Aufzeichnungen eines Außenseiters
international bekannten Rattenfängern in den Indischen Ozean folgt. Eine andere Sache ist es, die Show tatsächlich über die Bühne zu bringen. 1870—71 haben sie in den Straßen von Paris 20000 umgelegt, die Straßen schwammen förmlich in Blut, und die Ratten kamen hervor und machten sich über die Leichen her; und die Bürger, ausgehungert, abgerissen und kirre, die Bürger kamen heraus und machten sich über die Ratten her. Und was ist Paris heute? Und mein Besucher auf dem Teppich gibt seinen braunen Senf dazu und grient in die Runde. Naja, er ist erst 20 und liest zuviele Gedichte. Und Lyrik ist nichts als ein nasser Lumpen im Spülbecken.
Und dann >Pot<. Ständig nennen sie Pot in einem Atemzug mit Revolution. Aber so gut ist Pot eben auch wieder nicht; und wenn es morgen legal wäre, Pot zu rauchen, würden 50 °/o dieser Leute das Interesse daran verlieren. Und wenn Sodomie nicht mehr unter Strafe gestellt wäre, würden all diese Truthähne plötzlich umsonst mit dem Hintern wackeln. Was wäre also zu tun? Eine ganze Reihe von Dingen. Zunächst würde man einmal mit dem Brauch aufräumen müssen, derart fiese Visagen als Präsidentschaftskandidaten zu nomi nieren. Zweitens müßte mit den Museen etwas geschehen. Nichts ist so deprimierend und verstunken wie ein Museum. Und man fragt sich fast, warum der Prozentsatz an 3jährigen Mädchen, die in den Museen von frustrierten Zeitgenossen angefallen werden, nicht noch höher ist. In jeder Etage müßte also eine Bar sein; das allein würde schon die laufenden Ausgaben decken und möglicherweise auch noch die Restaurierung diverser Kunstwerke und des Säbelzahntigers, dem ständig das Sägemehl aus dem Arsch läuft. Als nächstes würde ich auf jeder Etage eine Rock Band, eine Swing Band und ein Sinfonieorchester installieren; plus drei oder vier gutaussehende Weiber, die nichts als rumzulaufen und gut auszu sehen hätten. Mit anderen Worten, zum Sehen und Lernen bedarf es erst mal einer geeigneten Atmosphäre, d. h. der Stall muß die richtigen Vibrations ausstrahlen. So wie es jetzt ist, werfen die Leute einen flüchtigen Blick auf das lädierte Hinterteil des Säbelzahntigers und drücken sich daran vorbei, etwas peinlich berührt und leicht gelangweilt. Wie aber, wenn nun ein Typ mit seiner Alten ankommt, je der einen scharfen Drink in der Hand, und sie begucken sich den Säbelzahn, und er sagt: »Ver-dammt, schau dir bloß diese Beißerchen an! Fast wie 'n Elefant, hm?«
Und sie haucht: »Honey, ich bin schon ganz geil. Gehn wir heim und schieben ein Nümmerchen!«
Und er sagt: »Mo-ment! Erst muß ich aber noch runter in die Halle und mir diese 1917er Spad ansehn. Es heißt, daß Eddie Rickenbacker sie selber geflogen hat. Siebzehn Fritzen damit vom Himmel geholt. Außerdem sollen die P INK FLOYD da unten spielen.«
Unsere Revolutionäre dagegen würden das Museum einfach niederbrennen, damit wären für sie alle Probleme geritzt. Sie würden ihre eigene Großmutter abbrennen, wenn sie nicht schnell genug Leine ziehen würde. Und dann würden sie ankommen und fragen, wo denn hier der Wasserhahn ist und ob hier jemand ist, der mal schnell 'n Blinddarm operieren kann, oder jemand, der was gegen die Irren tut, die ihnen bei Nacht die Hälse durchschneiden wollen. Und dann würden sie mit Schmerzen feststellen, wieviele Ratten es in einer Stadt gibt — nicht die in Menschengestalt, sondern die richtigen —, und daß die Ratten die letzten sind, wenn es ans Ersaufen, Verbrennen und Verhungern geht. Die Ratten sind die wahren Revolutionäre; die gehen ganz pragmatisch vor, schon seit Jahrtausenden. Die Ratten, das ist der wahre Underground. Sie interessieren sich nicht für deinen Arsch, es sei denn, er hat die letzten Zuckungen schon hinter sich. Und auf indische Litaneien fallen sie auch nicht herein.
Ich will damit nicht sagen: schmeißt den Löffel fort und gebt auf. Auch mir liegt etwas am Fortbestand des wahren menschlichen Geistes. Nur laßt euch nicht verladen von den Jungs, die so zündende Reden halten und euch dann mit vier hart gesottenen Bullen und acht oder neun Typen von der Natio nalgarde allein lassen. Die Schreier, die euch für die große Konfrontation präparieren, lassen sich gewöhnlich nicht mehr blicken, wenn die Schießerei losgeht. Sie wollen am Leben bleiben, damit sie ihre Memoiren schreiben können. Und unweigerlich stoßen zu den revolutionären Varietekünstlern auch die Propagandisten von der Abteilung Religion. Was Wunder,
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