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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Quälereien, weil sie Teil eines logischen Plans zu sein scheinen. Sie scheinen unumgänglich, da sich keine Alternative anzubieten scheint. Also haben wir manipulierte Pferderennen in Santa Anita. Und also haben wir Johnson. Und irgendwie lassen wir es zu, daß es so bleibt. Wir sind so wahnsinnig, uns die Handschellen selbst anzulegen. Das mag erklären, weshalb einige von uns
- wenn nicht die meisten, wenn nicht alle — an einem Tag wie dem 22. März 1968 in Santa Anita zusammenkommen, um sich reinlegen zu lassen.
Ende des 5. Rennens; Sieger ist Quadrant, die Nr. 12. Die Anzeigetafel registriert 5/2. Das Pferd hat einen überzeugenden Sieg herausgelaufen und seinen Vorsprung auf der Zielgeraden noch vergrößert. Ich hab Zehn auf Sieg und warte mit meinen 40 Dollar Minus auf die offizielle Notierung. 5/2 zahlt zwischen S 7.00 und S 7.80, und Zehn auf Sieg bedeutet einen Gewinn zwischen $ 35.00 und $ 39.00. Und damit, schätze ich, bin ich einigermaßen aus dem Schneider. Das Pferd war an dritter Stelle in der Aufstellung und die 5/2-Notierung hatte sich bis zu dem Zeitpunkt, als der Totalisator dichtmachte, nicht geändert.
Die offizielle Notierung leuchtete auf: 5:40. Da war es, direkt vor meinen Augen. Fünf-Vier-Null. Das liegt zwischen 8/5 und 9/5 und hat mit 5/2 weiß Gott nichts mehr zu tun. Anfang der Woche hatte das Management über Nacht und o hne Vorankündigung die Parkgebühren von 25 auf 50 Cents erhöht. Die Gehälter der Parkwächter wurden garantiert nicht verdoppelt. Außerdem wurde der Eintrittspreis von $ 1.95 auf $ 2.00 aufgerundet. Und jetzt das. $ 5.40. Verdammt nochmal. Ein langsames, ungläubiges Aufstöhnen kam von der Tribüne. In all den nahezu 13 ooo Rennen, die hinter mir lagen, hatte ich etwas derartiges noch nicht erlebt. Natürlich ist die Anzeigetafel nicht unfehlbar. Ich habe bei 9/5 schon erlebt, daß 8 6.00 ausgezahlt wurden und ähnliche geringfügige Verschiebungen, aber noch nie, daß eine 5/2 im letzten Augenblick auf beinah 8/5 fiel. Dazu hätten in letzter Sekunde noch unglaublich hohe Wetten eingehen müssen. Die Menge fing an zu buhen. Das Buhen verebbte und begann von neuem. Und jedesmal hielt es länger an. BUH BUUUH BUUUUUUHHHHHH ! Der Mob merkte, daß etwas faul war. Der Mob war mal wieder aufs Kreuz gelegt worden. $ 5.40 bedeutete, daß ich statt $ 39.00 nur $ 27.00 kassierte. Und ich war nicht der einzige, der davon betroffen war. Man spürte, wie es in der Menge gärte. Für viele bedeutete jedes Rennen die Entscheidung darüber, ob sie ihre Miete bezahlen konnten, am nächsten Tag was zu essen hatten und die nächste Rate für ihren Wagen bezahlen konnten oder nicht, Ich schaute runter auf die Bahn und sah einen Mann, der mit seinem Programm fuchtelte und auf die Tafel zeigte. Er schien auf einen der Platzordner einzureden. Dann schwenkte er sein Programm in Richtung auf die Zuschauer und forderte sie auf, herunter auf die Rennstrecke zu kommen. Ein Mann kam runter und sprang über .das Geländer. Die Menge brach in Beifallsgeschrei aus. Dann kam noch einer. Wieder Beifall. Die Menge kam in Stimmung. Und dann kamen weitere, und die Menge johlte. Man fühlte sich besser, man witterte eine Chance . . . Noch mehr Leute kamen herunter auf die Gerade; es mußten wohl an die 65 sein.
Die Stimme des Ansagers dröhnte aus den Lautsprechern:
    »LADIES AND GENTLEMEN, WIR BITTEN SIE, DIE RENNSTRECKE ZU RÄUMEN, DAMIT DAS 6. RENNEN BEGINNEN KANN!«
    Seine Stimme hatte einen unangenehmen Klang. Auf der Zielgeraden waren zehn Polizisten in ihrer grauen Santa-AnitaKluft; jeder trug eine Pistole. Die Menge BUHTE . Dann merkte einer auf der Bahn unten, daß das nächste Feld im Anmarsch war und man ihm den Eingang blockierte. Die Leute zogen sich also auf den Rasen zurück und ließen die Pferde rein. Es waren acht Pferde, angeführt vom Outrider im roten Jackett und schwarzer Samtmütze. Die Leute kamen wieder vom Rasen herunter und verteilten sich auf der Bahn.
    »WIR FORDERN SIE NOCH EINMAL AUF, DIE BAHN ZU RÄUMEN«, sagte der Ansager. » BITTE RÄUMEN SIE DIE BAHN ! DIE TAFEL
KONNTE DIE LETZTEN WETTEN NICHT MEHR REGISTRIEREN! DER AN - GEZEIGTE BETRAG IST KORREKT !« Die Pferde hatten ihre Parade vor der Tribüne beendet und kamen zurück, auf die wartenden Leute zu. Die Pferde sahen sehr groß und nervös aus. Ich fragte Denver Danny, einen Bekannten und Veteranen des Rennbetriebs: »Was, zum Teufel, läuft hier eigentlich, Denver?«
»Die Anzeige stimmt«, sagte er,

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