Aufruhr in Oxford
war, um darauf zu achten, wohin sie lief, war sie gestolpert und die Terrassenstufen hinuntergefallen und hatte sich den Fuß leicht vertreten. Dadurch war sie erst spät am Ort des Geschehens eingetroffen. Sie war mit der Menge beim Queen-Elizabeth-Bau angekommen, im allgemeinen Gedränge durch den Portikus geschwemmt worden und geradewegs weiter in die Gebäude des Neuen Hofs gerannt. Sie hatte rechts von sich schlurfende Schritte zu hören geglaubt und war ihnen gefolgt, bis das Licht ausgegangen war, und da sie das Gebäude nicht besonders gut kannte, war sie eine Weile umhergeirrt, bis sie endlich den Ausgang zum Hof gefunden hatte. Niemand schien sich erinnern zu können, Miss Chilperic gesehen zu haben, nachdem sie das Tudor verlassen hatte; sie war so ein Mensch, den man leicht übersah.
Die Schatzmeisterin war noch aufgewesen und hatte an den Abrechnungen des Trimesters gearbeitet. Die Lichter in ihrem Gebäude waren als letzte ausgegangen, und ihre Fenster lagen zur Straße, nicht zum Hof, so daß sie erst im allerletzten Stadium etwas von den Vorgängen erfuhr. Als es um sie herum dunkel wurde, war sie (wie sie sagte) in die gegenüberliegende Wohnung der Quästorin gegangen, weil Ersatzbirnen und -Sicherungen und dergleichen in deren Zuständigkeit fielen. Aber die Quästorin war weder in ihrem Schlafzimmer noch in ihrem Büro gewesen. Doch als Miss Allison dann wieder aus der Wohnung der Quästorin herausgekommen war, erschien diese aus der Richtung, wo der Sicherungskasten war, und verkündete, daß die Hauptsicherung verschwunden sei. Schatzmeisterin und Quästorin hatten sich dann unter die auf dem Hof Versammelten gemischt.
Die unglaublichste Schilderung ihres Tuns gab Miss Pyke. Sie wohnte über der Schatzmeisterin und hatte an einem Artikel für die Sitzungsberichte einer gelehrten Gesellschaft gearbeitet. Als ihr Licht ausgegangen war, hatte sie nur «Mist!» gesagt, zwei Kerzen aus dem Vorrat genommen, den sie sich für solche Notfälle angelegt hatte, und ruhig weitergearbeitet.
Miss Burrows versicherte, daß sie im Bad gesessen habe, als im Burleigh-Bau die Lichter ausgingen, und als sie rasch aus der Wanne gestiegen sei, habe sie erst gemerkt, daß sie ausgerechnet jetzt ihr Badetuch in ihrem Zimmer habe liegenlassen. Da sie keine Wohnung mit eigenem Bad besaß, hatte sie sich den Bademantel um den tropfenden Körper schlingen und sich über den Korridor zu ihrem Zimmer tasten müssen, wo sie sich im Dunkeln abtrocknete und anzog. Das hatte erstaunlich lange Zeit in Anspruch genommen, und als sie endlich zu den übrigen hinausging, war der Spaß so gut wie vorüber gewesen. Beweis: keiner; außer der unwiderleglichen Tatsache, daß in einem Bad auf ihrem Flur die Wanne voll Seifenwasser war.
Miss Shaws Wohnung lag über der von Miss Stevens, der Quästorin, und ihr Schlafzimmerfenster lag zur St. Cross Road. Sie war, da sie sehr müde gewesen war, schon zu Bett gegangen und eingeschlafen und erfuhr von allem erst, als es schon vorbei war. Dieselbe Geschichte erzählte Mrs. Goodwin, die erst an diesem Tag ins College zurückgekommen und von der Pflege ihres kranken Kindes noch ziemlich erschöpft gewesen war. Bei Miss Hillyard und Miss de Vine, die über Miss Lydgate wohnten, war das Licht nie ausgegangen, und da ihre Fenster zur Straße lagen, hatten sie gar nicht gemerkt, daß etwas los war, und die unbestimmbaren Geräusche auf dem Hof für die üblichen Übermutsäußerungen der Studentinnen gehalten.
Erst nachdem Padgett schon über fünf Minuten vergebens vor dem Mauseloch gesessen hatte, war Harriet eingefallen, was ihr schon früher hätte einfallen sollen, nämlich die Kollegiumsmitglieder zu zählen. Sie hatte sie dann auch alle dort gefunden, wo sie nach ihren eigenen späteren Angaben hingehörten. Aber sie alle in ein beleuchtetes Zimmer zu bringen und dort festzuhalten, war nicht so leicht. Zuerst einmal verfrachtete sie Miss Lydgate in deren Zimmer, dann ging sie die übrigen suchen und bat sie, in Miss Lydgates Zimmer zu gehen und dort zu warten. Inzwischen war die Rektorin gekommen, sprach mit den Studentinnen und beschwor sie, zu bleiben, wo sie waren und sich ruhig zu verhalten. Als es dann jedoch endlich möglich schien, festzustellen, wo ein jeder sich aufhielt, kam zu allem Unglück irgendeine neugierige Person, die sich von den übrigen abgesetzt und den Alten Hof durchstöbert hatte, atemlos angerannt, um von dem Zerstörungswerk im Speisesaal zu berichten.
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