Auferstehung
er die Chance, es zu bleiben. Wir können es nur schaffen, wenn wir
zusammenhalten.«
»Vergiss du nur dein Versprechen
nicht«, warnte Eddie sie. »Ich habe euch beiden aus der Stadt geholfen, und
dafür darf ich heute Nacht mit dir schlafen.«
»Ein Versprechen ist ein
Versprechen.« Frankie wandte sich ab.
Seine verschwitzte Hand löste sich
vom Lenkrad und begann, ihre Brust zu betatschen. Frankies Nippel versteifte
sich - nicht vor Erregung, sondern vor Ekel. Die Nüchternheit einer
Professionellen übernahm das Kommando. Das war ihre Begabung, das Einzige,
worin sie gut war. Während
Eddie grinste und irrtümlich
glaubte, seine derben Annäherungsversuche machten sie an, war Frankie bei der
Arbeit. Sie tat, was sie immer tat, wenn sie Freier hatte: Sie verließ ihren Körper
und ließ ihren Verstand an einen anderen Ort wandern. Vor der Auferstehung war
jener Ort ein Tagtraum von der süßen Vergessenheit gewesen, den der nächste
Schuss verhieß.
Nun dachte sie über ihr Baby nach.
Sie fragte sich, was für eine
Mutter sie geworden wäre, wenn sie nicht süchtig geworden wäre, das College
beendet und geheiratet hätte. Wäre sie eine gute Mutter geworden?
Sie wollte es gern glauben.
»Schau mal da.« Eddie deutete
durch die Windschutzscheibe. »Opossumburger.«
Ein fettes Opossum, dessen
hinteres Ende von einem vorherigen Fahrzeug geplättet worden war, kroch
unsagbar langsam über die Autobahn. Müßig überlegte Frankie, ob es gestorben
war, bevor oder nachdem man es überfahren hatte.
Eddie steuerte direkt darauf zu.
Ein Übelkeit erregendes Poltern ertönte, als die Reifen die vordere Hälfte
überrollten. Der Wagen holperte kurz und fuhr weiter.
»Zehn Punkte!«, rief Eddie
vergnügt und ging dazu über, linkisch Frankies Oberschenkel zu kneten.
»Grau«, meldete der Bunte John sich
zu Wort. »Das Opossum war grau!«
Eddie lachte. »Jetzt ist es rot!«
Der Bunte John wirbelte auf dem
Sitz herum und schaute durch das Rückfenster, um Eddies Erklärung zu
überprüfen.
»Grau und schwarz.«
Frankie schloss die Augen. In
ihren Schläfen begannen sich Kopfschmerzen zu regen, und die Luft im Wagen
fühlte sich trotz der offenen Fenster heiß und drückend schwül an. Der
Bunte John stank nach Fuß- und
Achselschweiß, Eddie roch nach billigem Rasierwasser. (Er hatte unmittelbar,
nachdem er sie aufgelesen hatte, eine Flasche aus dem Handschuhfach geholt und sich
damit besprenkelt.)
Frankie fragte sich, ob
Verzweiflung und Sinnlosigkeit einen Geruch besaßen, und wenn ja, ob es im
Wagen genau danach moderte.
Nach Trolls Opfer und ihrer Flucht
aus der Kanalisation war der erste lebende Mensch, dem sie begegnet war, James
gewesen. In seinem früheren Leben war er Fotograf für die Baltimore Sun
gewesen, und er trug immer noch die Kamera um den Hals.
Frankie war von mehreren Zombies
verfolgt worden, die James nacheinander vom Dach eines baufälligen
Siedlungsgebäudes aus abgeknallt hatte.
Sie hatte erwartet, dass er als
Gegenleistung für die Rettung ihres Lebens Sex fordern würde, und sie war
angenehm überrascht gewesen, als er keine Anstalten in diese Richtung erkennen
ließ. Stattdessen schlug er vor, dass sie gemeinsam aus der Stadt verschwinden
sollten, da Gruppen die Sicherheit erhöhten. Frankie hatte nur allzu gern
eingewilligt, und so hatten sie sich zusammen einen Weg um den Hafen gebahnt.
Als sie am National Aquarium
ankamen, waren sie dem Bunten John begegnet, und Frankie war überglücklich
gewesen. Den Obdachlosen hatte sie schon gekannt, bevor die Toten sich zu
erheben begannen. Er hatte schon seit langem für Belustigung unter dem
Gossenvolk Baltimores gesorgt. Das Leben konnte nicht schlimmer werden, weil
man zehn Schwänze pro Nacht lutschte, um genug Geld zusammenzukratzen, nur
damit man in einem verlassenen Lagerhaus
schlafen konnte und sich am
nächsten Tag alles wiederholen würde? Es konnte durchaus schlimmer sein. Man
konnte der Bunte John sein.
Angeblich war er früher
Schauspieler gewesen, überwiegend in wenig besuchten Stücken abseits des
Broadways, und er hatte mehr als reichlich Kokain genossen. Als die Sucht zum
unvermeidlichen Schneesturm führte, hatte er in einer Produktion von Joseph
and the Amazing Technicolor Dreamcoat mitgewirkt. Er endete auf der Straße
- gebrochen, schneeblind und nur mit seinem Mantel als letzter Erinnerung an
sein früheres Leben.
Der Bunte John verbrachte seine
Tage damit, vor dem World Trade Center von Baltimore um Geld zu
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