Aufgedirndlt
schmutziger Phantasien rückte. Aber zumindest der Rechtsmediziner blieb sachlich und sagte jetzt: »Ich sehe das genauso, Frau Loop. Beim Geschlechtsakt im Freien besteht – ganz gleich, ob es sich um einen freiwilligen oder erzwungenen handelt – situationsbedingt immer eine latente Entdeckungsgefahr. Und die führt zu Hast, welche wiederum zur mangelnden Produktion von Scheidenflüssigkeit respektive zu Rissen führen kann.«
»Und da das Ganze vermutlich nachts stattgefunden hat, war es obendrein auch noch kalt«, fügte Anne hinzu.
»Auch das befördert nicht gerade die Produktion von Scheidenflüssigkeit«, bestätigte der Arzt.
»Gut, dann haben mir jetzt die Sexfragen geklärt«, schaltete sich nun völlig unerwartet Nonnenmacher wieder in das Gespräch ein. »Gibt’s sonst noch Erkenntnisse, die für unsere Ermittlungen wichtig sind?«
»Sieht man von den Rissen in der Scheide ab, konnten wir keine Hinweise auf eine etwaige Gewalteinwirkung finden. Keine Schnitte, keine Hämatome«, fuhr der Rechtsmediziner leicht genervt fort.
»Und die Abschürfungen am Rücken?«, wollte Schönwetter wissen.
»… lassen sich durch das Herausziehen erklären. Der Zeuge hat doch ausgesagt, er habe die Tote aus dem Wasser gezogen. Ich habe die Spuren im Kies selbst gesehen. Für mich ergibt das ein stimmiges Bild«, erklärte der Arzt. Er reichte Fotos herum, auf denen der Rücken der Frauenleiche mit den Abschürfungen zu sehen war, sowie Bilder der Schleifspuren.
»Gut, also keine Gewalteinwirkung. Woran ist sie dann gestorben?«, fragte Schönwetter sehr direkt, woraufhin der Kollege von der Rechtsmedizin verlegen mit den Schultern zuckte. »So weit sind wir noch nicht. Tut mir leid. Ich kann eine erste Prognose abgeben, aber für alles andere bitte ich darum, die endgültigen Ergebnisse der Obduktion und die Laborwerte abzuwarten.«
»Und die Prognose wäre?«, erkundigte sich Schönwetter.
Der Arzt sah zum Leiter der Polizeidienststelle der Seegemeinden. »Ich fürchte, dass Sie nicht recht damit haben, wenn Sie meinen, dass die junge Frau ertrunken ist, Herr Nonnenmacher. Wir konnten nämlich den für Ertrunkene typischen Schaumpilz vor Mund und Nase nicht feststellen. Auch für eine etwaige Waschhautbildung fanden wir keine Hinweise. Die Leiche sah, wenn man das so sagen darf, sehr frisch aus. Sie war in einem guten Zustand. Das spricht meines Erachtens dafür, dass sie nicht ertrunken ist und auch noch nicht sehr lange im Wasser gelegen hat. Aber letztendliche Sicherheit wird uns erst die Obduktion bringen.«
»Und wann macht ihr die?«, fragte Schönwetter.
»Jetzt gleich«, erklärte der Arzt schnell. »Und die Blutwerte müssten auch jeden Augenblick vorliegen.« Anne hatte den Eindruck, dass er ein schlechtes Gewissen hatte. Sie konnte sich aber nicht erklären, weshalb. »Aber ich habe noch etwas«, ergänzte der Mediziner hastig. »Wir haben Schmauchspuren an der Hand der Toten gefunden.«
»Dann ist sie vielleicht an einer Zigarette gestorben, haha«, machte sich Nonnenmacher über den Arzt lustig; er fühlte sich von dem dahergelaufenen Akademikerpack aus der Stadt zu Unrecht ins Abseits gedrängt. Natürlich war das Mädchen ertrunken, und zwar dicht wie eine Wasserschnecke! Aber diese Ansicht behielt er jetzt lieber für sich.
Anne verdrehte die Augen. Manchmal war ihr Chef wirklich ein Vollidiot.
»Die Schmauchspuren stammen von einer Schusswaffe«, erläuterte der Arzt.
»Aber eine Waffe gefunden haben wir nicht«, warf Anne ein.
»Wenn es Schmauchspuren gibt, heißt das, dass die Frau geschossen hat?«, erkundigte sich Kastner jetzt.
»So ist es«, erwiderte Schönwetter. »Also sollten Sie, Frau Loop, die Leute, die sich in der vergangenen Nacht in der Nähe der Auffindestelle aufhielten, fragen, ob sie einen Schuss gehört haben.«
Jetzt lachte Nonnenmacher laut auf. »Da gibt’s garantiert welche, die wo einen Schuss gehört haben. Wenn nicht sogar Schüsse. Das haben Sie wahrscheinlich nicht mitbekommen, Herr Kollege, aber gestern war bei uns nämlich Seefest. Und da gibt’s ein Brillantfeuerwerk, da knallt’s heftig. Ein einzelner Pistolenschuss fällt da ungefähr so auf wie der kalte Furz von einem Has’.«
Nonnenmachers Ausbruch folgte ein kurzer Augenblick der Stille, dann reichte Schönwetter eine weitere Serie Fotos in die Runde der Ermittler und sagte: »Hier ist noch etwas, über das wir sprechen sollten.« Die Bilder zeigten den Intimbereich der Toten. Deutlich
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