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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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    Harriet, die Ellbogen auf den Deckel des Spinetts und das Kinn auf die Hände gestützt, ließ ihn allein singen. Zwei junge Männer, die hereingekommen waren und sich vorn im Laden ziemlich laut unterhielten, gaben ihre halbherzige Suche nach Messingleuchtern auf und kamen durch die Düsternis gestolpert, um zu sehen, wer da solchen Lärm machte.
     
    Du Haus der Seligkeit,
Der Wonne nur geweiht,
Nach dir steht all mein Sinn,
Dein Blick verzaubert mich,
Von Herzen lieb ich dich
Und sinke vor dir hin.
     
    Tobias Humes herrliche Melodie schwingt sich in der vorletzten Zeile in triumphierende Höhen, ehe sie brausend zum Grundton zurückfindet. Zu spät machte Harriet dem Sänger ein Zeichen, er solle seine Stimme ein wenig dämpfen.
    «He, Sie!» sagte der größere der beiden jungen Männer streitlustig. «Sie machen einen entsetzlichen Krach. Halten Sie mal die Luft an.»
    Peter drehte sich auf seinem Hocker um.
    «Sir?» Er polierte betulich sein Monokel, klemmte es sich vors Auge und ließ den Blick an der riesenhaften, tweedbekleideten Gestalt hinaufwandern, die finster drohend vor ihm aufragte.
    «Entschuldigung, Sir, war diese liebenswürdige Bemerkung an mich gerichtet?»
    Harriet wollte etwas sagen, aber schon wandte sich der junge Mann an sie.
    «Wer ist dieser weibische Kerl?» verlangte er laut zu wissen.
    «Man hat mir schon allerlei nachgesagt», meinte Wimsey interessiert. «Aber der Vorwurf der Weibischkeit ist mir neu. Würden Sie sich bitte erklären, Sir?»
    «Mir gefällt Ihre Singerei nicht», sagte der junge Mann, leicht auf den Fußballen wippend, «und ich mag Ihre Stimme nicht, und ich mag auch Ihr dämliches Augenfenster nicht.»
    «Nun beruhige dich doch, Reggie», sagte sein Freund.
    «Sie belästigen diese Dame», fuhr der junge Mann unbeirrt fort. «Sie machen sie lächerlich. Raus mit Ihnen!»
    «Großer Gott!» sagte Wimsey, an Harriet gewandt. «Sollte das etwa Mr. Jones vom Jesus College sein?»
    «Wen wollen Sie hier beleidigen?» fauchte der junge Mann aufs äußerste erregt. «Mein Name ist Pomfret.»
    «Und meiner ist Wimsey», antwortete Peter. «Ebenso alt, wenn auch nicht so wohlklingend. Und nun stellen Sie sich nicht so albern an, mein Junge. So benimmt man sich nicht gegenüber Senioren, und schon gar nicht vor Damen.»
    «Zum Teufel mit euch Senioren!» schrie Mr. Pomfret, in dem dieses unselige Wort nur allzu unangenehme Erinnerungen wachrief. «Meinen Sie, ich lasse mich hier von Ihnen verhöhnen? Stehen Sie auf, verdammt noch mal! Warum wehren Sie sich nicht?»
    «Erstens», erwiderte Peter sanft, «weil ich zwanzig Jahre älter bin als Sie. Zweitens, weil Sie einen Kopf größer sind als ich. Und drittens, weil ich Ihnen nicht weh tun will.»
    «Dann nehmen Sie das!» sagte Mr. Pomfret. «Sie Hasenfuß, Sie!»
    Er holte aus und wollte einen schweren Schlag an Peters Kopf landen, aber der fing sein Handgelenk mit eisernem Griff.
    «Wenn Sie nicht stillhalten», sagte Seine Lordschaft, «brechen Sie sich was. Hier, Sir, würden Sie bitte Ihren jähzornigen Freund nach Hause bringen? Wie hat er es nur angestellt, um diese Zeit schon betrunken zu sein?»
    Der Freund brachte eine etwas wirre Entschuldigung von einem Essen mit Freunden und einer anschließenden Trinkerei vor. Peter schüttelte den Kopf.
    «Wohl einen Gin nach dem andern hinuntergekippt», sagte er betrübt. «Und nun, Sir, sollten Sie sich bei der Dame entschuldigen und sich verdrücken.»
    Mr. Pomfret, schon viel zahmer und jetzt anscheinend den Tränen nah, brummelte leise, es tue ihm leid, einen Krach angefangen zu haben. «Aber warum haben Sie sich so über mich lustig gemacht?» wandte er sich vorwurfsvoll an Harriet.
    «Das habe ich nicht, Mr. Pomfret. Sie sind völlig im Irrtum.»
    «Zum Teufel mit euch Senioren!» sagte Mr. Pomfret.
    «Na, nun fangen Sie nicht wieder von vorn an», beschwor Peter ihn sanft. Er stand auf; seine Augen reichten gerade an Mr. Pomfrets Kinn. «Wenn Sie die Diskussion fortzusetzen wünschen, erreichen Sie mich morgen früh im Hotel Mitre. Dort geht es hinaus.»
    «Komm, Reggie», sagte der Freund.
    Der Händler, der sich wieder ans Verpacken begeben hatte, nachdem er sich vergewissert hatte, daß er weder nach der Polizei noch nach dem Proktor schicken mußte, sprang hilfsbereit zur Tür und öffnete sie mit einem freundlichen « Guten Tag, meine Herren», als ob nichts gewesen wäre.
    «Ich lasse mich hier doch nicht verhöhnen», fing Mr. Pomfret wieder

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