Aufruhr in Oxford
einzuschalten wäre nun allerdings nicht wünschenswert. Aber darf ich fragen, ob zur Zeit daran gedacht wird, daß Miss Vane die Ermittlungen selbst in die Hand nimmt? Oder rät sie uns, eine Privatdetektei damit zu beauftragen? Oder was?»
«Ich fühle mich in einer sehr unangenehmen Lage», sagte Harriet. «Natürlich bin ich gern bereit, Ihnen nach Kräften zu helfen; aber es ist Ihnen doch klar, daß solche Ermittlungen recht lange dauern können, besonders wenn einer allein sie in die Hand nehmen soll. In einer Einrichtung wie dieser, wo überall und jederzeit Leute herumlaufen, ist eine wirksame Überwachung so gut wie unmöglich. Dazu brauchte man schon eine kleine Kompanie von Privatdetektiven – und selbst wenn man sie als Hausmädchen oder Studentinnen verkleidete, könnte das doch zu unerfreulichen Situationen führen.»
«Wären nicht schon aus einer eingehenden Prüfung der Dokumente ein paar materielle Hinweise zu gewinnen?» fragte Miss Pyke. «Für mich selbst gesprochen, ich wäre gern bereit, mir Fingerabdrücke abnehmen zu lassen und mich allen für notwendig erachteten Vorbeugemaßnahmen zu unterwerfen.»
«Ich fürchte nur», antwortete Harriet, «daß die Sache mit den Fingerabdrücken nicht so einfach ist, wie wir das in unsern Büchern immer darstellen. Ich meine, natürlich könnten wir von allen Dozentinnen die Fingerabdrücke nehmen, möglicherweise auch von den Hausmädchen, obwohl die das sicher nicht so gern hätten. Ich zweifle aber sehr, ob man auf diesem rauhen Papier überhaupt irgendwelche unterscheidbaren Abdrücke sichtbar machen könnte. Außerdem –»
«Außerdem», sagte die Dekanin, «weiß heutzutage jeder Tunichtgut ausreichend über Fingerabdrücke Bescheid, um Handschuhe zu tragen.»
«Und», sagte Miss de Vine, die jetzt zum erstenmal den Mund aufmachte, mit leicht verbissener Betonung, «wenn wir’s nicht vorher gewußt hätten, wüßten wir’s jetzt.»
«Heiliger Bimbam!» entfuhr es der Dekanin. «Jetzt hatte ich schon ganz vergessen, daß es ja um uns geht.»
«Sie sehen», sagte die Rektorin, «was ich gemeint habe, als ich sagte, es sei besser, über die Untersuchungsmethoden nicht zu ausgiebig zu diskutieren.»
«Wie viele Leute haben diese Dinger überhaupt schon in den Händen gehabt?» wollte Harriet wissen.
«Mehr als genug, nehme ich an», sagte die Dekanin.
«Aber könnte man nicht eine Durchsuchung nach –» begann Miss Chilperic. Sie war die jüngste im Kollegium, eine kleine, blonde, schüchterne junge Frau, Assistentin für englische Sprache und Literatur, und eigentlich nur deshalb bemerkenswert, weil sie mit einem jungen Professor eines anderen College verlobt war.
Die Rektorin schnitt ihr das Wort ab.
«Bitte, Miss Chilperic, das ist genau die Art von Vorschlag, die hier nicht gemacht werden sollte. Er könnte als Warnung dienen.»
«Diese Situation ist unerträglich», sagte Miss Hillyard. Dabei sah sie Harriet wütend an, als ob sie für die Situation verantwortlich wäre – was sie in gewissem Sinne auch war.
«Ich habe den Eindruck», sagte die Schatzmeisterin, «daß wir jetzt, nachdem wir Miss Vane gebeten haben, hierherzukommen und uns einen Rat zu geben, nicht imstande sind, ihn anzunehmen oder auch nur anzuhören. Man kommt sich vor wie in einer Posse.»
«Wir müssen bis zu einem gewissen Grade offen reden», sagte die Rektorin. «Raten Sie uns zu einer Privatdetektei, Miss Vane?»
«Nicht von der üblichen Sorte», antwortete Harriet. «Daran hätten Sie keine Freude. Aber ich kenne eine Agentur, bei der Sie die richtigen Personen und die größtmögliche Diskretion bekommen können.»
Ihr war nämlich eingefallen, daß es da noch eine gewisse Miss Katherine Climpson mit einer Organisation gab, die äußerlich ein Schreibbüro, in Wirklichkeit aber eine sehr nützliche Agentur war, in der Frauen mit allen möglichen kleinen Ermittlungen beschäftigt waren. Die Agentur trug sich selbst, obschon, wie Harriet wußte, Peter Wimseys Geld dahinterstand. Sie war einer der ganz wenigen Menschen in Großbritannien, die darüber Bescheid wußten.
Die Schatzmeisterin hüstelte.
«Honorare für eine Detektei», bemerkte sie, «würden sich in der Jahresabrechnung etwas merkwürdig ausnehmen.»
«Ich glaube, das ließe sich arrangieren», sagte Harriet. «Ich kenne die Organisation persönlich. Ein Honorar wäre vielleicht gar nicht notwendig.»
«Aber das wäre nicht recht», erklärte die Rektorin. «Ein Honorar müßte
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