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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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natürlich gezahlt werden. Ich würde gern persönlich dafür geradestehen.»
    «Das wäre ebenfalls nicht recht», sagte Miss Lydgate. «Jedenfalls wäre es uns sicher nicht recht.»
    «Vielleicht», wandte Harriet ein, «könnte ich mich mal erkundigen, wie hoch das Honorar überhaupt sein würde.» Sie hatte in Wahrheit keine Ahnung, wie diese geschäftliche Seite geregelt zu werden pflegte.
    «Fragen kann nicht schaden», stellte die Rektorin fest. «Inzwischen –»
    «Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte», sagte die Dekanin, «ich finde, wir sollten alles vorhandene Material Miss Vane übergeben, da sie die einzige in diesem Raum ist, die außerhalb jeden Verdachts steht. Vielleicht möchte sie die Angelegenheit einmal überschlafen und kann Ihnen, Dr. Baring, morgen früh Bescheid geben. Das heißt, nicht morgen früh, wegen Lord Oakapple und der Eröffnung; aber morgen irgendwann im Laufe des Tages.»
    «Schön», antwortete Harriet auf einen fragenden Blick der Rektorin. «Das mache ich. Und wenn mir etwas einfällt, wie ich mich nützlich machen könnte, werde ich mein Bestes tun.»
    Die Rektorin bedankte sich bei ihr. «Wir alle», sagte sie, «erkennen die außerordentliche Schwierigkeit der Situation, und ich bin sicher, daß wir alle nach Kräften zusammenarbeiten werden, um die Sache aufzuklären. Und noch eines möchte ich sagen: Was immer der einzelne von uns denken oder fühlen mag, es ist von allergrößter Wichtigkeit, daß wir soweit wie möglich alle eventuellen vagen Verdächtigungen aus unsern Gedanken verbannen und uns insbesondere hüten, irgend etwas zu äußern, was als Vorwurf gegen irgend jemanden verstanden werden könnte. In einer kleinen Gemeinschaft wie der unseren könnte nichts verheerender sein als eine Atmosphäre gegenseitigen Mißtrauens. Ich wiederhole, daß ich zu jedem einzelnen in diesem Kollegium das allergrößte Vertrauen habe. Ich werde mich bemühen, vollkommen unvoreingenommen zu bleiben, und von allen meinen Kolleginnen erwarte ich dasselbe.»
    Die Professorinnen nickten zustimmend, und die Versammlung war beendet.
     
    « Also! »sagte die Dekanin, als sie und Harriet in den Neuen Hof einbogen. «Das war die ungemütlichste Sitzung, die ich je erlebt habe. Meine Liebe, da haben Sie aber wirklich eine Bombe mitten zwischen uns geworfen!»
    «Das fürchte ich auch. Aber was hätte ich tun sollen?»
    «Sie konnten gar nichts anderes tun. Du meine Güte! Die Rektorin hat ja gut von Unvoreingenommenheit reden, aber wir werden uns alle ganz schön scheußlich fühlen und uns die ganze Zeit fragen, was die andern über uns denken und ob nicht unsere eigenen Gespräche ein bißchen übergeschnappt klingen. Diese Verrücktheit, die dahintersteckt, das ist das Schreckliche.»
    «Ich weiß. Übrigens, Miss Martin, ich weigere mich entschieden, Sie zu verdächtigen. Sie sind der normalste Mensch, den ich je kennengelernt habe.»
    «Das finde ich nun gar nicht unvoreingenommen, aber haben Sie trotzdem schönen Dank für die netten Worte. Und man kann eigentlich auch unmöglich die Rektorin oder Miss Lydgate verdächtigen, oder? Aber nicht einmal das dürfte ich wohl sagen. Andererseits könnte man vielleicht durch Eliminierung – o Gott! Könnten wir nicht einen bequemen Außenstehenden finden, mit einem gußeisernen Alibi, das nur darauf wartet, geknackt zu werden?»
    «Wollen wir’s hoffen. Und dann müssen wir uns natürlich auch noch mit diesen beiden Studentinnen und den Hausmädchen befassen.» Sie waren vor der Wohnung der Dekanin angelangt und gingen hinein. Miss Martin schürte mit wütenden Bewegungen das Feuer in ihrem Wohnzimmer, setzte sich in einen Sessel und starrte in die züngelnden Flammen. Harriet machte sich’s auf einer Couch bequem und betrachtete Miss Martin.
    «Wissen Sie was?» sagte die Dekanin. «Sie sagen mir am besten gar nicht zuviel über das, was Sie denken, aber es besteht kein Grund, warum wir Ihnen nicht sagen sollen, was wir denken. Oder doch? Nein. Also gut. Das ist doch der springende Punkt: Was ist der Grund für diese ganzen Nachstellungen? Es sieht nicht so aus, als ob es ein persönlicher Groll gegen eine bestimmte Person wäre. Es ist mehr eine Art blinde Bosheit, die sich gegen alle im College richtet. Was steckt dahinter?»
    «Nun, es könnte jemand sein, der das Gefühl hat, das College als Ganzes habe ihm etwas getan. Oder es könnte doch etwas Persönliches sein, was sich nur hinter den ungezielten Angriffen tarnt. Oder es

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