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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Blatt, jeder Stein grüßte einen mit der zudringlichen Vertrautheit einer alten Schulfreundin. Dann die schmale Straße mit ihren eng zusammengedrängten, unordentlichen Läden, wie eine Dorfstraße; hier und da war sie ein wenig verbreitert und ausgebessert worden, aber es gab wenig wirkliche Veränderungen, die einem Zuflucht boten.
    Die Magdalen-Brücke. Der Magdalen-Turm. Hier war überhaupt kein Wandel sichtbar – nur die herzlose, gleichgültige Dauerhaftigkeit menschlichen Werkens. Hier mußte man ernsthaft anfangen, sich zu wappnen. Die Long Wall Street. Die St. Cross Road. Man fühlte die eherne Hand der Vergangenheit an den Eingeweiden. Das Tor zum College; und nun mußte man es auch durchstehen.
    Am Eingang in der St. Cross Road saß ein neuer Pförtner, der Harriets Namen ungerührt zur Kenntnis nahm und auf einer Liste abhakte. Sie übergab ihm ihr Gepäck, fuhr den Wagen um die Ecke zu einer Garage im Mansfield Lane {} , ging dann, den Talar überm Arm, über den Neuen Hof in den Alten und gelangte schließlich durch einen häßlichen Toreingang aus Ziegelsteinen in den Burleigh-Bau.
    Auf den Korridoren und im Treppenhaus begegnete sie niemandem von ihrem Jahrgang. An der Tür zum Studentengemeinschaftsraum begrüßten sich drei ehemalige Kommili–toninnen eines viel älteren Jahrgangs mit überschäumender, wenn auch verspäteter Mädchenhaftigkeit; sie kannte aber keine von ihnen und ging, ohne etwas zu sagen oder von ihnen angesprochen zu werden, an ihnen vorbei wie ein Geist. Das ihr zugewiesene Zimmer identifizierte Harriet nach einigen Berechnungen als dasjenige, das zu ihrer Zeit von einer ihr ausgesprochen unsympathischen Kommilitonin bewohnt worden war; sie hatte einen Missionar geheiratet und war nach China gegangen. Der kurze Talar der jetzigen Bewohnerin hing hinter der Tür; die Bücher in den Regalen ließen auf ein Geschichtsstudium schließen; nach ihren persönlichen Habseligkeiten zu schließen, schien sie eine Studentin im ersten Jahr mit Hang zur Modernität und wenig natürlichem Geschmack zu sein. Das schmale Bett, auf das Harriet jetzt ihre Sachen warf, war mit einer Tagesdecke von geschmacklos grüner Farbe und unausgewogen futuristischem Muster überzogen; darüber hing ein schlechtes Bild in neoarchaischem Stil; eine verchromte Lampe von eckiger, unhandlicher Form paßte wenig zu dem collegeeigenen Mobiliar, einem Tisch und Kleiderschrank, ihrerseits von einer Art, bei der man meist an die Tottenham Court Road denkt; die ganze Disharmonie wurde gekrönt und akzentuiert durch eine eigenartige Statuette – oder ein dreidimensionales Diagramm – aus Aluminium auf der Kommode; es ähnelte einem übergroßen, verbogenen Korkenzieher und trug am Sockel die Aufschrift STREBEN. Mit einiger Überraschung und Erleichterung fand Harriet im Kleiderschrank drei funktionstüchtige Kleiderbügel. Der Spiegel war nach bewährtem Collegebrauch etwa dreißig mal dreißig Zentimeter groß und hing in der dunkelsten Ecke des Zimmers.
    Sie packte ihren Koffer aus, zog Mantel und Rock aus, warf sich einen Bademantel über und machte sich auf die Suche nach einem Badezimmer. Sie hatte sich eine dreiviertel Stunde zum Umkleiden und Frischmachen zugebilligt, und die Warmwasserversorgung hatte schon immer zu den bewundernswertesten kleinen Annehmlichkeiten am Shrewsbury College gehört. Sie wußte nicht mehr genau, wo sich die Badezimmer auf diesem Flur befanden, aber sie mußten hier irgendwo links sein. Ein Abspülraum, zwei Abspülräume mit Hinweisschildern an den Türen: GESCHIRRSPÜLEN NACH 23 UHR UNTERSAGT; drei Toiletten mit Hinweisschildern an den Türen: NACH VERLASSEN BITTE LICHT LÖSCHEN; ja, und hier war sie richtig – vier Badezimmer mit Hinweisschildern an den Türen: BADEN NACH 23 UHR UNTERSAGT, und darunter jeweils der entrüstete Zusatz: WENN EINZELNE STUDENTINNEN WEITERHIN NACH 23 UHR BADEN, WERDEN DIE BADERÄUME KÜNFTIG UM 22.30 UHR ABGESCHLOSSSEN. EINE gewisse RÜCKSICHTNAHME AUF ANDERE IST IN EINER GEMEINSCHAFT UNERLÄSSLICH. Unterzeichnet: L. MARTIN, DEKAN. Harriet suchte sich das größte Bad aus. Da hing eine Merktafel mit VERHALTENSMASSREGELN IM BRANDFALLE und in großen Lettern der Hinweis: DER WARMWASSERVORRAT IST BEGRENZT. BITTE NICHT UNNÖTIG VERGEUDEN! Mit dem vertrauten Gefühl, in Vorschriften eingebettet zu sein, drückte Harriet den Stöpsel in den Abfluß und drehte den Hahn auf. Das Wasser war siedendheiß; allerdings hätte der Badewanne ein neuer

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