Aufgedirndlt
Dieser Felix, der Bürgermeister, der Scheich und dieser schmierige Aladdin …«
»Ich tät’ gleich alle von der Scheichsbagage abchecken, auch die Leibwächter, Fahrer und so weiter«, unterbrach Kastner sie unwirsch. »Auf einen mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht an.«
»Und den Schlagersänger«, ergänzte Anne.
»Aber der Hirlwimmer ist doch gar nicht da!«, meinte Kastner, augenblicklich hatte sich seine Selbstsicherheit verflüchtigt. Es wurmte ihn immer noch, dass er wegen seines ungeschickten Verhaltens blöderweise auch persönlich in den Fall verstrickt war und dass er dies zu einem guten Teil dem nichtsnutzigen Hirlwimmer zu verdanken hatte.
»Dann besuchen wir eben seine Mutter und holen uns dort ein Haar aus seinem Kamm oder etwas Vergleichbares, das die Jungs von der Gerichtsmedizin verwenden können.«
Da die Liste der Verdächtigen nun wirklich überschaubar und man offensichtlich mit den Ermittlungen ins Stocken geraten war, gelang es Sebastian Schönwetter nach langer Diskussion, das richterliche Einverständnis zu einem personell begrenzten Gentest zu bekommen.
»Da seht’s ihr’s«, war Kastners einziger Kommentar, als er mit Nonnenmacher und Anne sprach. »Hätt’ man gleich am Anfang so einen Gentest gemacht, dann hätt’ man sich den ganzen Firlefanz sparen können.«
»Ja, so einem Gentest hätt’ ich auch zugestimmt«, rechtfertigte sich der Dienststellenleiter daraufhin, obwohl er sich bisher als heftiger Gegner eines Massentests hervorgetan hatte. »Der betrifft ja jetzt vor allem Fremde, also Individuen, die wo von Haus aus verdächtig sind. Es geht aber nicht, dass man alle Männer in unserem Tal in Sippenhaft nimmt. Es ist ja sowieso ziemlich klar, dass das keiner von uns gewesen sein kann.«
»Und der Herr Wax?«, fragte Anne kritisch nach.
»Ach der«, meinte Nonnenmacher verächtlich. »Klar könnt’s sein, dass der was mit dem Scheich gedreht hat, weil ein Sauhund ist er schon. Aber bittschön: Wo soll ein bayerischer Bürgermeister denn so eine gefährliche Vergewaltigungsdroge herbekommen? Der geht ja nicht einmal in die Drogerie, weil das die Frau für ihn übernimmt!«
Die Reaktionen der Männer, die von den Ermittlern dazu aufgefordert wurden, eine Speichelprobe abzugeben, fielen sehr unterschiedlich aus. Am wenigsten Probleme machte der junge Felix. Schwierig erwies es sich, die arabischen Feriengäste dazu zu überreden, an der Prozedur teilzunehmen. Raschid bin Suhail, der Emir von Ada Bhai, der von der Begutachtung der vielen Frauen und dem damit verbundenen Stress fix und fertig war (insgeheim dachte er bereits darüber nach, ob es nicht doch sinnvoller war, den Harem bei seiner bisherigen Größe zu belassen, weil Frauen ja doch auf gewisse Weise anstrengend sind und er schon fünf solcher anspruchsvollen Exemplare bei Laune zu halten hatte), empfand die Aufforderung zu einer Speichelabgabe als Attacke auf seine majestätische Integrität, um nicht zu sagen als Unverschämtheit. Die arabischen Worte, die er von sich gab, als Kurt Nonnenmacher ihm höchstpersönlich die Nachricht überbrachte, hörten sich für die Ohren des Ermittlers in etwa so an: »Jolifanto bambla ô falli bambla! Grossiga m’pfa habla horem. Blago bung, blago bung!«
Dieser beeindruckende Wortschwall verließ sehr lautstark den Mund des arabischen Machthabers, und der Assistent des Scheichs, der mit vollem Namen und trotz aller Vorkommnisse immer noch Aladdin Bassam bin Suhail hieß, weigerte sich auch strikt, eine genaue Übersetzung zu liefern. Die Erklärung, dass es sich um Worte königlichen Unbehagens handle, quittierte Nonnenmacher trocken mit dem Satz: »Da wär’ ich jetzt nicht drauf gekommen.«
Aber Nonnenmacher ließ keine Gnade walten. Jetzt war Schluss mit lustig. Als der Emir voller Verachtung in ein Reagenzglas spuckte, kam Nonnenmacher ein Film über Wüstenkamele in den Sinn. Allerdings behielt er diese Assoziation im Sinne reibungsloser Ermittlungsarbeit und natürlich auch um des bayerisch-arabischen Friedens willen für sich. Womöglich hatte der Scheich mit der ganzen Sache wirklich nichts zu tun.
Den im Rahmen der Speicheltests unerlässlichen Besuch beim Bürgermeister der nördlichsten Seegemeinde schob Nonnenmacher allerdings auf die Kollegin Loop ab. Der kommunale Würdenträger Alois Wax hatte sich in den vergangenen Tagen nämlich aufgeführt wie eine trächtige Wildsau. Zum Glück gab es in der Zelle im Keller der Polizeiinspektion nur
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