Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
Schuld. Ich geh nicht mehr auf Tanzveranstaltungen, Kirchenbasare, Dichterlesungen, Love-ins und all die Scheiße — und da treiben sich die meisten Nutten herum. Ich hab sonst immer was angeschafft, in den Bars oder im Zug auf der Rückfahrt von Del Mär, überall wo eine Sauferei im Gang war. Aber heut halt ichs in den Bars nicht mehr aus; all diese Typen, die da verloren rumsitzen und die Zeit totschlagen und darauf hoffen, daß sich ihnen irgendwann eine krätzige Tante auf den Schoß setzt. Die ganze Tour ist eine Schande für die Menschheit.« Red wirbelte eine Bierflasche durch die Luft, fing sie auf und sprengte an meiner Tischkante die Kappe ab.
»Es ist alles im Kopf, Bukowski. Du hast das nicht nötig.« »Es ist alles im Kopf von meinem Schwanz, Red. Und ich habs nötig.«
»Einmal haben wir 'ne pathologische Weinsäuferin gefaßt und auf 'n Bett geschnallt. 50 Cents pro Nummer. Ich schätze, daß da sämtliche Krüppel und verklemmten Macker in der Gegend drübergestiegen sind. In drei Tagen und drei Nächten müssen wir an die 500 Kunden abgefertigt haben.« »Menschenskind, Red, du machst mich krank!«
»Wieso? Ich dachte, du bist der Dirty Old Man?« »Ich wechsle bloß nicht jeden Tag die Socken, das ist alles. Habt ihr sie wenigstens aufstehen lassen, damit sie zwischendurch aufs Scheißhaus gehen konnte?«
»Wieso?«
»O shit. Hast du ihr denn was zu essen gegeben?« »Die Sorte ißt nichts. Wir haben ihr Wein gegeben.« »Macht mich krank.«
»Wieso?«
»Es war inhuman, verstehst du? Tierisch. Ach was, nicht mal Tiere würden sowas tun.«
»Wir haben 250 Dollar gemacht.«
»Wieviel hast du ihr gegeben?«
»Nix. Wir ham sie einfach dagelassen. Die Miete war erst in zwei Tagen fällig.«
»Habt ihr sie losgebunden?«
»Klar. Wir wollten uns doch keinen Mord anhängen lassen.« »Wie rücksichtsvoll.«
»Du redest wie ein Pfarrer.«
»Nimm dir noch 'n Bier.«
»Ich kann dir 'n bißchen Pussy besorgen.«
»Wieviel? 50 Cents?«
»Nee, bißchen mehr mußt du schon investieren.« »Nee, danke.«
»Siehst du, du willst es gar nicht wirklich!«
»Schätze, du hast recht.«
Wir machten uns an ein neues Bier. Er hatte einen guten Zug. Dann stand er auf. »Siehst du, ich hab immer ein kleines Rasiermesser an mir. Hier, unter meinem Gürtel. Für die meisten Rumtreiber ist Rasieren ein Problem. Nicht für mich. Und wenn ich auf Fahrt bin, hab ich immer zwei Paar Hosen an — hier, siehst du? — und wenn ich inne Stadt komm, zieh ich das äußere Paar aus, rasier mich, und unter meinem blauen Navy-Hemd hab ich 'n weißes Nylon an, das drück ich schnell durchs Wasser und inner Stunde oder so ist es trocken, und dann zieh ich meinen Schlips an, polier mir die Schuhe, hol mir innem An- und Verkauf-Laden eine passende Jacke, und zwei Tage später hab ich 'n white collar Job wie jeder respektable Bürger. Keiner sieht mir an, daß ich grad aus 'm Viehwaggon abgesprungen bin. Aber ich halt die Jobs nie lang aus. Und ums Katzenficken bin ich wieder auf Tour.« Ich wußte nicht, was ich dazu sagen sollte. Also hielt ich die Klappe und schlappte weiter mein Bier.
»Und ich hab immer so 'n kleinen Eispickel im Ärmel, an so 'nem elastischen Halter am Unterarm, siehst du?« »Yeah, ich sehs. Ein Freund von mir behauptet, 'n Flaschenöffner is 'ne prima Waffe.«
»Hat recht, dein Freund. Also, und wenn mich die Bullen anhalten, stoß ich das Ding immer schnell ab. Ich reiß die Arme hoch und schrei NICHT SCHIESSEN ! . . .« (Red führte mir die Pantomime vor) ». . . und dabei ließ ich den Eispickel rausfallen. Sie finden nie was an mir. Ich weiß nicht, wieviel ich schon so verschwinden lassen mußte. Ne Unmenge jedenfalls.«
»Hast du mit 'nem Eispickel schon mal was gedreht, Red?« Er warf mir einen merkwürdigen Blick zu.
»O. K., vergiß es«, sagte ich. »Ich hab nichts gesagt.« Wir schlappten weiter an unserem Bier.
»Ich hab mal in so 'ner Absteige 'ne Zeitung gesehn mit so einem Artikel von dir. Ich halt dich für 'n großen Schriftsteller.«
»Thanks«, sagte ich.
»Ich habs auch mal versucht, aber es haut nich hin. Ich hock mich hin und versuch zu schreiben, aber es läuft einfach nicht.«
»Wie alt bist du?«
»Einundzwanzig.«
»Laß dir Zeit.«
Er saß da und überlegte, wie er ein Schriftsteller werden könnte. Dann langte er in seine Gesäßtasche.
»Das harn sie mir gegeben, damit ich die Schnauze halte.« Es war eine geflochtene lederne Brieftasche.
»Wer?«
»Ich hab so zwei Typen gesehn, wie sie

Weitere Kostenlose Bücher