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Aufgedirndlt

Aufgedirndlt

Titel: Aufgedirndlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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»Und jetzt?«
    Pauline hob ratlos die Schultern. »Unsere Utopie von einem neuen Leben ist jedenfalls gestorben.«
    »Aber vielleicht tut sich ja eine neue …«, Kastner zögerte, weil ihm das Wort komisch vorkam, »… Utopie auf.«
    »Weißt du, woran alle Utopien scheitern, Seppi?« Kastner schüttelte den Kopf. »Am Geld.« Jetzt nickte der Polizist übertrieben. Und Pauline schob hinterher: »Geld und Freiheit, das passt irgendwie nicht so richtig zusammen.«
    »Aber vielleicht tut sich ja doch noch was auf«, wiederholte Kastner, der bislang nicht häufig über den Zusammenhang zwischen Geld und Freiheit nachgedacht hatte.
    Ihm taten die Amazonen leid. Sie hatten so etwas Natürliches und Unverstelltes an sich, das er mochte. Lag es an ihrer ostdeutschen Herkunft? Oder daran, dass sich eine Truppe von Freiheitsliebenden zusammengefunden hatte, um den Traum von einem neuen Leben zu verwirklichen?
    »Du, ich kann jetzt nicht mehr so lange bleiben«, sagte er sanft. »Ich muss zurück in die Dienststelle. Aber eines tät’ ich noch gern.« Pauline sah ihn fragend an. »Mir die persönlichen Sachen von der Madleen noch einmal durchschauen.«
    Gemeinsam gingen sie zu Madleens Zelt. Pauline kroch als Erste hinein, dann Kastner.
    Das Zeltinnere war erfüllt von Blumenduft, ein Aroma, wie es der Ermittler noch nie gerochen hatte. Vorsichtig blickte er unter Madleens Kopfkissen und schlug die Bettdecke zurück. Unter der Luftmatratze fand er einen weiß-blau-gestreiften Slip. Am rechten Zeltrand lag ein Stapel Kleider. Kastner faltete sie vorsichtig auseinander und hielt sie der Reihe nach hoch. Der alles überdeckende Blumenduft machte ihn ganz wirr im Kopf, doch kam ihm eine Frage in den Sinn, die er schon eine ganze Weile mit sich herumtrug: »Sag mal, Pauline …« Das Hippiemädchen sah ihn erwartungsvoll an. »Ich habe da so was gehört …«, er räusperte sich verlegen, »also von so Tätowierungen …« Pauline lächelte, sagte aber nichts. Deshalb setzte Kastner von Neuem an. »Also, die Madleen war ja tätowiert – und ich hab’ gehört, dass ihr alle … also mit so … Teufelshörnern …« Der Polizist schaute Pauline hilflos an.
    Ehe Kastner es sich versah, schob das Mädchen sein dünnes Sommerkleid nach oben und den darunter auftauchenden roten Slip nach unten, und vor Kastner enthüllte sich ein lebendes Kunstwerk: Aus der knapp rasierten Scham der jungen Frau wuchsen zwei dunkle tätowierte Hörner, genau so, wie er es bei Madleen Simons Leiche gesehen hatte.
    »Sieht das etwa nach dem Teufel aus?«, fragte Pauline den konsternierten Ermittler. Der schüttelte, weiterhin wie hypnotisiert auf den Unterleib der jungen Frau starrend, den Kopf. »Die Hörner«, erklärte Pauline jetzt in beinahe lehrerinnenhaftem Tonfall, »sind ein Symbol.« Kastner nickte benommen. Der Blumenduft, die Nacktheit, war das nicht alles verrückt und unbegreiflich? »Ein Symbol unserer Wehrhaftigkeit«, ergänzte Pauline. »Die haben wir uns stechen lassen, als wir den Zonenhof gegründet haben. Wir wollten ein Zeichen setzen. Dass fortan für jede von uns ein neues Leben beginnt.«
    »Ach so, ja dann …«, meinte Kastner und wandte sich mit starrem Blick wieder den Kleidern der Toten zu.
    Als eines der letzten Kleidungsstücke hielt er eine ausgewaschene Jeans hoch. Er wollte sie schon beiseitelegen, da überlegte er es sich anders und legte sie sich auf die Oberschenkel. Aus der rechten Gesäßtasche der Hose zog er einen Fünf-Euro-Schein. Nachdem er diesen wieder hineingesteckt hatte, stießen seine Finger in der linken hinteren Tasche auf ein Blatt Papier. Kastner zog es heraus und entfaltete es. Es war ein Zeitungsartikel.
    Kastner las laut vor, was handschriftlich über dem Gedruckten hingekritzelt stand: »›Für den Fall, dass du doch von mir schwanger bist / oder auch sonst. Gruß F.‹ – von wem ist das?«, fragte er in Richtung Pauline.
    Diese ließ sich den Zettel geben, sah ihn genau an und sagte dann: »Das ist schon mal nicht Madleens Schrift.«
    »Wer ist F.?«, erkundigte sich Kastner. »Und wieso ›schwanger‹?« Auf einmal war er ganz aufgeregt. Hatte ihn sein kriminalistischer Spürsinn doch nicht getäuscht! »Wo ist Madleens Handy?«
    »Das müsstet ihr doch haben.«
    »Nein, die hatte doch nur ein Spitzenhemdchen an, als man sie gefunden hat. Wo sollte sie da ein Handy hinstecken?«
    »Dann wird es der Täter haben. Oder es liegt auf dem Grund des Sees«, mutmaßte Pauline. »Für

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