Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
letzten bedauernden Blick wendete er sich zum Gehen. »Ich vertraue darauf, daß Sie morgen früh weiterreisen«, sagte er noch, dann schob er sich hinaus, schloß die Tür hinter sich und ließ sie im Dunkeln zurück.
    Martha schob ihre Hand in die ihres Mannes. »Was für eine großartige Rede du ihm gehalten hast, Schatz! Vielleicht hast du doch Phantasie. Du bist wirklich ein tapferer Mann, mein lieber Algy. Wenn er dich regelmäßig zu solcher Beredtsamkeit provozieren könnte, sollten wir den alten Betrüger mitnehmen.«
    Graubart lauschte Jingadangelows Schritten auf der Treppe. Sie wurden plötzlich von einem gedämpften Geräusch abgelöst, das Graubart sich nicht erklären konnte, dann wurde es still. Er schob Martha beiseite, tastete in der Finsternis nach seinem Gewehr, fand es und öffnete die Tür.
    Jingadangelows Laterne brannte noch, aber sie befand sich nicht länger in den Händen des Meisters. Er stand am Fuß der Treppe und hielt die Arme hoch über den Kopf gereckt, eingekreist von drei unglaublichen Gestalten. Eine von ihnen hatte seine Laterne und schwang sie wild herum, so daß die Schatten in verrücktem Reigen über Wände, Dachsparren und Boden tanzten.
    Die Gestalten waren grotesk, aber im flackernden Lampenschein schwer auszumachen. Sie schienen je vier Beine und zwei Arme zu haben und umschlichen den zitternden Meister in geduckter Haltung. Die Ohren standen steil auf ihren Schädeln, sie hatten schnauzenartige Nasen. Ihr ganzes Aussehen glich mittelalterlichen Darstellungen des Teufels.
    Graubart spürte eine ihm unbekannte Aufwallung abergläubischer Furcht; instinktiv riß er das Gewehr an die Backe und feuerte. Ohrenbetäubendes Krachen zerriß die unheimliche Stille. Die Gestalt mit der Laterne stieß einen spitzen Schrei aus und fiel. Die Laterne zerschellte und erlosch zwischen flüchtenden Schatten.
    »Mein Gott, schnell, Martha, bring eine Lampe!« rief Graubart in plötzlichem Erschrecken. Als Pitt und Charley auf dem Balkon erschienen, tappte er schon die finstere Treppe hinunter. Charley brachte seine Laterne heraus.
    Mit einem wilden Kriegsgeschrei ließ Pitt einen Pfeil fliegen. Das Geschoß verfehlte die fliehenden Gestalten und blieb nahe der eingestürzten Rückwand zitternd im Boden stecken. Pitt, Charley und Martha folgten Graubart nach unten. Jingadangelow lehnte an der Wand, im Schock weinend und am ganzen Körper bebend; er schien unverletzt zu sein.
    Auf dem schmutzigen Lehmboden lag zwischen zwei Dachsfellen ein kleiner Junge. Das Rückenfell war so befestigt, daß der Tierschädel sein Gesicht wie eine Maske bedeckte. Sein schmächtiger Körper war mit Farbe oder gefärbtem Schlamm bestrichen. Die Gewehrkugel hatte seinen Oberschenkel durchschlagen. Er war bewußtlos und verlor viel Blut.
    Charley und Pitt fielen neben Graubart auf die Knie, während er die Dachsfelle wegzog und die Wunde untersuchte. Es war ein glatter Durchschuß, der den Knochen unversehrt gelassen hatte.
    Sie hörten kaum, wie Jingadangelow fassungslos blubberte: »Sie hätten mich umgebracht, Graubart! Kleine Wilde! Sie haben mir das Leben gerettet! Die hinterlistigen kleinen Affen haben mir aufgelauert! Ich habe Chammoy in der Nähe gefangen, und ich glaube, sie waren hinter ihr her. Die kleinen Teufel ...«
    Pitt stand auf und ging auf ihn zu. »Wir wollen dich nicht mehr sehen, Dicker! Halte den Mund und verschwinde!«
    Jingadangelow richtete sich auf und hob abwehrend die Hand. »Glaubst du, ich wurde bleiben?« Er ließ Pitt stehen und ging in die Nacht hinaus.
    Martha band dem Jungen das Bein ab. Als sie die Schlinge fester zusammendrehte, öffnete das Kind die Augen und blickte starr nach oben. Sie neigte sich über ihn und lächelte.
    »Wer immer du bist, mein Kleiner, es wird alles gut werden.«
     
    Früh am nächsten Morgen bestiegen sie das Dingi. Pitt kletterte in sein Ruderboot, nickte vor sich hin, grinste und rieb sich die Nase. Der Himmel über Hagbourne war bedeckt, aber während sie ihre Sachen verstauten und das Segel aufzogen, brach die Sonne durch aufreißendes Gewölk, und der Wind frischte auf.
    Das schlammige Ufer mit der grünbemoosten Kaimauer, an der der alte Flußdampfer lag, war menschenleer. Zu ihrer Erleichterung war niemand von Jingadangelows Leuten erschienen. Erst als sie ein gutes Stück draußen waren, erschien eine einsame Gestalt am Kai und winkte ihnen nach; die Entfernung war zu groß, um zu erkennen, wer es war.
    Der Wind fuhr in das Segel, und

Weitere Kostenlose Bücher