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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Straße war eine Bar. Ich hörte schallendes Lachen. Ich ging rein und pflanzte mich irgendwo hin. Ein Kerl gab Ge schichten über seine Mutter zum besten, wie sie ihn in die Klavierstunde schickte und zum Malen auf die Abendakademie, und wie er ihr das Geld für seine Sauftouren aus der Tasche zog. Die ganze Belegschaft grölte. Mich überkam es auch. Der Kerl war ein Genie, seine gute Laune war einfach ansteckend, und er teilte es nach allen Seiten aus. Ich lachte, bis die Bar dicht machte und die Runde auseinanderging. Ich verließ New York wenige Tage später und bin nie wieder hingegangen. Es gibt Städte, die einem Glück bringen, und es gibt Städte, die einen killen. Die zweite Sorte ist in der Überzahl. Um in New York durchzukommen, braucht man einen ganzen Panzerschrank voll Glück. Und das hatte ich nicht. Das Nächste, an das ich mich erinnere, ist, daß ich in einem komfortablen Hotelzimmer in Kansas City saß und zuhörte, wie der Manager das Zimmermädchen verdrosch, weil sie es nicht fertiggebracht hatte, mir ihren Arsch zu verkaufen. Alles war wieder real, friedlich und normal. Ich saß im Bett, hörte mir das Gezeter an, langte nach einem vollen Glas, goß es mir hinter die Binde und räkelte mich in den sauberen Leintüchern. Der Manager hatte eine beachtliche Handschrift. Ich hörte ihren Kopf gegen die Wand schlagen. Am nächsten Tag, wenn ich die Strapazen der Busfahrt überstanden hatte, würde ich sie vielleicht für einen Kurzen zu mir reinlassen. Sie hatte einen ansprechenden Hintern. Und der Manager besaß die kluge Umsicht, ihr den nicht zu ramponieren. Und ich war New York entronnen, gerade noch mal mit einem blauen Auge davongekommen.
    Das waren Abende, damals im Olympic. Sie hatten einen glatzköpfigen kleinen Iren (hieß er Dan Tobey?), der die Ansage machte, und der Kerl hatte Stil, er hatte was gesehen im Leben, vielleicht war er sogar als Junge noch auf den alten Riverboats gewesen, oder wenn er nicht schon so alt war, dann hatte er doch mindestens noch den Dempsey-Firpo-Fight miterlebt.
Ich sehe ihn immer noch, wie er hochlangte und langsam das Ringmikrophon zu sich runterzog, wir hatten alle schon vor dem ersten Kampf einen sitzen, pafften Zigarren, fühlten uns wie Graf Rotz und warteten darauf, daß sie die ersten beiden Jungs auf die Bretter stellten. Wir waren eine grausame Meute, aber so wie die Dinge lagen, wollten wir was sehen für unser Geld.
Fast jeder von uns hatte eine rot oder blond gefärbte Schönheit dabei. Meine hieß Jane, und wir zogen manch einen guten 10-Runden-Fight miteinander ab, von denen einer für mich mit K. o. endete. Und ich war stolz, wenn sie aus dem Damenklo kam und die ganze Galerie anfing zu stampfen und zu pfeifen, wenn sie mit diesem großen magischen Hintern unter ihrem hautengen Kleid wackelte — und es war ein magischer Hintern: sie konnte den kältesten und härtesten Burschen derart bedienen, daß er nach Luft schnappte und brünstige Liebeslaute gegen einen Zementhimmel lallte. Und sie kam also die Galerie runter und setzte sich neben mich, und ich setzte die Flasche an wie eine Fanfare, reichte sie ihr rüber, sie nippte daran, gab sie zurück, und ich sagte gewöhnlich irgendwas Starkes in Richtung auf die Meute auf den billigen Plätzen: »Diese heulenden Wichser da oben, ich leg sie alle um!«
Und dann schaute sie auf ihr Programm und fragte mich: »Auf wen tippst du im ersten Kampf?«
Ich lag immer gut mit meinen Tips — vielleicht in 90 °/o aller Fälle —, aber ich sah mir die Jungs vorher immer genau an. Ich tippte immer auf den, der am wenigsten Wind machte. Und wenn einer sich vor dem Gong bekreuzigte und der andere nicht — dann stand für mich der Sieger bereits fest. Es stimmte meistens: derjenige, der rumtanzte und das ganze Schattenboxen abzog, war meistens auch der, der sich bekreuzigte, wenn es ernst wurde, und dann auch prompt Prügel bezog.
Es gab kaum schlechte Kämpfe in jenen Tagen, und wenn es welche gab, dann spielten sie sich —wie heute — in der Schwergewichtsklasse ab. Aber wenn damals etwas faul aussah, dann machten wir uns auch bemerkbar auf den Rängen — wir demolierten die Sitze oder nahmen den Ring auseinander oder steckten die ganze Halle an. Sie konnten sichs einfach nicht leisten, uns zu viele miese Fights vorzusetzen. Die Hollywood Legion hatte das Monopol auf miese, gezinkte Fights, und keiner von uns ließ sich dort blicken. Jeder — selbst die Bovs von der Hollywood L. — wußte, daß

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