Aufgeflogen - Roman
Eugenia.
Vielleicht lenkt jemand absichtlich den Verdacht auf die beiden Frauen. Weil er selbst der Mörder ist. Oder es sein könnte.
Kröger hat sie schikaniert, das weiß jeder im Haus.
Und sie sind flüchtig.
Es wird dunkel.
Christoph parkt seinen Roller in der Falckensteinstraße und geht zu Fuß weiter. Um die Ecke, in die Wrangelstraße, vorbei an den vielen kleinen Läden,der eine oder andere hat noch offen. Das Tor ist über und über mit Graffiti verziert, es ist nicht verschlossen, er schiebt es auf, es quietscht.
Im Hinterhof ist alles still.
Niemand zu sehen, auch kein Polizeiwagen.
Er öffnet die immer unverschlossene Haustür leise, biegt gleich in den düsteren Flur nach rechts.
Nur eine Wohnung hier. Die von Isabel und Eugenia. Eigentlich war es mal eine Abstellkammer. Aber der Hausmeister hat schnell erkannt, dass sich hier noch Geld machen lässt. Mit Menschen, die auf normalem Weg keine Bleibe bekommen.
Die Wohnung ist versiegelt. Also sind sie Isabel und Eugenia schon auf der Spur, vermutet er. Wahrscheinlich haben sie alles durchsucht, wissen längst, dass die beiden illegal in Deutschland sind. Macht sie das automatisch verdächtig? Was haben sie in der Wohnung gefunden, dass sie es für nötig hielten, sie zu versiegeln? Auf alle Fälle wagt er es nicht, dieses Siegel aufzubrechen.
Leise schleicht er die Treppe zum Keller hinunter. Will kein Licht machen. Dennoch sieht er die Kreideumrisse am Ende der Treppe.
Da lag Kröger. Das Blut ist weggewischt, aber ein dunkler Fleck ist noch zu sehen.
Der Tatort. Fotografiert, abgemessen, auf Spuren untersucht.
»Was machst du hier?«
Christoph zuckt zusammen. Er hat keine Schritte gehört, die Frau steht wie aus dem Nichts am oberen Ende der Kellertreppe.
Er antwortet nicht, was soll er auch sagen?
»Was machst du hier?«
Die Stimme klingt schärfer.
»Ich wollte eigentlich zu Isabel Hernandez.«
»Und deshalb gehst du in den Keller?«
Christoph steigt die Treppe hoch, er möchte an der Hausmeisterin vorbei, aber sie bleibt im Türrahmen und zwingt ihn, zwei Stufen tiefer zu stehen und zu ihr hochzublicken.
»Die Wohnungstür war versiegelt …«
»… und da dachtest du, deine Freundin versteckt sich da unten?«
Sie klingt höhnisch. Vielleicht ist es auch nur Misstrauen.
Sie trägt schwarz. Natürlich. Es war ihr Mann, der hier ums Leben kam.
Christoph bemüht sich, seine gute Erziehung hervorzukehren. »Ich möchte Ihnen mein Mitgefühl zum Tod Ihres Mannes aussprechen, Frau Kröger«, sagt er und versucht, dabei aufrichtig zu wirken.
»Woher weißt du, dass er tot ist?«
Mist! Das war ein Fehler. Jetzt bloß cool bleiben.
»Ich habe es vorne an der Straße erfahren – am Kiosk.«
Nicht schlecht für eine spontane Lüge.
»Oder von deiner Freundin, dieser Schlampe.«
Christoph zuckt zusammen. Er würde gerne heftig herausgeben, aber die Frau verunsichert ihn.
Er drückt sich an der Witwe des Hausmeisters vorbei.
»Die Polizei sucht sie schon und wird sie finden!«, ruft Frau Kröger ihm nach, als er fluchtartig das Weite sucht.
Christoph rennt hinaus in den Hof. Er lehnt sich gegen die Wand, atmet tief durch. Eigentlich sollte er schnell verschwinden, aber ihm ist ein bisschen flau. Das Blut, die Kreide, das Wissen darum, dass hier ein Mensch gestorben ist, vielleicht sogar ermordet wurde … Dann die Begegnung mit Frau Kröger, ihre Gehässigkeit, ihr Misstrauen …
Es war dumm, hierherzukommen, denkt er, als er den Hof verlässt.
Hat er damit nicht erst recht den Verdacht auf Eugenia und Isabel gelenkt? Die Witwe des Hausmeisters wird der Polizei doch sicher erzählen, dass er hier war.
Was soll er nun tun? Ins Waldhaus fahren und berichten?
Was kann er denn sagen? Nichts, was sie sich nicht schon denken könnten.
Außerdem: Er muss nach Hause. Oder sich wenigstens melden.
Erst Isabel. Er nimmt sein neues Handy. Ruft an.
»Ja?«
»Eure Wohnung ist versiegelt.«
»Also haben sie sie durchsucht.«
»Ja. Und die Kröger hat mich erwischt, als ich herumgeschnüffelt habe.«
»Verdammt.«
»Sie sagt, die Polizei sucht schon nach euch.«
»Pass auf dich auf.« Sie klingt besorgt.
Er will bei seinen Eltern anrufen. Dass er sich verspätet hat, aber gleich nach Hause kommt. Halt – falsches Handy. Er muss das alte nehmen. Doch das hat er ausgeschaltet, als er in die Waldhütte zu Isabel und Eugenia fuhr. Als er jetzt die PIN eingibt, beginnt es gleich zu brummen.
»Wo
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