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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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anziehen, mir die Haare kämmen, die Zähne putzen, essen konnte ich nichts, es kam mir schon beim Zähneputzen hoch, und dann ging ich raus und machte mich auf den Weg zur
    Glühbirnenfabrik, die Sonne brannte herunter, es tat gut, aber das war auch das einzige, und im übrigen mußte man es eben nehmen wie es kam.
    Santa Anita, 22. März 1968, 15 Uhr 10. Quillo's Babe liegt im Ziel gleichauf mit Alpen Dance, und ich hol nicht mal wieder meinen Einsatz raus. Das 4. Rennen ist vorbei, ich bin mit 40 Dollar im Schneider und hab noch keinen lausigen Cent gutgemacht. Es hätte klappen müssen bei Boxer Bob im zweiten Rennen mit Bianco im Sattel, einem der besseren neuen Jockeys auf der Bahn, und bei einer Notierung von 9/5. Bei jedem anderen Jockey, sagen wir Lambert oder Pineda oder Gonzales, hätte das Pferd mit 6/5 oder weniger notiert. Aber immerhin, ich halt mich an meinen alten Spruch: Eine Chance wittern und dann nicht konsequent nachsetzen ist dümmer, als von vornherein einfach auf Verdacht zu setzen. Wenn man blind setzt und es haut nicht hin, kann man sich wenigstens noch sagen: Scheiße, heut geht mir wieder alles daneben. Wenn man aber einen Lauf kommen sieht und sich nicht dranhängt, kann man sich hinterher nur noch Asche aufs Haupt streuen und nicht mal mehr mit gutem Gewissen Scheiße sagen. Und das ist ungesund, führt zu verkorksten Nächten, zuviel Alkohol, und dreht einen schließlich durch den Reiß wolf.
All right. Die alten Kunden des Totalisators verschwinden nicht einfach von der Bildfläche. Sie sterben, aber härter als die übrigen Zeitgenossen. Vielleicht verkriechen sie sich in ein Loch an der East 5th, oder vielleicht stehen sie noch eine Zeitlang an der Ecke und verkaufen Zeitungen, mit einer zerschlissenen Schildmütze auf dem Kopf, und tun so, als ob das Ganze nur ein Gag sei, während sie in Wirklichkeit schon das Gras von unten wachsen hören. Ich glaube, es war einer von Freuds Lieblingsschülern (er hat sich inzwischen wohl einen Namen gemacht, meine Ex-Frau hat ihn immer mit Vorliebe gelesen), der gesagt hat, Glücksspiel sei eine Form von Masturbation. Es muß schön sein, Köpfchen zu haben und solche Weisheiten von sich zu geben. Und vermutlich steckt in jeder derartigen Binsenweisheit ein Körnchen Wahrheit. Wenn ich so ein gescheites Haus wäre, würde ich wahrscheinlich ähnliche Sprüche auf die Menschheit loslassen. »Sich die Fingernägel mit einer dreckigen Nagelfeile putzen ist eine Form von Masturbation.« Und ich würde vielleicht ein Stipendium kriegen oder zum Ritter geschlagen werden und noch 14 scharfe Nümmerchen als Dreingabe erhalten.
Gestützt auf meine langjährige Erfahrung mit Schlachthöfen, Fabriken, eisigen Nächten auf Parkbänken, lausigen Jobs miesen Weibern und allgemein entnervenden Lebensläufen kann ich nur soviel sagen: der Grund, weshalb der Durchschnittsmensch seine paar Piepen beim Pferderennen verwettet, ist, weil man ihm die Schrauben zu eng angezogen hat, weil der Vorarbeiter eine Kanaille ist, weil der Hauswirt Scherereien macht, weil das Sexleben unter den Gefrierpunkt gesunken ist; Einkommenssteuer, Krebs und der große Katzenjammer; Kleider, die beim drittenmal Tragen aus dem Leim gehen; Leitungswasser, das wie Pisse schmeckt; Ärzte mit Fließbandbetrieb und verlausten Wartezimmern; Politiker mit Scheiße und Eiter im Kopf . . . man könnte diese Aufzählung bis ins Aschgraue fortsetzen, würde sich aber nur den Vorwurf einhandeln, man sei verbittert und übergeschnappt. Also scheiß drauf. Jedenfalls, wenn ic h richtig mitgezählt habe, dann hab ich bis heute 2500 Nummern geschoben, dagegen aber 12 500 Pferderennen erlebt. Wenn ich also jemand einen Rat geben kann, dann den: Malen Sie Aquarelle. Worauf ich hinaus will, ist dies: Die Leute kommen zum Rennplatz, weil ihnen das Wasser bis zum Hals steht, und weil sie eher riskieren wollen, daß ihnen das Wasser bis über die Ohren geht, als sich mit ihrer augenblicklichen Lage zufrieden zu geben. Und hoch da oben thronen die Big Boys und schauen auf den Ameisenhaufen herunter. Glauben Sie nicht, daß Johnson sich wie Graf Rotz fühlt, wenn er seine Nabelschau betreibt? Und ist Ihnen nicht ebenso klar, daß Johnson gleichzeitig eine der größten Arschkrücken ist, die man uns je angedreht hat? Aber wir haben den Köder genommen, wir hängen an der Angel und zappeln uns einen ab. Und einige von uns haben sich bereits derart einwickeln lassen, daß sie geradezu süchtig sind nach diesen

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