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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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daß es wie bei den Hausmädchen auch in unserm ureigensten Interesse ist, uns eine Überwachung gefallen zu lassen. Was meinen Sie dazu, Miss Lydgate?»
    «Gewiß», antwortete die Vizerektorin. «Es darf keine Ausnahme gemacht werden. Ich persönlich bin uneingeschränkt bereit, mich jeder für notwendig erachteten Aufsicht zu unterwerfen.»
    «Nun, Sie zumindest sind ja wohl kaum verdächtig», wandte die Dekanin ein. «Sie sind die Hauptgeschädigte.»
    «Geschädigt sind wir in gewisser Weise alle», sagte Miss Hillyard.
    «Ich fürchte», sagte Miss Allison, «wir sollten nicht vergessen, daß alle diese unglückseligen – hm – anonymen Briefeschreiber, soviel ich weiß, oft genug auch solche Briefe an sich selbst schicken, um den Verdacht von sich abzulenken. Stimmt das nicht, Miss Vane?»
    «Doch», sagte Harriet unverblümt. «Es will einem ja auf den ersten Blick unwahrscheinlich vorkommen, daß jemand sich selbst so ungeheuren materiellen Schaden zufügt, wie ihn Miss Lydgate erlitten hat; wenn wir aber erst anfangen, Unterschiede zu machen, ist es schwer, die Grenze zu ziehen. Ich finde, daß hier nur ein hieb- und stichfestes Alibi als Unschuldsbeweis akzeptiert werden darf.»
    «Und ich habe kein Alibi», sagte Miss Lydgate. «Ich habe am Samstag das College erst verlassen, nachdem Miss Hillyard zum Lunch gegangen war. Überdies bin ich sogar noch während der Mittagessenszeit zum Tudor-Bau hinübergegangen, um ein Buch in Miss Chilperics Zimmer zurückzubringen, bevor ich wegfuhr; da hätte ich also ohne weiteres auch das Manuskript aus der Bibliothek holen können.»
    «Aber Sie haben ein Alibi für die Zeit, als die Bögen hier ins Dozentenzimmer geworfen wurden», sagte Harriet.
    «Nein», antwortete Miss Lydgate; «nicht einmal das. Ich bin mit dem Frühzug zurückgekommen und hier eingetroffen, als alle in der Kapelle waren. Ich hätte zwar recht schnell laufen müssen, um die Bögen ins Dozentenzimmer zu werfen und wieder in meinem Appartement zu sein, wenn sie entdeckt wurden, aber ich hätte es wohl schaffen können. Auf jeden Fall möchte ich lieber genauso behandelt werden wie alle andern.»
    «Danke», sagte die Rektorin. «Ist eine der Anwesenden anderer Meinung?»
    «Wir werden wohl alle derselben Meinung sein müssen», sagte die Dekanin. «Aber es gibt noch einen Personenkreis, den wir bisher ausgelassen haben.»
    «Die derzeitigen Studentinnen, die bei der Jahresfeier waren», sagte die Rektorin. «Ja. Wie steht es mit ihnen?»
    «Ich weiß nicht mehr genau, wer das alles war», sagte die Dekanin, «aber ich glaube, die meisten standen im Abschlußexamen und sind inzwischen abgegangen. Ich werde mal auf der Liste nachsehen. Ach ja, und dann war da natürlich noch Miss Cattermole, die ihre Vorprüfung für den Bakkalaureus ablegte – zum zweitenmal.»
    «Ach ja!» sagte die Quästorin. «Ja, Miss Cattermole.»
    «Und diese eine, die ihre mündliche Bakkalaureusprüfung machte – wie hieß sie noch? Hudson, nicht? War sie noch da?»
    «Ja», sagte Miss Hillyard, «sie war noch da.»
    «Dann werden die jetzt alle im zweiten, beziehungsweise im dritten Jahr stehen», meinte Harriet. «Weiß übrigens jemand, wer dieser ‹junge Farringdon› ist, von dem in dem Brief an Miss Flaxman die Rede war?»
    «Das ist es ja», sagte die Dekanin. «Der junge Farringdon studiert am – New College, glaube ich – und war mit der Cattermole verlobt, als beide hierherkamen, aber jetzt ist er mit der Flaxman verlobt.»
    «So?»
    «Hauptsächlich sogar wegen dieses Briefes, soviel ich weiß, zumindest aber teilweise. Wie ich höre, hat Miss Flaxman Miss Cattermole beschuldigt, die Absenderin zu sein, und ihn Mr. Farringdon gezeigt; worauf der junge Mann seine Verlobung mit Cattermole löste und seine Zuneigung Miss Flaxman schenkte.»
    «Das ist nicht nett», sagte Harriet.
    «Das nicht, aber ich glaube, die Verlobung der Cattermole war nie mehr als ein Arrangement der Familien untereinander, und die jetzige Regelung ist nichts weiter als die offene Anerkennung eines fait accompli. Wie ich höre, hat die Geschichte im zweiten Jahrgang einen ziemlichen Sturm erregt.»
    «Aha», sagte Harriet.
    «Die Frage ist immer noch», meinte Miss Pyke, «was wir in der Angelegenheit jetzt tun wollen. Wir haben Miss Vane um ihren Rat gebeten, und ich persönlich will gern einräumen – besonders in Anbetracht dessen, was wir heute abend gehört haben –, daß wir unbedingt Hilfe von außen brauchen. Die Polizei

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