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Aufgedirndlt

Aufgedirndlt

Titel: Aufgedirndlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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dessen Zukunft von Gemeinderat und Bevölkerung so hitzig diskutiert wurde.
    Auf dem Boden lag eine Leiche. Die junge Frau war zweifellos hübsch und bis auf ein Spitzenhemdchen unbekleidet. Ihr Körper wies keine Spuren von Gewalt auf, sofern sich das, ohne die Leiche zu bewegen, beurteilen ließ.
    Der Mann, der sich neben der Frau aufhielt, gab zu Protokoll, er heiße Veit Höllerer, Jahrgang 1932, und bis zur Rente habe er als Schneider gearbeitet.
    Anne verständigte sofort die Kripo in der Kreisstadt und sperrte das Gelände mit einem rot-weißen Band weiträumig ab. Den Rentner, der behauptete, die Leiche lediglich gefunden, sonst aber nichts mit dem Mord zu tun zu haben – insbesondere die Frau auch nicht zu kennen –, schickte Anne nach Aufnahme der Personalien nach Hause. Warum der Mann von einem Mord sprach, leuchtete ihr zu diesem Zeitpunkt nicht ein. War es ein Fehler gewesen, ihn gehen zu lassen? Sonderbar fand sie auch, dass der Mann im Weggehen gelacht und etwas gemurmelt hatte wie: »Schon komisch, diese Teufelshörner, schon komisch …«
    Natürlich war auch Anne von den markanten Tätowierungen im Schambereich der Toten irritiert, aber wie konnte man angesichts der Situation darüber lachen? Immerhin war hier ein Mensch viel zu jung gestorben!
    Anne machte erste Fotos von der Auffindesituation der Leiche und den Spuren, von denen der Zeuge Höllerer behauptet hatte, sie seien dadurch entstanden, dass er die leblose Frau aus dem Wasser gezogen habe. Da sei sie aber schon tot gewesen. Jedenfalls habe sie sich im Wasser nicht bewegt. Auch den Birkenast, mit dem Höllerer den Körper ans Ufer gezogen haben wollte, fotografierte Anne und suchte nach weiteren Spuren im Kies. Doch dieser Teil des Ufers, das wusste sie, wurde von vielen Spaziergängern frequentiert. Und wer sagte denn, dass es stimmte, was der Zeuge behauptet hatte, dass die Leiche auf dem See getrieben sei? War das Mädchen ertrunken? Oder war es schon vorher tot gewesen und womöglich dann ins Wasser geworfen worden? Handelte es sich um einen Unfall oder um Mord? Gerade im Sommer hörte man ja immer wieder davon, dass Menschen beim Schwimmen einen Herzinfarkt erlitten und dann im Wasser starben. Zu diesen Fragen würde die Rechtsmedizin ihnen aber sicherlich bald mehr mitteilen können. Wann kamen die Kollegen nur endlich?
    Anne war heilfroh, als nach etwa einer Stunde das Kripoteam aus der Kreisstadt am Fundort eintraf. Wie schon bei den Ermittlungen um den mysteriösen Tod des Milliardärs Kürschner vor zwei Jahren war es Sebastian Schönwetter, der die Leitung innehatte. Er, die Spurensicherer und der Arzt verrichteten routinemäßig ihre Arbeit. Anne stand etwas abseits, beobachtete die Kollegen aber genau. Wie sie mit Klebestreifen Stoff- und andere Materialreste sicherten, wie sie mit Handschuhen herumliegende Gegenstände wie Zigarettenkippen, Kronkorken und Getränkedosen in Tüten steckten und diese beschrifteten. Wie sie fotografierten und die Temperatur der Toten festhielten. Sepp Kastner kümmerte sich währenddessen mit anderen Kollegen um die noch weiträumigere Absperrung des Geländes, denn nichts konnte man jetzt weniger brauchen als Touristen, die dumme Fragen stellten oder wichtige Spuren vernichteten.
    Wenige Stunden später fand im Besprechungsraum der Polizeidienststelle ein Treffen mit der Kripo statt. Anne Loop spürte sofort, dass Sebastian Schönwetter etwas irritiert war, als Kurt Nonnenmacher mit einem Löffel gegen die vor ihm stehende Kaffeetasse klopfte und sich derart übertrieben räusperte, dass alle Gespräche verstummten.
    »Also dann«, sagte der Leiter der Polizeidienststelle vom See. »Ich begrüße euch zur Lagebesprechung und bitte darum, Bericht zu erstatten. Die Kripo bitte ich aber, sich kurz zu fassen, weil mir ja gleich nachher auch noch die zweite Lagebesprechung wegen dem Scheich machen müssen und von daher nicht ganz so viel Zeit haben. Der Fall scheint mir ja eh klar zum sein.« Nonnenmacher spürte die befremdeten Blicke der anderen und fügte deshalb erklärend hinzu: »Das Madel wird halt nach dem Seefest knalldicht in den See gesprungen sein und ist dann dersoffen.«
    Schockiert betrachtete Anne ihren Chef. Was bildete Nonnenmacher sich ein? Sich hier aufzuplustern, die Kripokollegen unter Druck zu setzen und zudem noch irgendwelche gewagten Theorien zu äußern, obwohl er keine Ahnung von den Sachverhalten hatte! Er war noch nicht einmal am Fundort gewesen, und die Leiche hatte

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