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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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solche Dinge tut, muß völlig von Sinnen sein. Natürlich treten solche Unregelmäßigkeiten gern in Gemeinschaften Unverheirateter oder vorwiegend Unverheirateter auf. Es muß wohl so eine Art Kompensation für den Mangel an anderen Zerstreuungen sein.»
    «Der große Fehler», sagte Miss Burrows, «war natürlich, daß wir nicht zusammengeblieben sind. Selbstverständlich wollte ich sehen, ob in der Bibliothek Schaden angerichtet worden war – aber warum mir da gleich so viele Leute nachrennen mußten –»
    «Meine Sorge galt dem Speisesaal», sagte die Quästorin.
    «Ach! Sie waren wirklich im Speisesaal? Ich habe Sie auf dem Hof völlig aus den Augen verloren.»
    «Und genau diese Katastrophe wollte ich verhindern», sagte Miss Hillyard, «indem ich Ihnen nachsetzte. Ich habe Ihnen laut zugerufen, Sie sollten stehenbleiben. Sie müssen mich gehört haben.»
    «Es war viel zuviel Lärm, um überhaupt etwas zu hören», stellte Miss Stevens fest.
    «Ich bin in Miss Lydgates Zimmer gekommen», sagte Miss Shaw, «sowie ich angezogen war, denn ich hatte es so verstanden, daß alle sich dort versammeln sollten. Aber dann war überhaupt niemand da. Ich dachte schon, ich hätte etwas mißverstanden, und da habe ich es bei Miss Vane versucht, aber die schien sich in Nichts aufgelöst zu haben.»
    «Sie müssen erstaunlich lange zum Anziehen gebraucht haben», sagte Miss Burrows. «Bis Sie ein Paar Strümpfe anhatten, konnten andere dreimal ums College herumlaufen.»
    «Irgendwer», sagte Miss Shaw, «hat das anscheinend auch getan.»
    «Sie fangen an, zänkisch zu werden», sagte Harriet zur Dekanin.
    «Was kann man anderes erwarten? Wenn die dummen Gänse doch gestern nacht nur fest auf ihrem Allerwertesten sitzengeblieben wären, hätten wir die ganze Geschichte aufklären können. Ihre Schuld ist das nicht. Sie konnten ja nicht überall gleichzeitig sein. Und wie wir von den Studentinnen Disziplin erwarten wollen, wenn ein ganzes Rudel erwachsener Frauen sich benimmt wie ein aufgescheuchtes Hühnervolk, das weiß ich auch nicht. Wer ist das da draußen, der sich so lautstark mit einem Fenster im obersten Stock unterhält? Ah, ich glaube, das ist der Freund der kleinen Baker. Nun, Disziplin muß wohl gewahrt werden. Geben Sie mir mal das Haustelefon, ja? Danke. Ich weiß nicht, wie wir verhindern sollen, daß dieser letzte Zwischenfall in die – Oh, Martha! Bestellen Sie bitte Miss Baker einen schönen Gruß von der Dekanin, und sie möchte sich freundlicherweise einmal die Vorschriften über morgendlichen Besuch ins Gedächtnis rufen. – Und die Studentinnen ärgern sich allmählich auch über ihre kaputten Sachen. Ich glaube, sie wollen sogar eine Versammlung deswegen einberufen, und es ist auch unfair gegenüber den armen Dingern, zuzulassen, daß sie sich weiter gegenseitig verdächtigen. Aber was können wir denn dagegen tun? Gott sei Dank ist das die letzte Trimesterwoche! Begehen wir hier auch nicht einen gräßlichen Fehler? Es kann doch nur eine von uns sein, keine Studentin und auch kein Hausmädchen?»
    «Die Studentinnen haben wir ja wohl inzwischen überprüft – es könnte höchstens noch eine Konspiration zwischen zweien von ihnen sein. Das wäre denkbar. Hudson und Cattermole gemeinsam. Aber die Hausmädchen – ich kann Ihnen ja jetzt endlich das hier zeigen. Würde eines der Hausmädchen Vergil zitieren?»
    «Nein», sagte die Dekanin, indem sie die Harpyien-Stelle studierte. «Nein, das kommt mir nicht sehr wahrscheinlich vor. Du meine Güte!»
     
     
     
     
    Die Antwort auf Harriets Brief kam postwendend.
     
    «Liebe Harriet,
    es ist außerordentlich liebenswürdig von Ihnen, sich um meinen nichtswürdigen Neffen zu kümmern. Ich fürchte nur, die Episode muß Ihnen einen unglücklichen Eindruck von uns beiden gegeben haben.
    Ich habe den Jungen sehr gern, und er ist, wie Sie sagen, recht charmant; aber er läßt sich leicht verleiten, und meiner Ansicht nach geht mein Bruder nicht gerade sehr klug mit ihm um. In Anbetracht seines angehenden Reichtums wird Gerald geradezu lächerlich knapp gehalten, und da hat er natürlich das Gefühl, ein Anrecht auf alles zu haben, was er in die Finger bekommen kann. Trotzdem muß er lernen, die Grenze zwischen Leichtsinn und Unehrlichkeit zu ziehen. Ich habe schon angeboten, meinerseits sein Taschengeld zu erhöhen, aber dieser Vorschlag stieß zu Hause nicht auf Gegenliebe. Seine Eltern haben offenkundig das Gefühl, daß ich ihnen sein Vertrauen

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