Auferstehung
Mutter und Kind nach wie vor
verband. Lächelnd winkte es mit einem winzigen, runzligen Arm. Das Ding, das in
dem Säugling hauste, versuchte zu sprechen, doch die Laute waren
unverständlich. Die Stimme klang tief, kehlig und alt.
»Schenk deiner Tochter eine
Umarmung«, forderte Carrie ihn schrill auf.
Das Zombiebaby sprang zu Boden.
Feuchte Gewebefäden fielen hinterher. Die herabbaumelnde Nabelschnur
schlingerte wie eine Hundeleine hinter dem Ding her, als es auf ihn
zukrabbelte.
»Wir haben ein Mädchen, Liebling«, krächzte die
Carrie-Kreatur. »Bist du nicht glücklich? Unsere Kleine ist sooooo HUNGRIG!«
»Schatz«,
flehte er, »bitte tu das nicht. Ich muss zu Danny. Er lebt!«
»Nicht mehr lange« spottete
Carrie. »Es wartet schon jemand darauf, seinen Platz einzunehmen.
Deinen übrigens auch.«
Das Baby krabbelte über das
feuchte Gras. Das, was sein Atem zu sein schien, ging in erwartungsvollen
Stößen, als es sich näherte.
»Pa... Pa... Pa...«
Der höhnische, kehlige Singsang
lähmte ihn. Jedes halb geformte Wort hörte sich wie ein Rülpsen an. Der
Säugling stolperte über die Überreste der Nabelschnur. Schließlich riss er sich
das ranzige Gewebe vom Bauch und überwand den Abstand zwischen sich und Jim.
Kleine, verwesende Finger
streiften die Sohlen seines Stiefels. Eine winzige Hand umklammerte seinen
Knöchel.
Kreischend eröffnete Jim das
Feuer. Die Schüsse hämmerten in das Baby und schleuderten es zurück. Jims
Schreie gingen in dem Kugelhagel unter.
Der Säugling rührte sich nicht
mehr, trotzdem feuerte Jim weiter.
Rasend vor Zorn stürzte Carrie auf
ihn zu. Hass verzerrte ihre verfallenden Züge. Sie spie ihm Unflätigkeiten
entgegen und drohte ihm mit tausenderlei Folter.
Jim schrie weiter.
Rauch quoll aus dem Lauf, als die
Waffe in seinen Händen heiß wurde. Der zehnte Schuss traf Carrie in die Stirn
und sandte sie zu Boden. Jims Finger krümmte sich immer wieder, selbst als die
Waffe bereits leer klickte.
Sein Mund stand nach wie vor
offen, doch seiner Kehle entrang sich nur ein leises, klägliches Winseln.
Als weitere der Kreaturen aus dem
Haus strömten, sprang Jim auf die Beine. Er schob ein drittes Magazin in die
Ruger und eröffnete erneut das Feuer, zielte mit jedem Schuss automatisch auf
die Köpfe.
Seine Schritte klatschten über
Asphalt, als er auf die Straße rannte.
Er flüchtete vom Haus, von der
Nachbarschaft, seiner Frau, seiner ungeborenen Tochter und seinem Leben — und
verschwand in die Dunkelheit, gefolgt von einer Spur seiner Tränen.
Seine gequälten Schreie hallten
durch die verwaisten Straßen von Lewisburg, West Virginia. Es gab kein lebendes
Wesen mehr, das sie hörte.
Eine Stunde später, als er die
Straße entlangwankte, wichen seine Furcht und Verzweiflung Krämpfen. Erschöpft
stürzte er eine Böschung hinunter und sah nichts mehr.
Kalt, nass und elend erwachte er
in einem Abflusskanal — doch er war nicht allein. Die Nacht war erfüllt von den
Geräuschen der Toten. Er wischte sich den Regen von der Stirn und schauderte,
als ein grässliches, schnatterndes Lachen über die Hügel schallte.
Nach einigen Minuten verhallte es,
doch die Stille, die zurückblieb, fühlte sich genauso schrecklich an.
Er lag in der Dunkelheit.
Gewitterwolken verhüllten den Mond. Er entschied, hier draußen auf offenem
Gelände kein Streichholz anzuzünden oder die Taschenlampe einzuschalten.
Stattdessen wischte er mit dem Daumen Wasser vom Glas seiner Armbanduhr und
kniff die Augen zusammen. Drei Uhr morgens.
Er hatte auf dem Bauch hegend das
Bewusstsein verloren. Das schlammige Wasser, das durch den Kanal rann, hatte
seine Jeans und sein Hemd durchtränkt. Er tastete in der Finsternis nach der
Pistole und fand sie auf der Böschung neben dem Kanal.
Sein Rucksack war größtenteils
trocken geblieben. Vorsichtig kroch er aus dem Bach und ließ den Rucksack von
seinen schmerzenden Schultern gleiten. Etwas darin klirrte. Er durchsuchte den
Inhalt und schnitt sich den Finger an einer spitzen Keramikscherbe.
Der Kaffeebecher, den er
nachträglich eingepackt hatte, war zerbrochen. Der Becher, den Danny ihm zum
Vatertag geschenkt hatte. Unwillkürlich hatte er Dannys Stimme im Ohr, voller
Vertrauen, Unschuld — und Grauen.
Stöhnend und von Übelkeit erfüllt,
rappelte er sich auf. Seine Knie knackten. Er erstarrte und wartete, ob er die
Aufmerksamkeit von irgendetwas erregt hatte, das in der Nacht lauerte.
Vorsichtig begann er, zur
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