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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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stehle; wenn ich mich aber weigere, ihm zu helfen, wendet er sich woandershin und bringt sich in noch größere Schwierigkeiten. Mir gefällt zwar die Rolle des ‹guten Freundes Codlin›, in die ich da gedrängt werde, überhaupt nicht, trotzdem finde ich es besser, wenn er zu mir kommt, als daß er zu Fremden geht. Ich nenne das Familienstolz; vielleicht ist es auch bloße Eitelkeit; jedenfalls weiß ich, daß es reine Verrücktheit ist.
    Lassen Sie mich Ihnen versichern, daß Gerald mich, wenn ich ihm etwas anvertraut habe, bisher noch nie im Stich gelassen hat. Für manche Vorhaltungen ist er durchaus empfänglich. Nicht empfänglich ist er jedoch für Wechselbäder von Nachsicht und Strenge, und ich wüßte nicht, wer das überhaupt wäre.
    Ich muß mich nochmals dafür entschuldigen, daß ich Sie mit unsern Familienangelegenheiten belästige. Was in aller Welt machen Sie in Oxford? Haben Sie sich aus der Welt zurückgezogen, um ein beschauliches Leben zu führen? Ich will jetzt nicht versuchen, Sie davon abzubringen, aber am nächsten 1. April werde ich Sie in der gewohnten Form wieder auf dieses Thema ansprechen.
    In Dankbarkeit Ihr
    P. D. B. W.
     
    P. S.: Ich habe vergessen, Ihnen dafür zu danken, daß Sie mich von dem Unfall benachrichtigt und mich hinsichtlich der Folgen beruhigt haben. Ich hatte noch nichts davon gehört – wie der alte James Forsyte klagte: ‹Mir sagt ja nie einer was.› Ich werde ihm ein paar nette Worte schreiben.»
     
    «Armer Peter!» sagte Harriet.
    Die Worte hätten es wahrscheinlich verdient, in eine Anthologie Großer Erstmaligkeiten aufgenommen zu werden.
     
    Als sie Lord Saint-George ihren Abschiedsbesuch machte, sah dieser schon wesentlich besser aus; aber sein Gesicht war sorgenvoll.
    Sein Bett war über und über mit ungeordneten Papieren bedeckt, was bedeutete, daß er wohl Ordnung in seine Geschäfte zu bringen versuchte, aber nur ein Chaos angerichtet hatte. Bei Harriets Anblick lebte er sichtlich auf.
    «Ah, sieh da! Sie sind genau der Mensch, um den ich gebetet habe. Ich hab für solche Sachen einfach keinen Kopf, und die dämlichen Rechnungen rutschen dauernd vom Bett. Meinen Namen kann ich jetzt wieder einigermaßen schreiben, aber ich behalte einfach nicht den Überblick. Manche von diesen Gaunern habe ich sicher schon doppelt oder dreifach bezahlt.»
    «Dann lassen Sie mich helfen. Darf ich?»
    «Ich hatte gehofft, daß Sie das sagen. Es ist lieb von Ihnen, mich so zu verwöhnen. Ich begreife gar nicht, was da so alles zusammenkommt. Die plündern einen ganz schön aus. Aber schließlich muß der Mensch doch was essen, oder? Und dem einen oder andern Club angehören. Und irgendeinen Sport treiben. Natürlich kommt Polo ein bißchen teuer, aber es ist gerade die große Mode. Im Grunde ist gar nichts dran. Der große Fehler war natürlich, daß ich mich in den letzten Ferien mit dieser Clique in London herumgetrieben habe. Mutter findet die Burschen ja in Ordnung, weil sie alle im Zuchtbuch stehen, aber in Wirklichkeit sind die Brüder ganz schön heiß. Mutter wird sich nicht mehr einkriegen, wenn die mal mitsamt ihrem blonden kleinen Liebling im Kittchen landen. Betrübliche Degeneration alten Landadels und so weiter. Ernster Tadel von weisem Richter. Irgendwie bin ich so um Neujahr herum ins Hintertreffen geraten und hab das nie mehr aufgeholt. Ich habe das Gefühl, Onkel Peter steht ein kleiner Schock bevor. Er hat mir übrigens geschrieben. Klingt schon wieder mehr nach ihm selbst.»
    Er schob ihr den Brief zu.
     
    «Lieber Jerry,
    von allen Landplagen, die je Deiner leidgeprüften Verwandtschaft das Leben verbittert haben, bist Du die ärgste. Schaffe um Himmels willen diesen dämlichen Alfa ab, bevor Du Dich noch mal damit umbringst. Auch wenn es Dir komisch vorkommen mag, irgendwo habe ich immer noch ein bißchen für Dich übrig. Hoffentlich nimmt man Dir den Führerschein für immer ab, und ich kann außerdem nur hoffen, daß Du Dich ganz elend fühlst. Tust Du wahrscheinlich auch. Aber wegen des Geldes mach Dir jetzt mal keine Sorgen mehr.
    Ich werde Miss Vane schreiben und ihr danken, daß sie so freundlich zu Dir war. Sie ist ein Mensch, auf deren gute Meinung ich großen Wert lege, also habe Erbarmen mit meinen Gefühlen als Mann und Onkel.
    Bunter hat soeben drei Silberfäden im Gold gefunden und ist über die Maßen schockiert. Er läßt Dir untertänigst sein tiefes Mitgefühl ausdrücken und empfiehlt Kopfhautmassagen (für mich).
    Wenn Du

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