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Aufgedirndlt

Aufgedirndlt

Titel: Aufgedirndlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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lebt er nicht mehr?«
    »Aber es ist eine tot, die das Gut vielleicht gewonnen und in einen Haremstempel verwandelt hätt’!« Kastner war jetzt zutiefst verärgert. »Kapiert’s ihr das denn nicht? Da gibt’s doch einen Zusammenhang – und zwar einen mysteriösen«, schob er langsam und leiser hinterher.
    »Na ja, Seppi«, sagte Anne besänftigend, »einen Zusammenhang gibt’s da sicher. Aber warum sollte denn jemand eines der Mädchen umbringen, wenn er doch dem Scheich schaden will?«
    »Weil er damit natürlich auch dem Scheich schadet. Den will doch jetzt erst recht keiner mehr hier. Die ganze Sache wäre doch niemals passiert, wenn der Scheich nicht dieses Casting veranstaltet hätte. Dann wären doch auch die ganzen Frauen gar nicht erst ins Tal gekommen!«
    »Wenn einer dem Scheich schaden will, dann geht der dem doch persönlich an den Kragen«, meinte nun Nonnenmacher. »So würd’s jedenfalls ich machen. Aber als Polizist sind einem ja leider die Hände gebunden.«
    »Aber Anne, Kurt, jetzt denkt’s doch einmal nach: Der Scheich wird rund um die Uhr bewacht, dazu noch von unseren eigenen Leuten«, gab Kastner verzweifelt angesichts der Uneinsichtigkeit seiner Kollegen zu bedenken. »Da ist es doch viel schlauer, jemanden anzugreifen, der ihm nahesteht, aber nicht so gut bewacht wird.«
    »Aber diese Madleen stand dem Araber-Kini doch überhaupts nicht nahe!«, bellte Nonnenmacher zurück.
    »Wer sagt das? Woher willst du das wissen, Kurt?« Kastner suchte Annes Blick. »Ich jedenfalls weiß es nicht.« Dann stand er auf. »Aber ich werde es herausfinden. Und ihr zwei schlaft’s vielleicht erst einmal euren Rausch aus. Ihr riecht’s ja schlimmer wie der Bierleichenfriedhof auf’m Oktoberfest.«
    So stark wie nach dieser Lagebesprechung hatte sich Sepp Kastner schon lange nicht mehr gefühlt. Auf ihn war eben doch Verlass. Alle anderen konnten ausfallen, doch er hielt die Stellung. Schwungvoll lenkte er den Streifenwagen auf die Wiese des Bauern Vitus Kofler, dann schritt er auf das Lagerfeuer zu, das trotz des noch jungen Tages bereits loderte und um das einige der Mädchen saßen. Immer noch empfand er ein gewisses Unbehagen, weil er sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern konnte, mit welcher der Sächsinnen er an besagtem Abend, an dem er seine erste Erfahrung mit qualmenden Kräutern gemacht hatte, nach hinten in die Wiese gekippt war. Immerhin kannte er diese Pauline, die offensichtlich so etwas wie die Chefin oder Sprecherin der Amazonen war. Und genau sie war es auch, die ihn nun freundlich begrüßte. Dass sie jetzt wieder »Seppi« zu ihm sagte, ging in Ordnung – Anne war ja nicht dabei.
    »Was führt dich zu uns?«
    »Ich habe einen Verdacht«, erklärte Kastner wichtig. »Ich glaube nämlich, dass der- oder diejenige, wo die Madleen umgebracht hat, eigentlich den Scheich umbringen wollte.«
    »Aha«, meinte Pauline. »Magst du einen Kaffee und ein Croissant?«
    Kastner dachte kurz nach, sah sich um, aber da war niemand außer den Amazonen, nicht einmal der Kofler oder seine Frau, und entschied schließlich: »Ja, gerne.« Dann fragte er: »Kannst du dir vorstellen, dass es jemanden gibt, der das ganze Harems-Casting nicht gut findet, sich aber an den Scheich nicht herantraut, weil der so gut bewacht wird, und deshalb die Madleen umbringt, als Denkzettel quasi?«
    »Du meinst, dass Madleen dann völlig zufällig zum Opfer geworden wäre?«, fragte Pauline zurück und reichte Kastner eine Kaffeetasse, auf der »Rondo Melange« stand, was dieser seltsam fand.
    »Zum Beispiel«, antwortete der Ermittler und rührte sich Zucker in das Getränk.
    In den nächsten Minuten befragte der Polizist Pauline noch einmal präzise nach den Kontakten, die Madleen mit Angehörigen der Scheichsentourage, aber auch mit möglichen Feinden des Castings gehabt hatte. Viel konnte ihm Pauline zu diesem Thema allerdings nicht berichten. Immerhin erfuhr Kastner, dass die Mädchen nach Madleens Tod beschlossen hatten, sich nicht mehr für eine Stelle als Scheichsehefrau zu bewerben.
    »Irgendwie ist das scheiße gelaufen«, stellte Pauline fest. Sie hörte sich dabei ein wenig traurig an.
    »Und was habt ihr jetzt vor?«, erkundigte sich Kastner. »Ihr wolltet’s doch eigentlich, dass eine von euch gewinnt, und dann hättet’s ihr Gut Kaltenbrunn gehabt, plus einen Haufen Geld im Sack.« Pauline nickte. »Dann wärt’s ihr alle versorgt gewesen, auf einen Schlag.« Kastner biss in sein Croissant.

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