bruder? Sie sind ihm doch begegnet?»
    «Wie gesagt: eine Gnade.»
    «Aber Sie haben keine Gnade gekannt. Ihr Heimattheater, das haben Sie nicht im Theater aufgeführt.»
    «Sondern in der Heimat», sagt die Schwester vom Vergolder, als würde sie das Normalste auf der Welt sagen.
    «Und mit richtigen Menschen haben Sie es aufgeführt. Der Lorenz und die Clare und der Andi sind Ihre Marionetten gewesen. Die haben gar nicht gemerkt, daß Sie das Heimattheater schon längst mit ihnen aufführen. Daß Sie nur ein paar nützliche Idioten gebraucht haben, die sich leicht gegen den Vergolder aufhetzen lassen.»
    «Zuerst wollte ich ihn ja nur ein bißchen ärgern. Gab ich Elfi das Buch über die Leuchtziffern zu lesen. Sehr interessant. Sie identifizierte sich dann sehr stark mit der verstorbenen Ziffernmalerin Clare Corrigan. Und dann die Idee mit dem Heimattheater. Lorenz und Andi waren ganz wild darauf, es dem Vergolder zu zeigen.»
    «Im Theater. Nur daß Sie sich ganz wirklich an den Schwiegervater des Vergolders herangemacht haben.»
    «Nein, nein, der Amerikaner hat sich schon an mich herangemacht.»
    Der Brenner hat nicht verstanden, wieso es ausgerechnet jetzt bei ihm scheppert, also das mußt du dir vorstellen wie einen Geldautomaten, der alle Münzen auf einmal ausspuckt. Wie sein Hirn jetzt auf einen Schlag all die Erklärungen ausspuckt, hinter denen er ein Dreivierteljahr umsonst hergewesen ist. Aber das ist wieder typisch für mich, hat sich der Brenner gedacht. Jetzt, wo es zu spät ist, wo mir die Augen von der Handlosen sowieso alles gesagt haben, jetzt fallen mir erst die Dinge auf, die jedem anderen schon viel früher aufgefallen wären.
    Aber da ist er ungerecht zu sich selber gewesen. Weil wer weiß, ob ihm das mit den Augen aufgefallen wäre, wenn er nicht die anderen Dinge schon irgendwo im Hinterkopf gehabt hätte. Und er sagt jetzt zu der Handlosen:
    «Ich hab mir schon einmal gedacht: Die Ferngläser, die der Amerikaner beim jungen Perterer gekauft hat, können nicht die ganze Überraschung zum sechzigsten Hochzeitstag gewesen sein. Und schon früher hab ich mir einmal gedacht, das gibt es doch nicht, die müssen freiwillig in den Lift gestiegen sein.»
    Aber in so einem Dreivierteljahr, da denkst du dir natürlich viel. Und er ist sich jetzt selber nicht sicher gewesen, ob er sich das mit dem Vormachen auch schon einmal gedacht hat. Ihm ist vorgekommen, als wäre es ihm schon die ganze Zeit im Kopf umgegangen. Er hat ja gewußt, daß sich die Amerikaner beim Schifahren kennengelernt haben. Jetzt hat er es sich natürlich ganz leicht zusammenreimen können:
    «Der Amerikaner kauft die Ferngläser, weil er seiner Frau zum Hochzeitstag ein nächtliches Vormachen im Schilift schenken will. Er beauftragt Sie, das Schauspiel mit Ihrer verhinderten Heimattheatergruppe aufzuführen. Und damit die beiden im Einzelsessellift nebeneinander sitzen können, steigt sie bei der Bergstation und er bei der Talstation unten ein, damit sie sich in der Mitte treffen. Nur daß dann Sie mit Ihrer Vormachtruppe nicht aufgetaucht sind. Sondern die beiden Achtzigjährigen in ihren Logenplätzen zwanzig Meter in der Luft einfach sitzengelassen haben.»
    Aber die Handlose jetzt ganz bestimmt:
    «Lorenz, Clare und Andi haben gar nichts getan. Ich redete dem Amerikaner doch ein, daß das die größte Show sei, wenn seine Frau mit dem Lift herabfährt, und durch das Fernglas erblickt sie ihn, wie er auf sie zufährt. Und in dem Moment, wo sie auf einer Höhe sind, bleibt der Lift stehen. Wie von Geisterhand.»
    «Und dann ist er gestanden, der Lift. Und eigentlich haben dann auch Sie gar nichts getan.»
    «Gar nichts», lächelt die Handlose.
    Jetzt Ende September fast 30 Grad. Ist dem Brenner momentan ein bißchen kalt geworden. Hat es ihm momentan die Frage verschlagen, wieso ausgerechnet die Amerikaner zum Handkuß gekommen sind. Wieso nicht der verhaßte Bruder selbst? Aber es gibt Momente, da fallen dir Dinge ein, da fällt dir sonst oft in Wochen und Monaten nicht so viel ein wie in diesen Momenten. Und der Brenner sagt jetzt:
    «Die Amerikaner sind doch deshalb so begeistert von diesem Vormachen gewesen, weil ihnen das damals nach dem Krieg bei der Hochzeit ihrer Tochter mit dem Vergolder so gefallen hat. Sie haben mir doch erzählt,

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