Aufzeichnungen eines Außenseiters
größte lebende Dichter unserer Zeit. Die Kinder kommen jetzt gleich von der Schule und muß schließen.
Liebe Grüße Deine Meggy.«
Meggy bombardiert mich mit solchen Briefen. Ich habe sie nie getroffen, aber ich kenne sie von den Fotos, die sie schickt, und ich muß sagen, sie sieht aus wie eine große, gesunde Fickmaschine. Sie hat mir auch schon Gedichte von sich geschickt. In ihren Gedichten macht sie es sich ein bißchen einfach, und obwohl sie von Agonie und Tod und Ewigkeit und Ozean spricht, ist das Ganze doch ein einziges großes gähnendes Loch in der Sofaecke. Nichts als wieder mal eine triste Weiberseele, eingelullt von ihrem eigenen Ausverkauf durch die Jahre und Jahrzehnte, und längst dazu verurteilt, für den Rest ihrer Tage mit dem Staubsauger durch die Gegend zu schussern und sich mit den Flausen ihres Juniors herumzuärgern, der ebenfalls rapide auf das große Nichts zusteuert. Wenn Meggy irgendwo in der Nähe wohnen würde, hätte ich der ganzen Qual längst ein Ende machen können — ich sehe es richtig vor mir, sie in meiner Bude, hingemäht vom Feueratem meiner lyrischen Augen, gebannt dem müde stolzierenden Pantherschritt meiner Beine in den durchlöcherten Hosen folgend, mich im Geiste mit Stephan Spender vergleichend, und ich würde mich ihr zuwenden und in nicht ganz stilvollem Englisch sagen:
»Baby, in wenigen Minuten werd ich dir deine gottverdammten Fähnchen vom Leib reißen und dir einen dicken, runzligen Truthahnhals zeigen, der dir bis ans kühle Grab hinan gedenken wird. Ich hab einen großen, krummen Penis, geschweift wie eine Sichel, der schon gar manche Möse ausgeräumt und ihren heißen Saft auf meinen härenen, wanzenverschmierten Teppich hat speien lassen. Doch erst laß mich mal diesen Drink vollends killen.«
Und dann leerst du ein randvolles Glas Whisky, schleuderst das Glas an die Wand, murmelst: »Villon hat gegrillte Titten zum Frühstück gegessen«, steckst dir in Ruhe eine Zigarette an, und wenn du dich umdrehst, ist das Problem verschwunden — nämlich durch den Vordereingang. Wenn es nicht verschwindet, hat es verdient, was dann kommt. Und du selbst auch.
Aber Meggy lebte in einem Staat hoch im Norden, und des halb war diese Lösung für mich gestorben. Immerhin beantwortete ich ihre Briefe mehrere Jahre lang, in der Hoffnung, daß sie vielleicht doch einmal eines Tages nahe genug kam, um sie entweder zu ficken oder ein für allemal zu verscheuchen.
Schließlich baute aber meine scheinbar permanente Erektion doch ab. Es kamen weiter Briefe von ihr, aber ich beantwortete sie einfach nicht mehr. Ihre Briefe waren wie immer unendlich deprimierend und entnervend, aber die Tatsache, daß ich sie nicht mehr beantwortete, entschärfte langsam die Wirkung ihres Giftes. Was für ein genialer Plan, ein Plan, für den ein simpler Verstand wie meiner JAHRE gebraucht hatte: ein fach die Briefe nicht mehr beantworten, und du bist FREI . Schließlich trat eine Pause ein. Ich hatte das Gefühl, daß es ausgestanden war. Ich fing an, wieder freier zu armen. Ich fing an, wieder die kleinen Dinge meiner Umgebung zu sehen, die seltsamen und verrückten Dinge, die mir früher immer aufzufallen pflegten; romantische, explosive Dinge, die plötzlich eine magische Kraft zu offenbaren schienen, wo zuvor nur ein gähnendes Nichts gewesen war.
TÖTET ERFINDER
Montercy, 18. Nov. (UPI) Ein Mann aus Carmel Valley erlitt tödliche Verletzungen, als ein von ihm konstruiertes Gerät zur Entrunzelung von Pflaumen aus bisher ungeklärten Gründen explodierte.
Das war die ganze Meldung. Perfekt. Ich lebte wieder. Dann, eines Morgens, ging ich wieder mal an den Briefkasten, und zwischen den Gas- und Stromrechnungen, einer Mahnung vom Zahnarzt und einer Karte von einer meiner Ex-Frauen, an die ich mich kaum noch erinnerte, lag wieder ein Brief von IHR .
»Lieber Bongo:
Das ist jetzt endgültig mein LETZTER Brief. Gott möge Dich strafen. Meinetwegen fahr zur Hölle. Du bist nicht der EIN - ZIGE , der mich verlassen hat. Euch undankbare Halunken werd ich noch alle überleben. ICH WERD EUCH ALLE ÜBERLEBEN !
Meggy.« Well. Ein paar Tage später — wieder ein Stoß Briefe. Ich machte den ersten auf:
»Sehr geehrter Herr Bukowski,
Ihr Antrag auf ein Stipendium des National Endowment for the Arts ist vom National Council on the Arts geprüft worden. In Übereinstimmung mit dem Urteil eines unabhängigen Sachverständigenausschusses bedauern wir, Ihnen mitteilen zu müssen . . .«
Ich öffnete
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