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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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TUPFEN DRAUF !«
»Mary Ann, ich hab doch gesagt, du sollst RUHIG sein! Jetzt SETZ dich mal eine Weile her zu mir und hör mit der Rennerei auf! LOS , setz dich hier HIN , hab ich gesagt!«
»Aber, Mammi! . . .«
Die Kleine hockte sich hin, schnupfte, sah sein Gesicht an, schnupfte und sah sein Gesicht an.
Mammi und ihre Kleine wurden aufgerufen. Andere wurden aufgerufen, Neue kamen rein, manche gingen gleich wieder. Schließlich rief ihn der Arzt rein.
»Mr. Beckett.«
Er folgte dem Doktor ins Sprechzimmer. »Nun, wie geht es uns, Mr. Beckett?«
»Sie brauchen mich nur anzusehn, dann wissen Sie es.« Der Arzt drehte sich um. »Gütiger Gott!« sagte er. »Yeah«, sagte Mr. Beckett.
»Ich habe noch nie etwas derartiges gesehen! Bitte machen Sie sich frei und setzen Sie sich hier auf den Tisch. Wann ist das zum erstenmal aufgetreten?«
»Heut morgen, als ich aufgewacht bin.«
»Wie fühlen Sie sich?«
»Als ob ich von Kopf bis Fuß mit Scheiße vollgeschmiert bin.« »Ich meine physisch.«
»Ich hab mich glänzend gefühlt, bis ich in den Spiegel geschaut hab.«
Der Arzt wickelte ihm die Gummimanschette um den Oberarm.
»Normaler Blutdruck.«
»Lassen Sie den Unfug, Doktor. Demnächst lassen Sie mich noch auf die Waage stehn. Geben Sie's ruhig zu: Sie wissen nicht, was es ist.«
»Nein, hab ich niemals derartiges gesehen.«
»Ihre Grammatik ist nicht ganz in Ordnung, Doktor. Wo sind Sie her?«
»Aus Österreich.«
»Aus Österreich. Ah ja. Und was wollen Sie jetzt mit mir machen?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht ein Hautspezialist, ständige Be obachtung, Tests . . .«
»Ich bin sicher, die würden mich sehr interessant finden. Aber es wird nicht weggehen.«
»Was wird nicht weggehen?«
»Was ich da hab. Ich spür es. Es wird nie mehr weggehen.« Der Arzt fing an, sein Herz abzuhören. Beckett schlug ihm das Stethoskop weg. Er stand auf und zog sich wieder an. »Überstürzen Sie nichts, Mr. Beckett. Bitte . . .!« Dann war er angezogen und draußen. Hut, Schal und Sonnenbrille ließ er da. Zurück in seiner Wohnung, griff er sich seine Jagdflinte und genug Patronen, um ein ganzes Bataillon umzulegen. Er fuhr auf die Freeway und bog ab, wo es zu den Hügeln ging. Von den Hügeln konnte man eine Kurve einsehen, in der die Fahrer Gas wegnehmen mußten. Er hatte keine Ahnung, wie er ausgerechnet auf diese Stelle kam. Er stieg aus dem Wagen und kletterte auf die höchste Erhebung, die er finden konnte. Er wischte den Staub vom Zielfernrohr, lud durch, entsicherte und legte sich flach. Zuerst wollte es nicht richtig hinhauen. Der Schuß schien jedesmal hinter dem Wagen einzuschlagen. Er übte sich darin, mit den Wagen mitzugehen. Sie fuhren alle praktisch gleich schnell, aber er paßte sich instinktiv den geringfügig wechselnden Geschwindigkeiten an. Der erste Fahrer, den er erwischte, war sehr merkwürdig. Die Kugel ging ihm durch die linke Schläfe und er schien genau zu ihm herauf zu sehen. Dann kam der Wagen ins Schleudern, fuhr gegen einen Zaun und kippte um. Er nahm sich den nächsten vor, eine Frau am Steuer, verfehlte sie, die Kugel ging in den Motor, der Wagen fing Feuer, und die Frau saß einfach drin, schrie, wedelte mit den Armen und brannte. Das wollte er nicht mit ansehen. Er erschoß sie.
Der Verkehr stoppte. Leute stiegen aus ihren Wagen. Er beschloß, keine weiteren Frauen zu erschießen. Das sah nicht gut aus. Ein Doktor aus Österreich. Hatten sie in Österreich keine Kranken? Warum war er nicht dort geblieben? Er erwischte vier oder fünf Männer, bevor sie da unten überhaupt merkten, was los war. Dann trafen die Bullen ein und die Krankenwagen. Sie sperrten die Freeway. Er ließ sie die Toten und Verwundeten in die Ambulanzen laden. Er schoß nicht auf die Krankenträger. Aber er feuerte auf die Bullen. Einen erwischte er, einen massigen Kerl, er war nicht zu verfehlen.
Er verlor jeden Sinn für die Zeit. Es wurde dunkel. Er fühlte, wie sie ringsherum begannen, zu ihm heraufzusteigen. Er wechselte seine Position. Bewegte sich auf sie zu. Er dezimierte ihren linken Flügel, indem er zwei aus dem Hinterhalt umlegte. Dann wurde er von rechts unter Beschüß genommen und mußte sich wieder zurückziehen. Sie kreisten ihn langsam ein. Es wäre falsch gewesen, wenn er sich an einer bestimmten Stelle festgesetzt hätte. Er versuchte noch einmal auszu gehen, aber das heftige Feuer trieb ihn wieder zurück. Er arbeitete sich langsam wieder zu seiner alten Stellung zurück. Er hörte, wie sie redeten und

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